Neues Kapitel im „Ühlinger Ärztestreit“: Dieses Mal sahen sie sich die beiden Protagonisten, die Ärzte Mohamed Jafar und Ralf Berg, vor dem Amtsgericht Waldshut-Tiengen wieder – Jafar als Angeklagter, Berg als Zeuge. Denn es geht um einen strafrechtlichen Fall.

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegen Jafar lautet auf gefährliche Körperverletzung. Er soll einen eigentlich unbeteiligten Mann attackiert haben. Der Vorfall soll sich im Zusammenhang mit der über Jahre andauernden Auseinandersetzung zwischen Jafar und Berg um die gescheiterte Nachfolgeregelung der im alten Rathaus von Ühlingen untergebrachten Arztpraxis ereignet haben.

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Streit zwischen Ärzten eskaliert

Das jetzt vor Gericht behandelte Geschehen soll sich am 30. März 2023 gegen Mittag in der Ortsmitte von Ühlingen-Birkendorf abgespielt haben, an der Hauptstraße 25.

Ein in der Verhandlung gezeigtes Video, mutmaßlich von Jafar selbst aufgenommen, zeigt, wie er und Berg vor dessen Praxisräumen in der Hauptstraße diskutieren. Die Unterhaltung der beiden dreht sich darum, wer wo praktiziert.

Berg weist den Filmenden darauf hin, dass es sich um „Privatgelände“ handele, fordert ihn auf, das Filmen einzustellen. Daraufhin entgegnet Jafar, dass Berg doch die Polizei rufen solle.

Plötzlich kommt eine dritte Person ins Bild. Und dann eskaliert es: Anscheinend versetzt Jafar dem Mann einen Schlag, sodass dieser zu Boden geht. Das auf Aufnahme geschaltete Handy liegt daraufhin nur noch am Boden. So gibt es vom eigentlichen Tatgeschehen lediglich Tonaufnahmen. „Hör auf“, „Hör auf“ ist zu hören, außerdem „Au-Rufe“, Kraftausdrücke und das Hupen eines vorbeifahrenden Autos.

Mutmaßliches Opfer mit posttraumatischer Belastungsstörung

Laut Anklage soll Jafar auf den Mann eingeschlagen haben, dass dieser mit dem Kopf auf den Asphalt aufschlug. Er soll mit Faustschlägen und Fußtritten gegen den Mann tätlich geworden sein.

Dieser soll davon eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten haben und sei auch körperlich durch den Vorfall eingeschränkt. Wie sich herausstellte, war der Attackierte in den Praxisräumen Bergs mit Renovierungsarbeiten beschäftigt.

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„Ich leide unter Angst und Schlafstörungen“

„Was da passiert ist, belastet mich bis heute. Ich leide unter Angst und Schlafstörungen“, sagte der Mann vor dem Amtsgericht aus, der als Zeuge und als Nebenkläger auftrat. „Ich wollte nur mein Werkzeug bei Doktor Berg abholen, ich hatte mit dem Streit zwischen den beiden doch gar nichts zu tun und wusste auch nicht, worum es da geht“, so seine Aussage. Und weiter: „Ich war froh, dass ich das überlebt habe, es war schon sehr brutal.“

Im Waldshuter Krankenhaus, sagte er aus, sei er untersucht worden, auch im MRT. Im Nachhinein musste der Mann auch operiert werden, möglicherweise aufgrund der im März 2023 erlittenen Verletzungen. Jafar seinerseits auch geschlagen zu haben, stritt der Rentner ab. „Ich habe ihm nur das Handy aus der Hand geschlagen“, gab er zu.

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Autofahrerin beobachtet Geschehen

Das auf der Tonspur des Handys aufgezeichnete Hupen eines Autos stammte von einer Frau, die zum Zeitpunkt des Geschehens daran vorbeifuhr, anhielt und alles beobachtete. „Ich dachte zuerst, es handelt sich um streitende Jugendliche“, sagte sie vor Gericht.

Dann aber nahm sie wahr, dass es Erwachsene sind. „Solche Szenen sieht man ja bei uns in Ühlingen-Birkendorf zum Glück nicht allzu oft“, sagte sie weiter. Sie habe gleich gewusst, um wen es ich bei den Streitenden handelt, sie seien ja durch Zeitungsberichte bekannt geworden.

Das Opfer habe am Kopf geblutet, so ihre Beobachtung. Dabei soll Jafar nach dem ersten Angriff zunächst innegehalten haben, sei dann auf das Opfer aber ein zweites Mal losgegangen. Sie selbst sei aus Angst vor dem Geschehen im Auto sitzengeblieben und habe dieses erst nach Eintreffen des Notarztes verlassen.

Nicht das erste Mal „ausgerastet“

Berg, der auch Zeuge war, sagte: „Jafar wollte mich mit seiner Aktion provozieren, aber ich lasse mich von so jemanden nicht dazu hinreißen.“ Berg bestätigte die Sicht der beiden zuvor gehörten Zeugen. „Der Angeklagte hat das Opfer mehrfach und mit voller Wucht in den Bauch getreten“, schilderte er seine Wahrnehmung. Es sei ja auch nicht das erste Mal, dass Jafar „ausgerastet ist“.

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Jafar selbst machte in der Verhandlung keine Aussage. Seine Verteidigerin indes stellte die Aussagen des Opfers in Zweifel. Sie konfrontierte den Mann damit, dass laut Arztbericht dessen Verletzungen gar nicht so gravierend gewesen sein können. Danach seien bei dem Mann weder Bauch- noch Beinschmerzen festgestellt worden. „Warum das da so steht, kann ich mir nicht erklären“, entgegnete das Opfer.

Fortsetzung Anfang Dezember

Um die nach ihrer Ansicht vielen offenen Fragen zu beantworten beantragte die Verteidigerin, zunächst weitere Zeugen zu hören. So soll jetzt eine Polizistin und die am 30. März 2023 mit der Untersuchung des Opfers im Klinikum Hochrhein in Waldshut betraute Assistenzärztin befragt werden. Diese, womöglich schon nicht mehr dort tätig, muss aber erst ausfindig gemacht werden. So ist die Fortsetzung des Verfahrens auf den 3. Dezember anberaumt worden.