Die Corona-Pandemie stellt das Personal in Krankenhäusern täglich vor enorme Herausforderungen – nicht nur durch einen höheren Arbeitsaufwand und die Gefahr einer möglichen Covid-19-Infektion, sondern auch durch verbale Aggressionen, Bedrohungen und Handgreiflichkeiten.

Wie ist die Lage am Klinikum Hochrhein?

Auch am Klinikum Hochrhein ist der Ton seitens Besucher und Patienten seit Beginn der Corona-Pandemie rauer geworden und, obwohl es einen Sicherheitsdienst am Eingang gibt, muss regelmäßig die Polizei hinzugezogen werden.

Hans-Jürgen Ott, Chefarzt der Anästhesiologie, Intensivmedizin und Notfallmedizin am Klinikum Hochrhein: „Wir haben hier schon Vieles erlebt. Angefangen von Besuchern, die sich nicht an die Regeln halten wollen, keine FFP-2-Masken tragen und generell die Tests und Impfungen infrage stellen bis hin zu den Besuchern, die sich mit Gewalt Zutritt ins Klinikum verschaffen wollen und nur noch die Polizei helfen kann.“

„Das ist leider kein Einzelfall“, weiß Beate Gerlach, Abteilungsleiterin Patientenmanagement am Klinikum Hochrhein in Waldshut. „Wir haben hier täglich mit Diskussionen, Beleidigungen, Bedrohungen und Handgreiflichkeiten zu tun. Gerade im Empfangsbereich bekommen wir viel mit.“

Doch wie wird regiert? „Wenn Mitarbeiter nicht weiterkommen und bei Besuchern oder Patienten an ihre Grenzen stoßen, werde ich hinzugezogen. Das können ganz unterschiedliche Gründe sein: Jüngst kam jemand ins Haus, der sämtliche Angaben verweigert hatte und sich extrem aggressiv verhalten hat. Wir versuchen dann, die Situation zu entschärfen, aber leider herrscht nicht immer Verständnis, und wir müssen eben regelmäßig die Polizei rufen, gerade auch, wenn die Situation bedrohlich wird“, so Gerlach.

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Mit Beginn der Pandemie hat aggressives Verhalten zugenommen

Seit Beginn der Pandemie seien Patienten und Besucher aggressiver geworden, hat Beate Gerlach beobachtet. „Wobei das erste Jahr besonders schlimm war.“ Sie selbst wurde ebenfalls schon bedroht: „Ich stech‘ dich ab“ oder „Ich warte auch dich“ gehörten zu schlimmsten Bedrohungen gegen sie. Angst habe sie aber keine. „Ich versuche immer ruhig zu den bleiben, lasse mich nicht einschüchtern, auch, wenn mein Gegenüber zwei Meter groß ist.“

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Und bisher habe auch noch kein Mitarbeiter aus Angst oder Sorge den Beruf gekündigt. „Wir haben ein so tolles Team und ich bewundere die Mitarbeiter, wie sie mit solchen heiklen Situationen umgehen. Es ist nicht immer einfach, wenn Besucher oder Patienten unser Personal beschimpft, es sogar fotografiert, bedroht und mit rechtlichen Schritten gedroht wird.“

Anders als in vielen Krankenhäusern dürfen Besucher noch ins Klinikum Hochrhrein

Das aggressive Verhalten und das fehlende Verständnis ziehe sich durch alle Altersgruppen, Schichten und Nationen, weiß Gerlach. „Vor allem die Corona-Bedingungen und Regeln geben immer wieder Grund für Ausraster, wenn zum Beispiel die Impfnachweise und Test beim Betreten des Klinikums überprüft werden. Auch Geboosterten fehle es immer wieder an Einsicht, dass sie trotzdem einen negativen Test vorweisen müssen. Zum Glück gibt es aber auch viele Besucher und Patienten, die sich an alle Regeln halten. Und es darf auch nicht außer acht gelassen werden, dass wir derzeit im Klinikum Hochrhein überhaupt noch Besuche gestatten, denn das ist nicht in jedem Krankenhaus der Fall“, erklärt Gerlach. Deshalb sei es schwer verständlich, weshalb Besucher so reagieren.

Chefarzt Ott: „Manchmal findet auch Umdenken statt“

Und dann gibt es auch am Klinikum Hochrhein die Fälle, bei denen ein Umdenken stattfindet. Hans-Jürgen Ott erzählt von einem Patienten, dessen Lungenfunktion und Sauerstoffgehalt so schlecht waren, dass er intubiert werden musste, um überhaupt eine Überlebenschance zu haben.

„Ursprünglich wollte der Patient nicht beatmet werden und auch die Angehörigen waren dagegen. Im Laufe der Krankheit verschlechterte sich sein Zustand aber zunehmend, was ihn dazu bewog, seine Einstellung zu ändern. Aber die Angehörigen waren immer noch dagegen. Sie haben gesagt, wir bringen ihn um, wenn er beatmet wird. Das ist etwa so, wie wenn man der Feuerwehr verbieten will, ein brennendes Haus zu löschen. Das medizinisch Notwendige und der Wille des Patienten sind natürlich die Kriterien, an denen wir uns orientieren.“

Ott: „Wir kämpfen in der täglich ums Überleben der Covid-Patienten und dann kommen die Corona-Leugner...“

Generell seien es Impfgegner und Querdenker, die dem Personal zusetzen. „Da geht man abends zum Auto über den Viehmarktplatz in Waldshut und sieht die Querdenker und Corona-Leugner demonstrieren, nachdem man jeden Tag um das Überleben der Corona-Patienten kämpft. Das ist frustrierend. In der Klinik fangen wir aber keine Diskussionen mit diesen Menschen darüber an. Wir behandeln alle Patienten gleich, die zu uns kommen, unabhängig von ihrer Überzeugung. Das ist unsere ärztliche Aufgabe.“

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