Frau Bing, was begeistert Sie an der Arbeit für die Kirche?
Ich liebe die Vielseitigkeit und die Lebendigkeit meines Berufs. Kein Tag ist wie der andere. Es gibt viel zu planen und durchzuführen in verschiedenen Teams oder auch mal allein und doch ist das jeweilige Ergebnis nie klar voraussehbar. So entsteht eine interessante Dynamik aus meinem Tun und Denken und dem der anderen. Ein zweiter Aspekt: In meiner Arbeit in der Kirche begegne ich vielen Menschen mit unterschiedlichsten Glaubens- und Lebenskonzepten. Diese Vielfalt gefällt mir und macht die Arbeit spannend.
Frauen übernehmen in der katholischen Kirche immer mehr Aufgaben. Wie sehen Sie die Rolle von Frauen in dieser Institution?
Kurz gesagt: im Wandel. In meinem persönlichen Umfeld sehe ich viele Frauen mit einem tollen Potenzial, mit viel Kraft und Engagement. Wenn ich in die Vergangenheit schaue, dann hat sich schon viel getan. Ich denke, die Rolle der Frau wird sich auch noch weiterentwickeln.
Was sind Ihre Hauptaufgaben als Koordinatorin Kirchenentwicklung 2030?
Die Kirchenentwicklung ist ein großes Projekt mit vielen verschiedenen Ebenen. Ich bin mit anderen Haupt- und Ehrenamtlichen dafür zuständig, dass hier aus bisher acht Seelsorgeeinheiten eine Kirchengemeinde wird. Dafür bin ich im ganzen Gebiet der neuen Kirchengemeinde unterwegs und treffe mich mit verschiedenen Gremien und Gruppen. In diesen Sitzungen planen wir den Übergang, reflektieren, was uns wichtig ist, aber auch was sich verändern wird und muss.
Welche Herausforderungen gab und gibt es bei der Gründung und Organisation der Großpfarrei „An der Wutach“?
Ich glaube, das kann man sich sicher gut vorstellen: Jeder und jede Einzelne von uns hat Anliegen, die ihm oder ihr wichtig sind. Nun müssen wir uns einigen, was wir mit den Menschen, die hier aktiv sind, leisten können und wie wir unsere Ressourcen einsetzen. Solch ein Prozess ist nicht nur ein strategischer, sondern auch ein emotionaler. Es geht ja um Erfahrungen und Werte, die mit meinem persönlichen Glauben zu tun haben.
Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit anderen Pfarreien und kirchlichen Einrichtungen in der Region?
Sie sind sehr wichtig. Ich denke, in guten Netzwerken besteht eine große Chance für unsere Zukunft. Aber für uns wird nicht nur die Zusammenarbeit mit anderen Kirchen, Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen wichtig sein und bleiben, sondern auch die mit Kommunen, Vereinen oder Initiativen.
Welche Stolpersteine gibt es auf dem Weg zur Großpfarrei?
Die neue Pfarrei ist mit etwa 40.000 Mitgliedern viel größer als unsere bisherigen Pfarreien und die Handlungsfelder sind vielschichtig. Echt nicht immer leicht, alle Beteiligten im Blick zu haben und gute Kommunikationswege zu bauen. Auch die Zeitfenster, die die Menschen in Haupt- und Ehrenamt zur Verfügung haben, sind begrenzt. Es ist ein Prozess, der uns alle herausfordert und uns auch manchmal unsere Grenzen zeigt.
Welche langfristigen Ziele haben Sie für die Großpfarrei?
Diese Frage ist für mich derzeit noch zu früh. Momentan geht es erst mal um die Ziele für den Übergang und den Start der neuen Pfarrei. Ich wünsche mir, dass wir Wege finden, dass hier bei uns unser Glaube vielseitig und kreativ umgesetzt wird, dass wertvolles Altes und Neues Raum finden. Die langfristigen Ziele haben und brauchen noch Zeit. Zuerst müssen wir uns ja einmal kennenlernen und Erfahrungen machen in diesem neuen Miteinander. Wenn diese Basis geschaffen ist, dann werden wir ganz sicher gemeinsam nach vorn schauen.
Wie möchten Sie sicherstellen, dass die Bedürfnisse aller Gemeindemitglieder berücksichtigt werden?
In dieser Frage habe ich einen anderen Ansatz. Kein Mensch kann sicherstellen, dass die Bedürfnisse aller anderen berücksichtigt werden. Mir persönlich gefällt der Begriff der ermöglichenden Leitung. So können Räume entstehen, in denen Menschen das gestalten, was für sie wichtig ist. Für diesen Weg erscheint es mir wichtig, dass sich jeder und jede erst mal über seine und ihre Bedürfnisse klar wird, aber auch über seine Ressourcen, die er oder sie einbringen will.
Wo sehen sie Chancen, dass Menschen sich wieder mehr der Kirche zuwenden?
Ich erlebe, dass sich Menschen dort wieder mehr der Kirche zuwenden, wo Wertschätzung, Freude und die Möglichkeit, man selbst zu sein, in der Luft liegen. Ich denke, wir sollten noch mehr darüber ins Gespräch kommen, was unserem Glauben und Leben Tiefe und Kraft verleiht. Warum nicht auch mal Neues ausprobieren und dann schauen, was uns und anderen gutgetan hat.