Licht und Schatten liegen bei der statistischen Aufarbeitung des Krankenstandes in der Region einmal mehr eng beieinander. So lautete die Botschaft der Vertreter der AOK Hochrhein-Bodensee bei der Vorstellung ihres Gesundheitsreports.

So kann sich der Landkreis Waldshut einerseits rühmen, mit 5,1 Prozent einen der niedrigsten Krankenstände in ganz Deutschland zu haben. Zugleich sei das Krankenstand-Niveau allerdings nach wie vor gut ein Viertel höher als vor Corona. Und: Psychische Erkrankungen machen sich in der Statistik immer deutlicher bemerkbar.

Krankenstand generell konstant unter Landesschnitt

„Da der Wert schon lange außerordentlich stabil ist, lässt sich durchaus von einem gesunden Landkreis sprechen“, lautet das Fazit von Karsten Schrankel, Geschäftsbereichsleiter Prävention der AOK. 18,7 Tage war der durchschnittliche AOK-versicherte Beschäftigte im Kreis Waldshut vergangenes Jahr krankgeschrieben. Das ist ein leichter Rückgang zum bereits herausragenden Jahr 2023 und weiterhin im Bundesvergleich topp.

In Sachen Krankenstand ist der Landkreis Waldshut ganz vorne – in der Region und in Baden-Württemberg.
In Sachen Krankenstand ist der Landkreis Waldshut ganz vorne – in der Region und in Baden-Württemberg. | Bild: Schönlein, Ute

Der daraus errechnete Krankenstand von 5,1 Prozent ist sowohl im Vergleich zum Bundesschnitt (6,5 Prozent) als auch zum Landesmittel (6,0) spitze. Und auch im direkten Vergleich zu den Nachbarlandkreisen Lörrach und Konstanz, wo der Krankenstand jeweils 5,6 Prozent liegt, steht der Kreis Waldshut besser da, wie Schrankel darstellte.

Krankenstand-Niveau nach Corona deutlich höher

Und dennoch: „Das ist nicht ganz die Entwicklung, die wir uns gewünscht haben“, schiebt Schrankel hinterher. Denn auch drei Jahre nach Ende der Corona-Maßnahmen verharre der Wert immer noch auf einem deutlich höheren Niveau als vor und während der Pandemie. Noch 2021 lag der Krankenstand im Kreis bei 4,1 Prozent. 2022 folgte ein Anstieg auf 5,3 Prozent.

„Die Annahme, dass der Anstieg eine zeitlich begrenzte Folge des Endes der Beschränkungen war, hat sich nicht bewahrheitet. Inzwischen geht der Trend zwar wieder zurück, aber nicht so stark, wie erwartet“, schildert Martin Hummel, Geschäftsführer der AOK-Bezirksdirektion Hochrhein-Bodensee.

Gründe dafür gebe es eine ganze Menge. Arbeitnehmer ließen sich schneller krankschreiben als früher krankschreiben als früher, wobei Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren sich wesentlich häufiger krankmeldeten, als die Altersgruppe zwischen 25 und 54. Deutlich erkennbar ist allerdings auch, dass es keine markanten saisonalen Schwerpunkte mehr gibt, sondern Krankenstände sich das ganze Jahr über auf einem relativ konstanten Niveau bewegen, wie Schrankel darstellte.

Atemwegserkrankungen für meiste Krankschreibungen verantwortlich

Häufigster Grund für die Krankmeldung war laut Erkenntnissen der AOK eine Atemwegserkrankung. Mehr als jeder vierte Fall (fast 28 Prozent) fällt in diese Kategorie. Diese machen aber aufgrund der in der Regel kurzen Krankheitsdauer nur knapp 14 Prozent der Krankentage aus, schildert Karsten Schrankel.

Wesentlich problematischer in dieser Hinsicht seien laut Schrankel die Krankheiten, die eine lange Arbeitsunfähigkeit des Betroffenen nach sich ziehen. In dieser Hinsicht fallen orthopädische und psychische Krankheiten für die Krankenkasse besonders ins Gewicht. Muskel- und Skelett-Erkrankungen machten demnach vergangenes Jahr 13,8 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitsfälle aus. Jedoch sind darauf über ein Fünftel der Krankentage zurückzuführen.

Psychische Erkrankungen auf dem Vormarsch

Der steigende Druck der Arbeitswelt, Überforderung und Stress schlagen sich aber auch zunehmend in psychischen Erkrankungen nieder – erst recht, wenn es an Ausgleich fehle oder auch im Privaten keine Erholung zu finden sei. 4,5 Prozent aller Fälle waren auf derartige Krankheitsbilder zurückzuführen, der Anteil bei den Ausfalltagen lag bei 12,6 Prozent. „Damit sind Erkrankungen der Psyche heute dritthäufigste Ursache für Krankheitstage und verantwortlich für die Hälfte aller Frühberentungen“, verdeutlicht Schrankel.

Das habe nach Einschätzung von AOK-Bezirkschef Hummel auch damit zu tun, dass die Diagnosen von Hausärzten in dieser Hinsicht „wesentlich punktgenauer“ seien, als noch vor einigen Jahren. Denn psychische Probleme kämen in vielerlei Gestalt daher – von Erschöpfungssymptomen bis zu körperlichen Beschwerden. Früher sei dies häufiger anderen Krankheiten zugeschrieben worden als heute, so Hummel weiter.

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Prävention kommt immer größere Bedeutung zu

„Betroffene erkennen die Hintergründe häufig sehr viel später als ihr Umfeld. Aber mit Präventionsmaßnahmen und Training lässt sich sehr viel vermeiden“, so Schrankel. Das sei nicht zuletzt in einer Region von großer Bedeutung, in der es an Therapiemöglichkeiten mangelt – wobei die Versorgungslage in diesem Sektor landesweit problematisch sei, wie Martin Hummel ausführt.

Die Entwicklung zeige aber, dass es zunehmend auch für Unternehmen wichtig werde, darauf zu reagieren. Dies gelte gerade auch für Führungskräfte, die es im Umgang mit psychisch belasteten Mitarbeitern zu schulen gelte. Diese Aufgabe ernst zu nehmen, und entsprechende Weichen zu stellen, könne laut Hummel für die Unternehmensentwicklung von Vorteil sein.

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Aber auch in diesem Bereich können die AOK mit positiven Nachrichten aufwarten: Rechnerisch kommen im Landkreis Waldshut auf 100 Versicherungsjahre 310 Tage psychischer Krankheit – also annähernd ein Prozent. Damit liegt die Region aber weiterhin deutlich unter dem Bundesschnitt von 394 Tagen.