Bis 2030 sollen energieintensive Industriebetriebe am Hochrhein mit grünem Wasserstoff versorgt werden können. Unter den insgesamt 9040 Kilometer Leitungen, die die Bundesnetzagentur am Dienstag, 22. Oktober, als deutsches Wasserstoff-Kernnetz genehmigte, ist auch der Neubau einer 58 Kilometer langen Wasserstoffleitung von Grenzach-Wyhlen bis Waldshut-Tiengen. Diese soll zwei Anbindungen ans Schweizer Netz besitzen, allerdings nicht mit dem übrigen deutschen Wasserstoffkernnetz verbunden sein.
„Wichtiger Grundstein für den Wasserstoffhochlauf und die Energiewende in unserer Region“
Bauherrin des „H2@Hochrhein“ genannten Leitungsprojekts ist die regionale Energieversorgerin Badenova. Mit dem grenzüberschreitenden Leitungsprojekt „RHYn Interco“ im Raum Freiburg wurde noch ein zweites Vorhaben der Badenova ins Kernnetz aufgenommen. „Damit ist ein wichtiger Grundstein für den Wasserstoffhochlauf und damit die Energiewende in unserer Region gelegt“, zitiert die Badenova ihren Vorstand Hans-Martin Hellebrand in einer Pressemitteilung.

Laut den von der Bundesnetzagentur veröffentlichten Unterlagen soll die Wasserstoffleitung am Hochrhein, um die Dekarbonisierung der hier befindlichen Chemieindustrie zu ermöglichen. Statt wie bisher Gas, soll zukünftig grüner Wasserstoff bei der Produktion eingesetzt werden. Außerdem soll es die Importmöglichkeiten für Wasserstoff verbessern.
In Albbruck soll eine der größten Wasserstoffanlagen Deutschlands entstehen
Verbunden ist H2@Hochrhein auch mit der Errichtung einer Produktionsanlage für grünen Wasserstoff am Rheinkraftwerk Albbruck-Dogern durch Badenova und den Energieversorger RWE. Mit einer Leistung von 50 Megawatt würde sie zu den derzeit größten in Deutschland gehören und soll aus Wasserkraft gewonnenen Strom in jährlich bis zu 8000 Tonnen grünen Wasserstoff umwandeln, so Badenova und RWE 2023 bei der Vorstellung des Projekts. Die beiden Partner bezifferten damals das Investitionsvolumen auf über 100 Millionen Euro.
Der erste Teil der Wasserstoffleitung H2@Hochrhein befindet sich laut Badenova bereits in der Ausführungsplanung, für die folgenden Bauabschnitte starte aktuell die Vorplanung mit Trassenuntersuchung. Die gesamte 58 Kilometer lange Leitung von Grenzach-Wyhlen bis Waldshut-Tiengen solle bis 2030 in Betrieb gehen, eine frühere Fertigstellung einzelner Bauabschnitte sei möglich, teilt Badenova mit. Als erster Bauabschnitt solle das 8,5 Kilometer lange Teilstück zwischen Albbruck und Waldshut-Tiengen fertiggestellt sein, hatte das Unternehmen zu einem früheren Zeitpunkt kommuniziert.
Der Hochrhein als Verbindungsspange zum Schweizer Netz
Die Wasserstoffpipeline am Hochrhein soll auch eine Verbindungsspange sein zum Wasserstoffnetz der Schweiz. Mit den Industriellen Werken Basel (IWB) sei eine gemeinsame Machbarkeitsvorstudie erstellt worden, deren Ergebnis positiv für die weiteren Schritte Richtung Anbindung der Schweiz an H2@Hochrhein sei, so Badenova.

Wie die Schweiz befinden sich große Teile Baden-Württembergs nur an der Peripherie des europäischen wie des deutschen Wasserstoffkernnetzes. Kritik daran kommt aus dem Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag. „Es ist äußerst kritisch, dass Baden-Württemberg im Kernnetz stark benachteiligt wird, verglichen mit dem Norden“, erklärt Jan Stefan Roell, BWIHK-Vizepräsident und Sprecher der Task Force Wasserstoff.
Nun müssen Produktion und Nachfrage angekurbelt werden
„Mit einem Projekt wie H2@Hochrhein legt Badenova den Grundstein für ein schnell funktionierendes Wasserstoffnetz, das perspektivisch den Anschluss an den European Hydrogen Backbone bietet,“ sagt Julie Weiss, Technische Geschäftsführerin der Badenovanetze. Nun gelte es, attraktive Rahmenbedingungen für die lokale Produktions- und Nachfrageseite zu schaffen. In dieselbe Richtung argumentiert die CDU-Landtagsabgeordnete Sabine Hartmann-Müller.
Durch die Aufnahme des Hochrhein-Abschnitts in das Kernnetz sei der Wasserstoffhochlauf am Hochrhein noch nicht garantiert, schreibt die CDU-Landtagsabgeordnete in einer Stellungnahme. Sie fordert Fördermittel für jene Unternehmen, die als erstes in die neue Technologie investieren. Die Unternehmen müssten nicht nur bei den Investitions-, sondern auch bei den Betriebskosten unterstützt werden – die durch die hohe Grünstromkosten verursacht würden.