Am Horizont hinter dem Fußballplatz in Dogern thront er und dampft – der gigantische Kühlturm des Schweizer Atomkraftwerks (AKW) in Leibstadt. Auch wenn das AKW in einem anderen Land steht, liegen nur ungefähr 1,6 Kilometer Luftlinie dazwischen. Deshalb haben sich am Dienstag rund 50 Atomgegner in Dogern eingefunden. Es ist aber nur ein Halt auf einer mehrtägigen Anti-Atom-Radtour durch die Schweiz, Frankreich und Deutschland bis nach Freiburg.
Die Forderungen sind klar: Die AKW sollten abgestellt werden, stattdessen soll auf erneuerbare Energie gesetzt werden. Die rollende Demonstration will aber auch Erfolge der Anti-Atombewegung feiern.
Plötzlich wieder aktueller denn je
Ein Jahr habe die Planung der Radtour gedauert, erklärt Armin Simon von der Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“. In zwei verschiedenen Touren radeln die Teilnehmer rund 2400 Kilometer, einmal durch Nord- und in diesen Tagen durch Süddeutschland. Während der Planung konnte aber noch niemand wissen, dass das Thema Atomkraft wieder so aktuell werden würde. Eine drohende Verlängerung der Laufzeit von AKW aufgrund der Energiekrise beschäftigt hier viele, auch Simon. Denn eigentlich will Deutschland Ende 2022 aus der Atomkraft aussteigen.

Sicherheit der Kraftwerke ist ein Problem
Das große Problem sei die Sicherheit, wie Simon erklärt. Diese sei nur bis Ende des Jahres gewährleistet. Das Thema Sicherheit spielt auch bei den Redebeiträgen in Dogern, im Garten des Eulenhofs neben dem Sportplatz, ein Rolle. Denn der Meiler, nicht unweit des idyllischen Gartens, liegt in der Schweiz. Dass er abgeschaltet wird, steht nicht im Raum. Und doch könne er bei einem Unfall zum Problem für die ganze Grenzregion werden.
Auch der Waldshuter Landrat Martin Kistler, der die Radler in Dogern begrüßte, sieht eine besondere Bürde des Landkreises. Er blickt jeden Tag auf den fast 40 Jahre alten Meiler von seiner Terrasse aus, erzählt er. Als „Kind Dogerns“ habe er deshalb schon immer eine kritische Haltung gegenüber dem Kraftwerk. Doch die Schweiz hat bei der Atomkraft einen anderen Ansatz als Deutschland: „Die Atomkraftwerke laufen, solange sie sicher sind“, erklärt Kistler den Schweizer Plan.
Endlager-Suche auf der anderen Rheinseite
Neben Kistler spricht auch Landtagsabgeordneter Niklas Nüssle (Grüne) vor den Atom-Gegnern. Er bringt das Thema Atommüll ein und spricht von einer „technischen Arroganz“, wenn Atommüll-Endlager für eine Dauer von einer Million Jahre gesucht werden. Dass die Schweiz immer weiter Atommüll produziere, sei darüber hinaus nicht generationengerecht. Atommüll könnte auch bald für den Landkreis zum Problem werden. Denn: Die Schweiz sucht ein neues Endlager. Zwei potenzielle Lager liegen bekanntlich direkt an der Grenze zu Waldshut.

Ob Redner oder auch Radfahrer, viele sind sich aber einig: Die Lösung muss ein Dialog mit der Schweiz sein. Nur so könne man die Risiken eines Supergaus am Hochrhein komplett beseitigen. Oder wie Armin Simon erklärt: „Wenn man einen Unfall vermeiden will, muss man vorher abschalten.“

Empfangen durch den Trompeter von Säckingen
Nach einigen Redebeiträgen und Gedichten ziehen die Radler dann schließlich weiter. Das nächste Ziel ist Bad Säckingen. Damit die Fahrrad-Gruppe auch sicher dort ankommt, werden Sie von der Polizei begleitet. Und auch mit Musik machen die Atom-Gegner auf sich aufmerksam, während die „Atomkraft Nein Danke“-Fahnen an den Fahrrädern wehen.

Auf dem Münsterplatz findet dann mit einem Empfang durch den Trompeter von Säckingen, Heinz Blum, eine abschließende Kundgebung statt. Die Reden werden begleitet von „Abschalten!“-Rufen. Und dann ist die Etappe auch am Ende. Am folgenden Tag wird es weiter gehen. Dann über Rheinfelden zurück in die Schweiz nach Kaiseraugst. Das Ziel der Etappe ist dann Basel. Bis zum 3. September wollen die Radler Freiburg erreichen.