Mit einem Hubwagen setzt Julian Schilling an, um eine Palette aus dem Lagerregel zu manövrieren. Er stellt sie in der Mitte der großen Werkhalle in Ühlingen ab. Auf der Palette befindet sich ein unscheinbarer grauer Kasten. „Unsere Brennstoffzelle“, erklärt der Werkstattleiter der Firma Industrie Gase Technik (IGT).
Eine Wasserstoffflasche wird an den Automaten angeschlossen, dann startet schon der Prozess, der aus dem elektrisch geladenen Gas Strom gewinnt. Dieser kann aus einer Steckdose oder einem USB-Anschluss abgerufen werden. „Jetzt könnte man hier alles anschließen. Bei Messen haben wir damit schon Fernseher oder eine Playstation betrieben“, erzählt er. Damit will die IGT zeigen: Wasserstoff, das ist kein Hexenwerk.
„Wir sind überzeugt von Wasserstoff“, sagt Julians Vater Marcus Schilling. Er hat das Gastechnikunternehmen IGT 2011 gegründet und sich seit 2017 auf die Wartung von Wasserstoff-Tankstellen spezialisiert. Damals wurde gerade die deutsche Wasserstoff-Initiative „H2 Mobility“ gegründet – Shareholder sind Tankstellen-Konzerne wie Shell und OMV, aber auch Autohersteller wie Daimler und Hyundai.
Die Initiative hat das Ziel, die Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland voranzutreiben. Schnell wurde „H2-Mobility“ zum größten Betreiber Wasserstoff-Tankstellen weltweit – und die IGT aus Ühlingen erhält das lukrative Angebot, die Wasserstofftankstellen in Süddeutschland zu betreuen. Damit ist das Unternehmen für die Wartung, Störungsbeseitigung und den TÜV der Anlagen verantwortlich.
Mittlerweile ist die IGT auch in Österreich und der Schweiz tätig. Da es in Deutschland wenig auf dieses Segment spezialisierte Firmen gibt, sind die Schillings in der ganzen Republik zum Einsatz. Jüngst erst haben sie in der Hamburger Hafen-City die TÜV-Prüfung einer Wasserstoff-Tankstelle vorgenommen. 35 Tankstellen europaweit werden mittlerweile von der IGT gewartet.
Großes Interesse an Wasserstoff
Doch die Schillings wollen es nicht nur bei der Wartung von Tankstellen belassen: Vor der Halle in Ühlingen steht ein großer, grauer Container mit einem Bedienungs-Modul und einem Schlauch. Als vor kurzem die Südbadenbus GmbH (SBG) einen Wasserstoffbus im Testbetrieb einsetzte, wurde der Bus hier in Ühlingen an einer eigenen Tankstelle betankt.
Im Anschluss an die Informationsveranstaltung der SBG hätten sich viele Firmen aus der Region bei der IGT gemeldet, die Interesse an Wasserstoff als Treibstoff zeigten. „Autohäuser und Tankstellen-Betreiber sind durch das Projekt der SBG hellhörig geworden. Wir wollen die Anfragen bündeln und uns mal gemeinsam an einen Tisch setzen“, sagt Marcus Schilling.
Wissenswertes über Wasserstoff
Das Interesse am Thema Wasserstoff sei sehr groß, berichtet er, „die Nachfrage ist derzeit noch größer als das Angebot“. Im aargauerischen Lenzburg und beim Wasserkraftwerk in Grenzach-Wyhlen wird zwar Wasserstoff hergestellt – doch eigentlich ist das Produktionspotenzial in der Region aufgrund der vielen Rheinkraftwerke bedeutend größer.
Wasserstofftankstellen hingegen fehlen bisher in der Region gänzlich. Die nächstgelegenen befinden sich in Geisingen bei Donaueschingen sowie in der Schweiz in Rümlang bei Kloten und in Hunzenschwil bei Aarau. „Nur weil es heißt, wir sind hier in der Pampa, ist das kein Grund, Wasserstoff nicht auch hier vorwärts zu bringen“, findet Marcus Schilling.

Schließlich will er das ändern: „Der Testbetrieb von Wasserstoff-Antrieben und -Tankstellen reizt viele Unternehmen. Schließlich wollen sie Erfahrungen sammeln, bevor sie Millionen investieren.“ Auf dem Markt fehlen allerdings kleine, mobile Anlagen für den Testbetrieb – so wie sie nun die IGT für die SBG zur Verfügung gestellt hat. Die Vermietung von Test-Tankstellen stellt sich als weiteres attraktives Standbein für die IGT dar. Auch als Komponenten-Hersteller für Wasserstoff-Tankstellen könnte das Unternehmen noch weiter wachsen.
Als Marcus Schilling die IGT vor zehn Jahren gründete, war Wasserstoff in dem kleinen Unternehmen – damals noch in Waldshut beim Chilbi-Platz angesiedelt – noch kein Thema. Er spezialisierte sich auf die Versorgung mit technischen Gasen. Erst 2017, mit der Gründung von „H2-Mobility“, erschließt IGT den Bereich Wasserstoff-Tankstellen. 2018 wurde die neue Halle eröffnet, diesmal in der Wohngemeinde der Schillings. Mittlerweile macht das Segment Wasserstoff 60 Prozent des Umsatzes der IGT aus.
Erst vor kurzem kaufte die Firma eine Baufläche gegenüber, die Grundsteinlegung für eine neue Halle hat bereits stattgefunden. Auf acht Mitarbeiter und zwei Bürokräfte ist das Unternehmen mittlerweile angewachsen, händeringend wird nach mehr Leuten gesucht. „Wir wollen Gas geben und weiter wachsen“, sagt Marcus Schilling.