Der Mediziner Mohamed Jafar muss seine Praxis in Ühlingen räumen. Außerdem muss er Mietrückstände in Höhe von etwa 11.100 Euro an die Gemeinde Ühlingen-Birkendorf bezahlen. So lautet das Urteil des Landgerichts in der Räumungsklage, die die Gemeinde gegen den Mediziner erhoben hatte. Jafar wiederum hatte gegen die Gemeinde und Bürgermeister Tobias Gantert persönlich auf Zahlung von insgesamt knapp 75.0000 Euro geklagt. Diese Widerklage wies Richterin Häusermann in ihrem Urteil allerdings als unbegründet ab.

Gemeinde hatte Jafar Praxismiete überhaupt erst ermöglicht

Zur Erinnerung: Nach langwierigem Ringen der beiden Mediziner Jafar und Ralf Berg um die Nachfolgeregelung der im alten Rathaus von Ühlingen untergebrachten Arztpraxis – landläufig auch als „Ühlinger Ärztestreit“ bekannt-, hatte Berg seine Praxisräumlichkeiten verlassen und war mit seinen Geräten und Einrichtungsgegenständen in einen Pavillon umgesiedelt, der direkt an das Gebäude angebaut ist.

Da die Hausbesitzer gemäß Darstellung vor Gericht nicht bereit waren, einen Mietvertrag mit Jafar abzuschließen, sprang die Gemeinde als Mieter ein und vermietete die Praxis an Mohamed Jafar. Der eröffnete dort auch seinen Betrieb. Nach einigen Monaten schloss er die Praxis aber wieder. Seither ist sie verwaist.

Als Grund für diese Entscheidung nannte Jafar während der Verhandlung, dass sein Mitbewerber Berg in unmittelbarer Nachbarschaft seinerseits wieder eine Praxis eröffnet hatte – illegalerweise, so Jafars Einschätzung. Denn der pavillonartige Anbau an das alte Rathaus sei nur als Lager für das Praxisinventar gedacht gewesen. Auch habe die Gemeinde nichts unternommen, die unliebsame Konkurrenzsituation zu beenden.

Aus Konkurrenz erwächst kein Schadensersatzanspruch

Diese Konstellation habe es ihm unmöglich gemacht, seine eigene Praxis am Laufen zu halten, so Jafar vor Gericht: „Ich kann nicht arbeiten, deshalb kann ich kein Geld verdienen und deshalb kann ich keine Miete bezahlen.“

Diese Argumentationskette des Beklagten mündete schließlich in einer sogenannten Widerklage, die sich gegen die Gemeinde Ühlingen-Birkendorf und Bürgermeister Gantert persönlich richtete. Darin forderte Jafar zum einen die Zahlung von 27.000 Euro, wobei er sich auf nicht eingehaltene Zusagen berief. Auf weitere 48.500 Euro belief sich eine Schadensersatzforderung Jafars gegen die Gemeinde Ühlingen-Birkendorf wegen entgangener Gewinne aufgrund der Einstellung des Praxisbetriebs.

Gericht: „Schadensersatzansprüche unbegründet“

Diese Argumentation und die Schadensersatzansprüche, die Jafar daraus ableitete, verfingen bei der zuständigen Richterin nicht. Zumal: „Ein Nachweis für die Plausibilität der geforderten Summe konnte nicht erbracht werden“, wie Johannes Daun, Pressesprecher des Landgerichts Waldshut-Tiengen, auf Nachfrage unserer Zeitung erklärte.

Mit Blick auf die 27.000 Euro sei die Höhe des Betrags unschlüssig, denn ein Schaden habe nicht belegt werden können. Schon gar nicht sei in der ganzen Angelegenheit Bürgermeister Gantert persönlich haftbar zu machen.

Was entgangene Gewinne betrifft, hätten die Zweifel des Gerichts ebenfalls nicht ausgeräumt werden können: „Zum einen hatte die Praxis zeitweise keine kassenärztliche Zulassung, was den Betrieb erschwert hat“, so Daun.

Des Weiteren habe Jafar nach Einschätzung des Gerichts den Hauptsitz seiner Praxis nach Waldshut verlegt, wo er vor gut einem Jahr eine Praxis übernommen hat. Er habe also in all der Zeit sehr wohl gearbeitet und Einnahmen erwirtschaftet.

Ebenso seien Rechnungen über angeblich entstandene Schäden in der Praxis nicht nachvollziehbar. Die Wiederklage des Mediziners wurde daher vollumfänglich als unbegründet abgewiesen.

Gemeinde erhält vollumfänglich Recht

„Die Kündigung wegen Zahlungsverzug ist rechtens, ein Mietminderungsrecht hat es nicht gegeben. Auch ist keine Verletzung des ...
„Die Kündigung wegen Zahlungsverzug ist rechtens, ein Mietminderungsrecht hat es nicht gegeben. Auch ist keine Verletzung des Konkurrenzschutzgesetzes feststellbar.“Johannes Daun, Vizepräsident und Pressesprecher des Landgerichts Waldshut-Tiengen | Bild: Baier, Markus

Anders sah die Beurteilung des Sachverhalts der von der Gemeinde eingeklagten Räumung der Praxis samt Herausgabe aller zugehörigen Nutzflächen und Parkplätze, sowie Begleichung der Mietrückstände aus. Wie Johannes Daun erklärte, habe es zum Abschluss der bisweilen lebhaft geführten Verhandlung aus Sicht des Gerichts keinen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Räumungsklage und der damit verbundenen Forderung von Mietrückständen gegeben.

„Die Kündigung wegen Zahlungsverzug ist rechtens, ein Mietminderungsrecht hat es nicht gegeben. Auch ist keine Verletzung des Konkurrenzschutzgesetzes feststellbar“, lautet das Urteil des Gerichts. Die Gemeinde als Klägerin hat also einen vollumfänglichen Erfolg erzielt und nun ein vollstreckbares Urteil erwirkt.

Ob damit das letzte Wort in der Angelegenheit gesprochen ist, bleibt aber abzuwarten. Denn noch hat Jafar die Möglichkeit, vor dem Oberlandesgericht Berufung gegen die Entscheidung einzulegen.

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