Die Region stöhnt heute schon über den Schwerlastverkehr auf den Straßen am Hochrhein und die langen Lkw-Schlangen an den Grenzübergängen. Eine aktuelle Studie, die jetzt vorgelegt wurde, zeigt: Es kommt noch schlimmer. Denn die Verkehrszahlen der vergangenen 15 Jahren stiegen an. Das geht weiter und wird in den kommenden Jahrzehnte den Verkehr am Hochrhein stellenweise zum kollabieren bringen.

Lastwagen stauen sich auf der Rheintalautobahn A 5 bei Weil am Rhein vor der Grenze zur Schweiz zeitweise auf eine Länge bis zu 17 ...
Lastwagen stauen sich auf der Rheintalautobahn A 5 bei Weil am Rhein vor der Grenze zur Schweiz zeitweise auf eine Länge bis zu 17 Kilometern. Die Lkw benutzen den Standstreifen und die rechte Fahrspur als Stau- und Warteraum. | Bild: dpa/lsw

Denn schon heute geht mitunter nichts mehr. Deutsche und schweizerische Stellen sind deshalb seit Jahren im Austausch, diskutierten bislang aber nur Einzelmaßnahmen. Nun hat das Regierungspräsidium Freiburg erstmals eine Verkehrsstudie in Auftrag gegeben, die die gesamte Verkehrssituation am Hochrhein untersucht und Lösungsvorschläge unterbreitet.

Das Ergebnis der Studie in Kurzform: Die starke Zunahme des grenzüberschreitenden Lkw-Verkehrs wird für den Hochrhein als zentrales Problem identifiziert. Die Studie geht für 2040 von 21.400 Lastwagen an den Zollstellen am Hochrhein aus. Und zwar täglich. Als Lösungsvorschläge schlagen die Macher der Studie folgende Maßnahmen vor: Zwei neue Rheinbrücken, eine bei Bad Säckingen/Sisseln, eine bei Waldshut-Tiengen/Koblenz, in Verbindung mit einer vierspurigen A98. Und: zusätzlich Lkw-Stauraum an den Zollstellen.

So sieht die aktuelle Situation aus

Schon heute kommt es zu erheblichen Beeinträchtigungen – unter anderem an den Grenzübergängen Weil, Rheinfelden und auch Waldshut. Nadelöhr sind die Zollstellen. Da die Schweiz nicht Teil der EU-Zollunion ist, bleiben Warenkontrollen bestehen, sagt die Studie – eine Besonderheit in ganz Deutschland, die nur noch an der Grenze zur Schweiz zu finden sei.

Durch die fehlende Leistungsfähigkeit der Abfertigungsstellen komme es zu Rückstaus auf den Autobahnen und der B34. Überlastungen der vorhandenen Infrastruktur sind schon jetzt an der Tagesordnung.

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Das Verkehrsszenario für das Jahr 2040

Nach der Prognose der Verkehrsstudie wird sich die Zahl der Lkw an den Hochrhein-Grenzübergängen bis 2040 um bis zu 50 Prozent erhöhen – also von derzeit rund 14.000 auf über 21.000 täglich.

Lkw-Staus rund um den Kreisel beim Obi. Solche Bilder sind in Waldshut-Tiengen nicht außergewöhnlich.
Lkw-Staus rund um den Kreisel beim Obi. Solche Bilder sind in Waldshut-Tiengen nicht außergewöhnlich. | Bild: Schlichter, Juliane

Das werde zur weiteren Verlagerung der wartenden Lastwagen auf die Autobahnen und Bundesstraßen führen und die Einschränkungen des Pkw-Verkehrs weiter verschärfen.

Die Schwachstellen im Güterverkehr

Dazu zählen die Verkehrsexperten fehlende Kapazitäten an den Abfertigungsstellen. Das führe zu erheblichen Wartezeiten und somit zu Staus. In diesem Zusammenhang fehle es vor den Grenzübergängen am nötigen Stauraum für Lastwagen. „Aufgrund der hohen Menge an Lkw sind die vorhandenen Abfertigungs- und Wartekapazitäten auf den Zollhöfen nicht mehr ausreichend“, sagen die Macher der Studie.

Auch die fehlende Kapazitäten auf der Schiene werden als Schwachstelle genannt. Gerade die Bundesrepublik hinkt hier hinterher mit der schleppenden Realisierung des Schienenausbaus Karlsruhe-Basel. Allerdings, so räumen die Gutachter ein, würden dadurch nach Fertigstellung nur 1000 Lkw-Fahrten eingespart. Diese Entlastung könne das Wachstum jedoch nicht kompensieren.

Die Lösungsvorschläge der Gutachter

In der Kombination einer leistungsfähigen, vierspurigen A98 mit zwei neuen Rheinbrücken sehen die Experten die größten Entlastungspotenziale. Der Hochrheinautobahn schreiben sie hier ein Verteilfunktion entlang des Hochrheins zu.

Durch die A98 könne die hohe Lkw-Konzentration an den Übergängen Weil und Rheinfelden nach Osten und dann über die neuen Rheinbrücken in die Schweiz abgeleitet werden.

Dies müsse in Zusammenhang mit weiteren Verbesserungen einhergehen: Mehr Lkw-Räume für Abfertigung und Wartezeiten sowie unter anderem die Digitalisierung der Zollabfertigung.

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Waldshut: Neues Bauwerk über den Rhein

Lastwagen bremsen den Verkehr auch auf der Bundesstraße 34 in Waldshut aus, wenn sie zum Zollhof auf dem ehemaligen Lonza-Areal fahren wollen. Schon weit vor dem Waldshuter Zoll staut es sich also. Staus gehören auch zum alltäglichen Bild rund um den Grenzübergang Waldshut-Koblenz. Dazu tragen natürlich auch die Einkaufstouristen bei.

Laut Verkehrsstudie rollten 2015 täglich über 10.000 Autos von Waldshut über die Rheinbrücke hinüber nach Koblenz und zurück. Der Lastwagenverkehr bezifferte sich auf über 1000 Fahrzeuge. Immerhin ist der Grenzübergang in Waldshut damit der am drittstärksten frequentierte am Hochrhein.

1000 Lastwagen muten auf den ersten Blick als nicht allzu viel an. Doch nachweislich gilt auch der Grenzübergang in Waldshut als ein Nadelöhr. Und laut Studie nimmt der Verkehr bis 2040 deutlich zu.

„Der heutige Grenzübergang zwischen Waldshut und Koblenz ist von seiner Lage im Ortgebiet komplex geprägt“, heißt es in der Studie. Zudem liege der zentrale Zollhof deutlich von der bestehenden Rheinbrücke entfernt.

Trennung von Personen- und Güterverkehr

Als eine der wichtigsten Maßnahme betrachtet die Studie demnach auch den bereits oft diskutierten Neubau von neuen Rheinquerungen zwischen Deutschland und der Schweiz. Heißt: Eine neue Rheinbrücke abseits der bestehenden. Sie würde den Verkehrsablauf erheblich verbessern.

Durch eine vollständig neue Konzeption der Zollanlagen sei eine Trennung von Personen- und Güterverkehr sowie einzelner Verzollungsarten möglich. Laut Schätzungen würde die neue Rheinbrücke in Waldshut mit etwa 14.800 Fahrzeugen belastet.

Bestehende Brücken seien in ihrer Verkehrsbedeutung zurückzunehmen. Sie sollen dann zum Beispiel nur noch Autos oder auch nur Fußgängern und Radfahrern beziehungsweise dem Schienenverkehr dienen.

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Die Studie bildet auch für den Grenzübergang Waldshut-Koblenz den Bau von Lastwagen-Stellplätzen im Zu- und Nachlauf ab. Der vorgeschlagene Maßnahmenkatalog berücksichtigt auch einen zusätzlichen Fahrstreifen auf der B34 im Zulauf zum Zoll. Ungeachtet dieser baulichen Maßnahmen wird eine organisatorische Trennung von Transit und Verzollung als sinnvoll erachtet.

Eine neue Rheinbrücke bei Bad Säckingen

Die angedachte Rheinbrücke bei Bad Säckingen/Sisseln ist ein Kernstück der gutachterlichen Überlegungen. In Bad Säckingen ist die Zollstelle nur über innerörtliche Straßen erreichbar. Laut Studie passieren hier täglich um die 400 Lkw die Grenze. Ohne irgendwelche Maßnahmen gehen die Gutachter von einer Verdoppelung auf rund 1000 Lkw pro Tag aus.

Durch den Bau der neuen Rheinbrücke bei Sisseln rechnen sie mit 2000 Lkw pro Tag – eine Größenordnung, die Rheinfelden und Weil entlasten könne, so die Gutachter, ohne die Innerortslage Bad Säckingen zu belasten. Denn durch die Kombination Autobahn-Brücke würde der Verkehr über die A98 direkt zwischen Bad Säckingen und Murg an den Grenzübergang angeschlossen und dort an die schweizerische Autobahn N3.

Bild 3: Verkehrskollaps am Hochrhein: Zwei neue Rheinbrücken sollen helfen
Bild: Gora, Aldo

Bad Säckingen ist in der Betrachtung ein Sonderfall wegen der erheblichen Steigerung im Personenverkehr. Heute passieren laut Studie rund 14.000 Pkw die Grenze, mehr als in Waldshut.

Die Studie prognostiziert für 2040 täglich rund 23.000 Autos an der Grenze – 14.000 an der neuen Sissler Brücke, 9000 Autos auf der Fridolinsbrücke. Als Grund für diese außergewöhnliche Anstieg nennt die Studie die geplante Gebietsentwicklung des Sissler Feldes.

Angesichts der angenommenen Steigerungen bei Lkw und Pkw sei der jetzige Grenzübergang Fridolinsbrücke nicht mehr in der Lage, das erwartete Verkehrsaufkommen aufzunehmen.

Zusatzspur auf der Autobahnbrücke bei Rheinfelden

Neben Weil am Rhein ist der Übergang in Rheinfelden an der A861 überregional bedeutend. Fast 2000 Lastwagen und annährend 30.000 Autos passierten hier 2015 täglich die Grenze. Nur in Weil waren es mehr.

„Aufgrund der hohen Menge an Lastwagen sind die vorhandenen Abfertigungs- und Wartekapazitäten auf den Zollhöfen nicht mehr ausreichend“, erläutert die Studie die Situation in Rheinfelden. Die Lastwagen stauten sich zu Tageszeiten bis auf die Autobahn und schränkten den Personenverkehr ein. Morgens sei das häufig in Richtung Schweiz, nachmittags in Richtung Deutschland zu beobachten.

Auf der A861 wurde laut Angaben bereits eine Stauwarn- und Dosieranlage in Betrieb genommen. Sie stoppe den grenzüberschreitenden Schwerverkehr frühzeitig, wenn an der Zollanlage keine freien Stellplätze mehr zur Verfügung stünden. Laut Studie kann auch der Grenzübergang in Rheinfelden kaum zusätzlichen Verkehr aufnehmen.

Um den Verkehr zu entlasten, zieht die Studie eine Verbreiterung der Autobahnbrücke in Rheinfelden auf drei Fahrstreifen je Richtung in Betracht. Zudem würden die neuen Rheinbrücken bei Waldshut und vor allem Bad Säckingen neben Laufenburg auch den Grenzübergang Rheinfelden und die A861 spürbar entlasten.