Es ist wie so oft: Wenn was Neues kommt, muss es sich erst einspielen. Das gilt für den aktuellen Schienenersatzverkehr zwischen Waldshut und Erzingen besonders. Doch nach anfänglichen Schwierigkeiten, Fehlern und Missverständnissen um die Haltestelle in Tiengen scheint sich alles einzupendeln, oder?
Der SÜDKURIER hat‘s ausprobiert – wie der Schienenersatzverkehr zwischen Waldshut und Erzingen tatsächlich klappt.
Warum Schienenersatzverkehr?
Noch mal zu den Fakten: Bei Lauchringen wird gebaut. Über die Wutach wird eine neue Brücke eingezogen, ebenso über den Klingengraben, weiter östlich Richtung Erzingen. Deshalb ist die Bahnstrecke in diesem Abschnitt gesperrt. Die Züge werden durch Busse ersetzt, die zwischen Waldshut und Erzingen pendeln.
Die Regionalbahnen und Interregiozüge stoppen in Waldshut beziehungsweise in Erzingen. Wer von Basel kommt und weiterfahren will, muss in Waldshut in den Ersatzbus umsteigen. Wer aus Richtung Singen kommt, für den wird die Zugfahrt in Erzingen unterbrochen. Dort warten die Ersatzbusse.
Stündlich fahren ab Waldshut zur Minute 53, zweistündlich zur Minute 32, Busse nach Erzingen. Sie kommen zur Minute 34 beziehungsweise zur Minute zwei in Erzingen an. Ein Bus fährt über Lauchringen, der andere fährt ab Tiengen Stadtmitte über die neue B34 nach Erzingen durch.
Umgekehrt fahren in Erzingen die Busse stündlich zur Minute 20 (über Lauchringen), zweistündlich zur Minute 58 (nicht über Lauchringen) ab. In den frühen Morgenstunden und am Abend sowie an den Wochenenden gibt es leicht abweichende Zeiten.
Warum gab es am Anfang Frust?
In den ersten Tagen gab ziemlich viel Frust bei Fahrgästen, die in Tiengen am Bahnhof vergeblich auf den Ersatzbus warteten. Ein Fehler der Bahn, die im Fahrplan die Haltestelle Bahnhof statt Tiengen Stadtmitte angegeben hatte.

Wie lief denn nun der Test?
- 8.13 Uhr: Der IRE aus Singen/Friedrichshafen kommt pünktlich in Erzingen an. Er stoppt auf Gleis 2. Die Fahrgäste gehen durch die Unterführung rüber, wo am Gleis 1 bereits zwei Ersatzbusse bereitstehen. Abfahrt nach Waldshut pünktlich um 8.20 Uhr. Zwischenstopp in Lauchringen am Bahnhof (8.38 Uhr) und bei der katholischen Kirche (8.43 Uhr).
- 8.51 Uhr: Stopp in Tiengen an der Haltestelle Stadtmitte beim viel zitierten Klettgau-Carrée. Wir steigen aus, laufen zum Bahnhof, wo wir um 9 Uhr ankommen. Um zu sehen, ob hier immer noch irrtümlicherweise Fahrgäste auf den Ersatzbus warten. Alles ruhig. Keiner da. Auch der Bahnsteig ist verwaist. Die Anzeige flackert mit dem Hinweis auf die Streckensperrung, Bauarbeiten und den Schienenersatz.

Offensichtlich ist die Nachricht mit der Haltestelle Stadtmitte bei den Reisenden angekommen. Schon am Tag, als der Ärger bekannt geworden war, veröffentlichte die Bahn auf ihrer App den Hinweis. Mittlerweile ist auch der Fahrplan dahingehend geändert, sodass alle Missverständnisse beseitigt sein sollten.
- 9.15 Uhr: Wir marschieren zurück zur Haltestelle Stadtmitte, durch die Altstadt übers Klettgau-Carrée zur Bushaltestelle. Um 9.41 Uhr fahren wir mit dem Linienbus nach Waldshut. 9.51 Uhr wäre auch der Ersatzbus gekommen.
Das war dann auch eine gute Gelegenheit, die Pünktlichkeit des Linienbusses der SBG zu testen. Alles bestens. Auf die Minute, 9.41 Uhr, fährt er ab, pünktlich um 9.57 Uhr hält er am Busbahnhof in Waldshut.
Perfekt! Auf der Fahrt nach Waldshut lief‘s schon mal rund. Wären wir in die Tiengen nicht ausgestiegen, wären wir gegen 9 Uhr in Waldshut angekommen. Eine halbe Stunde später als beim regulären Zugverkehr. Das ist verkraftbar – für einen Bahnprofi eigentlich kein Problem.
Und wie funktionierte die Rückreise?
Und die Rückfahrt nach Singen? Da gibt‘s mehrere Reisemöglichkeiten ab Waldshut. Die schnellste: Mit dem Ersatzbus zur Minute 53 nach Erzingen, von dort weiter mit dem IRE (Abfahrt zur Minute 44). Die Fahrt dauert 1:21 Stunde, etwas mehr als 30 Minuten länger als sonst.
Die Fahrt mit dem Bus zur Minute 32 nach Erzingen, weiter mit dem Klettgauer nach Schaffhausen und mit dem Rhyhas nach Singen dauert 1:57 Stunden – mit einem Umstieg mehr.
Übrigens: Übermäßig viele Fernreisende waren an dem Tag und zur Zeit des Versuchs nicht unterwegs. Vielmehr Fahrgäste, die den Ersatzbus als zusätzliches Angebot, um nach Erzingen, umgekehrt nach Waldshut zu kommen, nutzten.
Bauarbeiten, Streckensperrung und SEV:
Eine Frage stellte sich noch: Warum der IRE aus Singen/Friedrichshafen auf Gleis 2 statt auf Gleis 1 stoppte. Zumal es am Bahnhof in Erzingen keine Barrierefreiheit gibt. Rollstuhlfahrer, Reisende mit Kinderwagen oder Fahrrad haben es schwer, von Gleis 2 auf 1 zu kommen. Hier gibt‘s nur Treppen zur Unterführung.
Klaus Pirnay aus Albbruck, der sich einen Tag vor unserem Test auf der Rückreise von einer Radtour auf dem Donau-Radweg (Passau-Wien) befunden hatte, schildert uns per E-Mail ein weiteres Problem: Am Aushang in Friedrichshafen seien Fahrgäste darüber informiert worden, dass der Zug in Schaffhausen ende statt in Erzingen. Was die Reisenden irritiert habe, zudem eine Falschinformation gewesen sei. Zudem habe es bei den Ersatzbussen ein Problem mit den Fahrrädern gegeben. Abgesehen von den üblichen Unannehmlichkeiten mit vollen Zügen, Drängeleien und so weiter.
Noch bis zum 25. beziehungsweise 26. August in der Früh müssen sich Reisende am Hochrhein gedulden. Dann sollte alles wieder normal laufen.