Anstatt für bis zu 300 Schweizer Franken in Deutschland mehrwertsteuerfrei einkaufen zu können, sollen es, geht es nach dem Schweizer Nationalrat und Ständerat, künftig nur noch 50 Franken sein. Das solle das Einkaufen an den Grenzstädten für Schweizer unattraktiver machen, weil bei der Einfuhr Ware ab 50 Franken versteuert werden müsste.
Doch wie viel Steuern müssen gezahlt werden und was sagen die Deutschen Händler zu dem Vorhaben? Wir haben bei mehreren Gewerbevereinen am Hochrhein nachgefragt. Sie alle sind sich alle einig: Das Einkaufen auf dieser Seite des Rheins bleibt für Menschen ennet des Rheins attraktiv. Nicht nur wegen der trotz allem deutlich günstigeren Preise, sondern auch wegen der Attraktivität der Innenstädte am Hochrhein und des guten Service in den Geschäften.
Lauchringen mit 30 bis 60 Prozent Schweizer Kunden
Vor allem die Städte, die an oder in der Nähe von Grenzübergängen liegen, profitieren in der Regel von Schweizer Kunden, so wie Waldshut-Tiengen und Lauchringen. Stephanie Lovisi, Vorsitzende des Handels- und Gewerbekreis Lauchringen, sagt, dass die Höhe der Einkäufe bei der Betrachtung wichtig sei. Daher würde sich eine solche Maßnahme in jeder Branche unterschiedlich auswirken.
„Wir erwarten aber keine direkten Veränderungen. Es steht allerdings zu befürchten, dass die Bürokratie am Zoll zunehmen könnte. Die Kunden müssen dann, je nach Art der Prüfung, zwei Stellen anfahren, was dann den Stau unnötig verstärken könnte.“
Der Lauchringer Handels-und Gewerbekreis schätzt, dass derzeit rund 30 bis 60 Prozent der Kunden aus der Schweiz kommen. Allerdings gebe es von Branche zu Branche Unterschiede. „Ein Einkauf in Lauchringen lohnt sich aber immer und für jeden, denn wo sonst können Kunden gratis parken, werden gut beraten und können günstig kaufen?“ Zudem sei das Angebot in der Gemeinde mit 80 inhabergeführte Einzelhandelsgeschäften, Handwerkern, Gastronomie-Betrieben und anderen Dienstleistern hoch.
Kundenfrequenz zieht langsam wieder an
Seit die Geschäfte nach dem zweiten Lockdown wieder öffnen durften, sei das Niveau an Kunden und Umsatz noch nicht überall wieder auf dem Stand von davor. „Wir erhalten von vielen Betrieben aber das Feedback, dass das alte Niveau fast wieder erreicht ist. Manche sprechen auch davon, dass die Frequenz etwas geringer ist, dafür aber gezielt eingekauft wird“, informiert Lovisi.
Das funktioniere, weil Lauchringen ein Fahrstandort sei. „Die Kunden lieben es, mit dem Auto vor die Geschäfte zu fahren. Daher profitiert Lauchringen in einigen Branchen von dieser Situation.“ Die Vorsitzende weiter: „Die Zukunft stellt uns auch nach der Pandemie vor die Herausforderung, wie wir Einkaufsstandorte attraktiv halten und einen guten Gegenentwurf zum Onlinehandel bieten. Daher arbeiten wir aktuell sehr intensiv an neuen Konzepten, um ganzheitliche und nachhaltige Einkaufserlebnisse mit unserem Mitgliedsbetrieben umzusetzen. Wichtig wird es sein, auch langfristig insbesondere junge Kunden vom Einkauf im Ort zu überzeugen, damit Ausbildung- und Arbeitsplätze im Wohnort und Umland erhalten bleiben.“
Tiengen: Mit Aktionen Innenstadt beleben
Auch Nikola Kögel, Geschäftsführerin der Aktionsgemeinschaft Tiengen, kann noch nicht abschätzen, wie sich die Senkung der Steuerfreigrenze auf das Konsumverhalten der Schweizer Kunden in Deutschland auswirken wird. „Der Aufwand für den Kunden aus der Schweiz wird auf alle Fälle größer und das könnte den einen oder anderen bestimmt hemmen.“ Nikola Kögel weiter: „Das Preisniveau bei verschiedenen Artikeln ist aber deutlich niedriger als in der Schweiz und viele Kunden verbinden den Einkauf mit einem Ausflug für die ganze Familie. Essen gehen, Kaffee trinken inklusive. Das heißt, ein Einkauf in Tiengen lohnt sich immer.“

Allerdings seien in Tiengen momentan noch weniger Kunden unterwegs als vor der Krise. „Deshalb natürlich auch weniger Schweizer Kunden. Aber durch verschiedene Aktionen und Events – wie zum Beispiel „Tiengen leuchtet“ am 8. Oktober oder auch die Willkommens-Kampagne zusammen mit dem WuF – versuchen wir, den Menschen wieder mehr zu bieten und sie zurück in unsere schönen Innenstädte zu holen“, informiert die Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft.
Waldshut: Corona-Pandemie hinterlässt Spuren
Thomas Wartner, Vorsitzender des Waldshuter Werbe-und Förderungskreises (WuF) sagt zur möglichen Senkung der Mehrwertsteuer-Freigrenze: „Diese Maßnahme würde uns nicht erfreuen, aber sie bedroht uns auch nicht, denn Einkaufen in Deutschland lohnt sich nach wie vor. Wir haben trotz alledem noch günstigere Preise und Ermäßigungen gibt es weiterhin.“ Gerade in Waldshut sei das Niveau an Schweizer Einkaufstouristen wie vor der Krise noch nicht erreicht? „Die Corona-Pandemie hinterlässt nachhaltig ihre Spuren“, so Thomas Wartner. „Wir sind weiterhin gut und attraktiv aufgestellt, haben Luft nach oben und freuen uns über jeden Besucher unserer Innenstadt, um weiterhin der Treffpunkt für viele Freunde und Familien zu sein.“
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