Früher schlug man Zeitschriften und Kataloge auf, in denen wunderschöne Frauen die neuste Mode trugen. Heute sind es vor allem Influenzer, die die Werbung für die Mode- und Schönheitsbranche auf Plattformen wie Instagram, TikTok, Snapchat oder Facebook beherrschen. Getrickst wurde bei den Bildern auch schon vor Jahrzehnten: Es wurden Beine verlängert, Falten geglättet und Dellen retuschiert. Doch heute geht das per Filter und Bildbearbeitung ohne große Fachkenntnisse mit wenigen Klicks schon auf dem Handy.
Deshalb bedienen sich auch immer mehr normale Frauen bei den virtuellen Verschönerungshilfen, um ein Urlaubsbild oder Selfie zu optimieren und dann ins Internet zu stellen, um möglichst viele Likes oder Herzchen zu bekommen. Oft hat das bearbeitete Bild dann kaum noch etwas mit dem eigenen Gesicht oder Körper zu tun.
Sara Ambühl, die in Tiengen ein Fitnessstudio betreibt, kennt diese Problematik – und will zusammen mit acht weiteren Frauen vom Hochrhein sowie dem Laufenburger Fotografen Christian Eschbach mit der Kampagne #unperfektperfektwt ein Zeichen setzen. Die Botschaft dahinter: Jeder ist perfekt, so wie er ist. Sara Ambühl: „Ein echtes Gesicht ist viel schöner, als eines, das mit Photoshop oder Filtern bearbeitet wurde. Es ist es doch gerade das Unperfekte, was uns aus macht, unsere Individualität unterstreicht. Und unperfekt bedeutet ja nicht, dass etwas nicht schön ist. Niemand ist perfekt und das wollen wir mit unseren Bildern und Videos zeigen.“ Deshalb seien alle Schwarz-Weiß-Bilder unbearbeitet, lediglich ein so genanntes Ringlicht wurden beim Shooting benutzt.
Auf die Idee zur Kampagne, die mittlerweile in sozialen Netzwerken veröffentlicht wurde, ist Sara Ambühl nach einem Fotoshooting mit Christian Eschbach gekommen. Der Fotograf: „Als Sara mich für ein Shooting gebucht und mich am Abend dann gebeten hatte, die eine oder andere Sachen mit Photoshop zu begleichen, nahm die Kampagne Fahrt auf. Denn in der Nacht hat sie mir dann eine Sprachnachricht geschickt, dass sie es doch viel cooler fände, wenn alles so bleibt, wie es ist, ohne Bearbeitung, denn sie findet, man kann auch unperfekt perfekt sein. Ich fand das dann gleich so eine tolle Idee, dass wir das dann so umgesetzt haben“, sagt Christian Eschbach.
Zusammen mit acht weiteren Frauen vom Hochrhein – alle zwischen 24 und 53 Jahre alt – wurden dann Fotos und Videos ohne Bildbearbeitung und Filter erstellt. „Wir haben lediglich ein sogenanntes Ringlicht benutzt, um bei den schwarz-weiß Bildern eine bestimmte Stimmung zu erzeugen“, erklärt Eschbach.
Auch Anette Wartner aus Waldshut hat an der Kampagne teilgenommen. „Ich war sofort begeistert von der Idee“, sagt die Anette Wartner, die zusammen mit ihrem Mann mehrere Modeboutiquen in Waldshut führt. „Jede Frau ist schön, und wir müssen endlich damit aufhören, irgendwelchen Idealen hinter zu eifern. Das ist so eine wichtige Message, die wir transportieren wollen. Denn ich sehe jeden Tag wunderschöne Frauen, die aber immer an sich einen Makel finden. Sobald eine Frau zu mir in den Laden kommt, dauert es nicht lange, bis sie darauf hinweist. Ich denke dann immer: ‚Du siehts doch toll aus und es ist egal, ob du fünf oder zehn Kilos zu viel hast.‘ Wir Frauen denken immer, dass wir eben perfekt aussehen müssen, weil uns das auch andere Frauen vorgaukeln. Dem ist aber nicht so und darauf wollen wir mit der Aktion hinweisen.“
Dass das Thema der Kampagne den Nerv vieler Frauen trifft, zeigen die zahlreichen Reaktionen im Netz. Kommentare wie „Tolle Worte“, „Was für eine tolle Message“, „Ermutigend“ schreiben nicht nur Freunde, sondern auch Fremde unter die Videos. Und auch in persönlichen Gesprächen haben die Teilnehmerinnen viele Reaktionen auf die Kampagne erhalten. „Und die waren alle positiv“, freut sich Anette Wartner. „Wir bekommen sogar schon etliche Anfragen von Frauen, die auch mitmachen wollen.“ Aber auch Männer wollen dabei sein, weiß Christian Eschbach. „Deshalb überlegen wir, ob wir eine zweite Runde starten.“