Im Hotzenwald zeigen schwarze Asphaltstreifen im Straßenbelag allerorten an: Hier wurde bereits Breitband verlegt. Um die Glasfaserkabel unter die Erde zu bringen, mussten in den vergangenen Jahren viele Kilometer Straße aufgefräst und Gräben ausgebaggert werden.
Nun gibt es Ärger deswegen. Große Mengen Aushub und Aufbruch sollen umweltgefährdend gelagert oder zwischengelagert worden sein. Von etwa 40 Fällen im Südschwarzwald ist die Rede.

Das Landratsamt Waldshut hat diese Woche beim Herrischrieder Ortsteil Wehrhalden eine größere Menge unerlaubt dorthin geführten Aushub abtransportieren lassen. Nach einer unbestätigten Schätzung handelt es sich etwa um 900 Kubikmeter. Das Material stammt aus den Arbeiten für den Breitbandausbau in der Gemeinde und war auf einem privaten Wiesengrundstück etwa 30 Meter über einer Quelle am Erlenberg aufgeschüttet worden.

Die Behörden auf die Situation hingewiesen hatte bereits am 13. Januar Dieter Berger aus dem Zeller Ortsteil Riedichen. Er ist Mitglied der Landschafts- und Naturschutzinitiative Schwarzwald (LANA). Nicht nur in Herrischried, sondern auch andernorts werde mit PAK-haltigem Straßenaufbruch nicht sachgerecht umgegangen, dadurch könnten schädliche Stoffe in die Umwelt gelangt sein, so Bergers Vorwurf. Er behauptet, Kenntnis von insgesamt 40 Fällen im Südschwarzwald zu haben.
Drei Lager in Herrischried
Speziell in Herrischried nennt Berger drei Stellen, wo PAK-Material nicht genügend gesichert gewesen sei. „Hier wurde der Straßenaufbruch viele Monate offen gelagert, erst Ende Dezember wurde er mit einer Plane abgedeckt“, erklärte Berger unserer Zeitung vor Ort in Großherrischwand an der Glascontainerstelle an der K6533. Ähnlich sei es an der L151 oberhalb Lochhäuser und am Wanderparkplatz Bauwagen zwischen Lochhäuser und Wehrhalden gewesen.

Mit den Arbeiten für den Breitbandausbau und damit auch mit der Zwischenlagerung von Aufbruch und Aushub war in Herrischried Ende April 2021 begonnen worden. In all den Monaten habe Regen und Wind das Material in benachbartes Gelände, darunter landwirtschaftlich genutzte Weiden tragen können, so Berger. An der abfälligen im Kurve entlang der L151 habe das Material bei Regenfall in die darunterliegenden Wiesen gewaschen. Der Bauwagen-Parkplatz unweit davon sei zudem nur 120 Meter oberhalb der Murgquelle gelegen. Inzwischen ist das meiste Material abgeführt, oder es lagert unter Abdeckungen oder in Containern.
Berger sagt, dass er am 8. Dezember 2022 das Lager oberhalb der Murgquelle in Gegenwart des Ortsvorstehers Josef Stoll beprobt habe. Am selben Tag habe er auch die Gemeindeverwaltung Herrischried informiert. Eine von Berger unserer Zeitung vorgelegte Analyse eines Münchner Labors ergab in der Probe 997 Milligramm PAK pro Kilogramm. Der Grenzwert für unbelastetes geltendes Material beträgt 3 Milligramm.
300 Kubikmeter Asphaltaufbruch lagerten allein bei Wehrhalden
Nach Auskunft der Gemeindeverwaltung Herrischried waren bei Wehrhalden zwischenzeitlich 300 Kubikmeter Asphaltaufbruch zwischengelagert, in Großherrischwand etwa 80 Kubikmeter sowie in Atdorf etwa 18 Kubikmeter. Dabei handelte es sich allerdings nur zum weitaus kleineren Teil um möglicherweise konzentriert PAK-belastetes Material, was auch Berger bestätigt.
Der Vorwurf: Belastetes und unbelastetes Material wurden nicht getrennt
PAK-belastetes und unbelastetes sei nicht getrennt ausgebaut und gelagert worden, so der Vorwurf des 67-jährigen ehemaligen Tiefbau-Poliers, der nach eigenen Angaben über 30 Jahre lang bei einem großen Waldshut-Tiengener Bauunternehmen beschäftigt war. Es sei gegen das Minimierungsgebot verstoßen worden.
Die kleine PAK-haltige Schicht des Straßenaufbruchs hätte einer Sonderdeponierung zugeführt werden müssen, der Großteil hätte der Wiederverwertung im Straßenbau zugeführt werden können. „Wenn man aber hingeht und alles durcheinanderhaut, quellen die Deponien über, das Material, das Wirtschaftsgut ist, kommt nicht dorthin, wo es verwendet werden kann“, kritisiert Berger.
Landratsamt hält die ausgewählten Flächen für unproblematisch
Das Landratsamt Waldshut hält – mit Ausnahme der unerlaubten Aufschüttung am Erlenberg – die Zwischenlagerung des Aufbruchmaterials für konform. Die von der Gemeinde Herrischried für die Zwischenlagerung gewählten Flächen seien unproblematisch, erkläret die Kreis-Behörde auf Anfrage unserer Zeitung.
„An den uns vorliegenden Beprobungsergebnissen gab es nichts zu beanstanden“, so Tobias Herrmann, Sprecher des Landratsamts, weiter. Das gelagerte Material in Herrischried sei war PAK-haltig, wie nahezu jeder Asphaltabfall.

Die Werte seien aber unterschiedlich hoch, einiges Material habe wiederverwertet können, anderes habe entsorgt werden müssen, erklärte der Sprecher des Landratsamtes. Konkrete Messwerte nennt das Landratsamt aber trotz Nachfrage nicht: „Beprobungen auf PAK werden nicht durch das Umweltamt vorgenommen, sondern durch den Verursacher der Haufwerke in Auftrag gegeben.“
Die Tiefbauarbeiten für den Breitbandausbau haben zwei verschiedene Firmen ausgeführt. Wegen Größe und Wichtigkeit des Auftrags hatte die Gemeinde alles richtig machen wollen, der Ausschreibung sogar einen öffentlichen Teilnahmewettbewerb vorgeschaltet und die Arbeiten in mehreren Losen vergeben.
Bürgermeister: „Material geht in Eigentum der Unternehmen über“
„Im Vertrag steht, dass das Material in dem Moment, in dem es ausgebaut wird, in das Eigentum des Unternehmens übergeht“, erklärt der Herrischrieder Bürgermeister Christian Dröse. Er sieht deshalb in erster Linie die von der Gemeinde beauftragten Tiefbaufirmen in der Verantwortung.

Aktuell liegt laut Auskunft der Gemeinde noch abgedeckter Aufbruch beim Lagerplatz Wehrhalden. Hier laufe die Entsorgung noch und es stehe noch eine Beprobung in Absprache mit dem Umweltamt des Landkreises aus, so der Bürgermeister. In der Lochmatt liege noch ein Haufwerk, welches beprobt wurde und jetzt aktuell abgefahren werde. Ein Zwischenlager befinde sich auf dem asphaltierten Parkplatz oberhalb der Eissporthalle Herrischried. Im Bereich Gustav-Struve-Weg werde Asphaltmaterial in Containermulden gelagert.
In einem Schopfheimer PAK-Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft
Pannen beim Umgang mit PAK-haltigem Aufbruch aus dem Breitbandausbau gab es auch andernorts. Die Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen bestätigt den Eingang einer Strafanzeige vor kurzem Schlechtbach in der Gemeinde Schopfheim betreffend. Die Staatsanwaltschaft hat in diesem Fall den Anfangsverdacht eines Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Abfällen bejaht und ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet.
Die Anzeige war von der LANA gestellt worden, der Berger angehört. In weiteren Fällen hat das Amtsgericht Schopfheim Strafbefehle gegen drei Verantwortliche von Bauunternehmen erlassen.

Ob auch das Material, das mindestens seit Januar an der Erlenberg-Quelle gelagert hatte, PAK-belastet war, steht noch nicht fest. Dem Verursacher sei eine Frist eingeräumt worden, den mit Fremdstoffen durchsetzten Aushub zu beseitigen, erklärt das Landratsamt. Als dem nur teilweise nachgekommen worden sei, sei vergangene Woche Ersatzvornahme eingeleitet worden.
Das Material vom Erlenberg wird jetzt beprobt
Ein von der Behörde beauftragtes Unternehmen begann am Freitag vergangener Woche, das Material abzubaggern und abzufahren. Es sei auf eine befestigte Fläche gebracht worden, wo es nun getrennt nach Material zwischengelagert und dann beprobt werde, erklärt das Landratsamt.