Wir kennen sie alle, die gelben Regioswinger der Baureihe 612 mit dem schönen Logo „bwegt“ und dem Löwenmotiv – besser bekannt als Interregioexpress (IRE). Regelmäßig verkehren die Züge auf der Hochrheinstrecke – auch auf anderen Linien in Baden-Württemberg. Doch: Kürzlich wurden zwei bei Stralsund gesichtet. Was machen die dort?

Der Titel: „Besuch aus Ulm in Stralsund“

„Besuch aus Ulm in Stralsund“, lautet der Titel eines Beitrags in einem Forum für aufgeweckte Bahnfreunde. „Ich bin schon länger in dem Forum aktiv, die Überschrift ist mir gleich aufgefallen, es ist schließlich ein Reizthema“, sagt Christof Meyer, der im Landkreis Lörrach wohnt, in einem Telefonat mit dem SÜDKURIER.

Er hat auf den Beitrag aufmerksam gemacht. Und dazu gleich einige Fragen gestellt: Was machen die dort? Warum fahren die Züge nicht in Baden-Württemberg? Hat man Ersatz für die Fahrzeuge? Oder fallen Züge aus beziehungsweise fahren mit einer verkürzten Einheit?

Berechtigte Fragen, wenn man die Probleme auf der Hochrheinstrecke, vor allem mit diesen gelben IRE-Zügen kennt. Was suchen sie dort, wenn man hier schließlich jedes Fahrzeug dringend braucht?

Ein Bahnsprecher lüftet das Geheimnis

„Die Züge waren auf dem Weg nach Mukran, um dort zwei abgestellte Züge derselben Bauart [Anmerkung der Redaktion: 612er-Baureihe] abzuholen“, erklärt ein Sprecher der Deutschen Bahn auf SÜDKURIER-Nachfrage, „um sie als Ersatzteilspender mitzubringen.“ Ersatzteile seien für diese Baureihe schwer zu bekommen. So könnten kurzfristig und schnell Ersatzteile beschafft werden.

Die beiden Züge seien dort abgestellt worden und ohne Antriebshilfen nicht mehr fahrbereit. Die Bedenken der Bahnfreunde entkräftet er: „Die 612er wurden nicht abgezogen oder ausgeliehen.“ Sie seien zusammen mit ihren ausgemusterten Zügen wieder unterwegs in den Süden.

Was machen die ausrangierten Züge auf Rügen?

Warum die beiden „Ersatzteilspender“ aber in Mukran standen, dazu wisse der Bahnsprecher nichts. „Wahrscheinlich sind es Fahrzeuge, die woanders nicht mehr benötigt werden.“ Meyer hingegen kennt die Antwort: In Mukran auf Rügen befinde sich ein Fährhafen und eine Anlage des DB-Stillstandsmanagements.

Tatsächlich, eine Recherche im Internet ergibt: „Die Gleisanlagen des Fährbahnhofs in Mukran wird vom DB-Stillstandsmanagement zur Abstellung überflüssiger Lokomotiven und Wagen genutzt.“ (www.die-zugfolgestelle.de)

Das könnte Sie auch interessieren

Ein paar Tage später meldete sich Heiko Focken, Verkehrsplaner der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg per E-Mail und lieferte weitere Details: „Die beiden Ulmer Triebzüge haben vom Mukraner Fahrzeugfriedhof zwei rote Brüder abgeholt, untote Züge sozusagen.“

Diese seien nach Ulm gebracht worden, um sie als Ersatzteilspender zu nutzen. Focken: „Mit brauchbaren Teilen werden kranke bwegt-612 repariert und damit deren Verfügbarkeit erhöht. Bei Menschen nennt man so etwas wohl Organspende.“