Wenn der Feuerwehr das Personal ausgeht, wird es brenzlig. Denn dann sind schnell mal Menschenleben gefährdet. Auch im Landkreis Waldshut haben bereits Feuerwehren in jüngerer Vergangenheit Alarm geschlagen. Welche Folgen der Personalmangel hat? Wie die Feuerwehren sich bemühen, gegenzusteuern? Wir haben beim Landratsamt als zuständiger Aufsichtsbehörde nachgefragt.

In welchen Gemeinden ist die Lage momentan prekär?

Während eine Reihe von Feuerwehren in der jüngeren Vergangenheit mit so genannten „Eimer-Aktionen“ auf drohende personelle Engpässe hingewiesen haben, gestaltet sich die Situation aktuell bei der Feuerwehr der Gemeinde Dettighofen besonders dramatisch. Hier hat das Feuerwehrkommando erst vor wenigen Tagen eine große Informations- und Werbeveranstaltung abgehalten. Hintergrund ist, dass hier nur noch 22 Feuerwehrleute Dienst tun – halb so viele wie benötigt werden. 

Es sei aktuell der einzige Fall im Landkreis, wo sich die Lage derart zugespitzt habe, erklärt Susanna Heim, Sprecherin des Landratsamts Waldshut auf Nachfrage: „Alle Gemeindefeuerwehren stehen jedoch vor der stetigen Herausforderung, Nachwuchs für das Ehrenamt zu gewinnen.“

Die gute Nachricht laute allerdings, dass dies in den vergangenen fünf Jahren verhältnismäßig gut gelungen sei, so Heim weiter. Demnach sei die Zahl der Angehörigen in den Einsatzabteilungen der Feuerwehren im Kreis um drei Prozent gestiegen.

Eimeraktion soll aufrütteln: Die Feuerwehr Stühlingen verteilte im Sommer Löscheimer als Signal, dass dringend Feuerwehrleute benötigt ...
Eimeraktion soll aufrütteln: Die Feuerwehr Stühlingen verteilte im Sommer Löscheimer als Signal, dass dringend Feuerwehrleute benötigt werden. Klare Botschaft: Wenn zu wenige Feuerwehrleute da sind, müssen Bürger selber löschen. | Bild: Yvonne Würth

Was sind Gründe für den drastischen Personalmangel?

Wie viele Vereine und Institutionen leidet auch die Feuerwehr unter gesellschaftlichen Veränderungen und der sich wandelnden Arbeitswelt. Steigende berufliche Anforderungen auf der einen Seite, ein breiteres Angebot an Freizeitbeschäftigung auf der anderen und die Vereinbarkeit des Ganzen mit der Familie stellten viele Menschen vor die Herausforderung einer Abwägung.

Das Ehrenamt falle in diesem Kontext für viele Leute einfach aus dem Raster. Und der Dienst bei der Feuerwehr sei eben sehr zeitintensiv, wenngleich er auch viel Freude bereite und die damit verbundenen Aufgaben abwechslungsreich und interessant seien, so Susanna Heim. Der demografische Wandel, vor allem die alternde Gesellschaft verschärfe die Problematik.

Unterm Strich seien es aber eine Vielzahl von Faktoren, die für die Personalsituation einer Feuerwehr wichtig seien – angefangen von der Jugendarbeit über die Größe einer Gemeinde bis hin zur geografischen Lage oder dem Arbeitsplatzangebot vor Ort, schildert Heim.

Wie erfolgreich sind die Bemühungen der Jugendfeuerwehren?

Geht es um die Zukunftsfähigkeit der Feuerwehren, spielten die Jugendabteilungen eine wichtige Rolle: „Tatsächlich ist es so, dass die überwiegend gute personelle Aufstellung der Feuerwehren vor allem der hervorragenden Nachwuchsarbeit in den Gemeindefeuerwehren zu verdanken ist“, so Heim.

Im Landkreis Waldshut haben 31 von 32 Gemeinden eine Jugendfeuerwehr mit Jugendlichen von zehn bis 18 Jahren. Die Übernahmequote in die Einsatzabteilung betrage in Baden-Württemberg rund 76 Prozent.

Bereits in zwölf Gemeinden im Landkreis Waldshut gebe es darüber hinaus auch schon Kindergruppen für Sechs- bis Zehnjährige zur frühzeitigen Nachwuchsgewinnung – Tendenz steigend.

An welchem Punkt müssten Bürger zwangsrekrutiert werden?

Gemäß Feuerwehrgesetz, können die Gemeinden durch Erlass einer Satzung die Einwohner zum Dienst in der Feuerwehr verpflichten, sollten sich nicht genügend Freiwillige finden. „Diese Maßnahme wird von den Gemeinden aber nur als letztes Mittel verwendet. In ganz Deutschland sind aktuell nur drei „Pflichtfeuerwehren“ bekannt“, so Susanna Heim.

Ist eine nur noch 50-prozentige Personalbesetzung der Feuerwehr schon Anlass, über solche Schritte nachzudenken? Nicht unbedingt, erklärt Susanna Heim, denn: „Es gibt keine festgelegte Quote. Als Pflichtaufgabe hat jede Gemeinde eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende leistungsfähige Feuerwehr aufzustellen.“ Die Bewertung liege zuletzt im Ermessen der Aufsichtsbehörde.

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Inwiefern verschärft es die Lage, wenn Berufstätige aus einer Gemeinde auspendeln?

Verfügt eine Gemeinde über große Arbeitgeber vor Ort, wirke sich dies gerade mit Blick auf die Tagesverfügbarkeit ungemein vorteilhaft aus, schildert Heim. Denn gemäß Feuerwehrgesetz sind die Feuerwehrmitglieder für Einsätze während der Arbeitszeit freizustellen. Viele Unternehmen ließen ihre Mitarbeiter aber auch ohne diese Verpflichtung im Ernstfall ziehen.

Mittels Doppelangehörigkeit besteht die Möglichkeit, dass Feuerwehrangehörige bei der Feuerwehr am Arbeitsort die Tagesbereitschaft verstärken – zusätzlich zum Dienst in der Heimatgemeinde.

Eine möglichst hohe Personalstärke könne Feuerwehren außerdem helfen. „Dadurch wird das Zufallsprinzip mit Homeoffice, Urlaub oder schichtfrei gestärkt“, so Heim.

Gerade Gemeinden mit einem hohen Anteil an Grenzgängern bekämen unterdessen Probleme in der Tagesverfügbarkeit, denn einerseits seien Schweizer Arbeitgeber natürlich nicht an deutsche Gesetze gebunden. Andererseits sei der Anfahrtsweg für in der Schweiz Beschäftigte ohnehin meist zu weit.

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Wann muss das Freiwilligen-System überdacht werden?

„Das ist erst dann der Fall, wenn die Leistungsfähigkeit auch für längere Zeit sicher nicht mehr über das Ehrenamt erfüllt werden kann“, erklärt Susanna Heim. Davon sei der Landkreis Waldshut allerdings noch weit entfernt.

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