Außergewöhnlichen Flugbetrieb gab es am Wochenende auf dem Segelflugplatz Hütten. 36 Waldrappe machten in dem Ortsteil der Gemeinde Rickenbach Etappe auf dem Weg nach Andalusien. Begleitet wurden die etwa gänsegroßen Vögel von zwei Piloten in motorisierten Gleitseglern und einem insgesamt 14-köpfigen Helferteam. Sie alle waren am 13. August im bayrischen Taching am See zu ihrem über 2200 Kilometer langen Flug aufgebrochen.

Der Waldrapp ist eine gefährdete Art

Waldrappe stehen auf der Roten Liste gefährdeter Arten. Um den Bestand der einst auch in ganz Süddeutschland verbreiteten Art zu erhalten, gibt es eine Reihe von Wiederansiedlungsprojekten. Darin werden Waldrappe künstlich von Menschen aufgezogen.

Zwei Waldrappe der deutschen Kolonie in Überlingen. Auch sie werden auf ihrem ersten Flug ins Winterquartier von Menschen begleitet.
Zwei Waldrappe der deutschen Kolonie in Überlingen. Auch sie werden auf ihrem ersten Flug ins Winterquartier von Menschen begleitet. | Bild: Harald Boettger

Da der Waldrapp ein Zugvogel ist, der in Südeuropa und Nordafrika überwintert, er aber kein natürliches Zugverhalten besitzt, muss er vom Menschen lernen, sein Überwinterungsgebiete aufzusuche: Ein motorisierter Gleitsegler fliegt voraus, dem der Rapp folgt.

Wiederansiedlungsprojekte in der Region

In Baden-Württemberg bekannt ist vor allem das Wiederansiedlungsprojekt in Hödingen bei Überlingen am Bodensee. Die Waldrappe, die jetzt in Hütten Station machten, sind aber in Obhut des 2001 vom österreichischen Biologen Johannes Fritz im österreichischen Mutters gegründete Walddrappteam. Dieses hatte bereits vergangenes Jahr mit einer Gruppe Waldrappe in Hütten Station gemacht.

Die Waldrappe werden von Hand aufgezogen und registiriert. Unser Bild zeigt Vincino mit der ID 286.
Die Waldrappe werden von Hand aufgezogen und registiriert. Unser Bild zeigt Vincino mit der ID 286. | Bild: Hanspeter Walter/Waldrappenteam

Die 36 Tiere des Jahrgangs 2024 stammen aus dem Kärtner Tierpark Rosegg. Erstes Flugtraining gab es für die flügge gewordenen Waldrappe im bayrischen Taching am See. Von dort brachen sie am 13. August zur Migration nach Andalusien auf. Ihre Ziehmutter Barbara Steiniger und Johannes Fritz begleiteten sie in der Luft.

Erste Etappe nach Paterzell in Bayern

Die erst 91 Kilometer lange Etappe führte nach Paterzell im bayrischen Landkreis Schongau, von dort ging es weiter ins 98 Kilometer entfernte Kisslegg. Der Flug von dort in den Hotzenwald war mit 171 Kilometern die längste der ersten drei Etappen. Laut www.waldrappteam.at/ benötigte die Vögel dafür fast vier Stunden.

Der Motorgleiter der Waldrappenfreunde liegt beim Flugplatz Hütten auf der Wiese zum Start bereit.
Der Motorgleiter der Waldrappenfreunde liegt beim Flugplatz Hütten auf der Wiese zum Start bereit. | Bild: bernhard biendl

Die Rast im Hotzenwald scheint die Waldrappe allerdings nicht gerade zur Weiterreise nach Andalusien beflügelt zu haben. Wie das Waldrappteam auf seiner Homepage berichtet, musste am Dienstag der Start ins nächste Etappenziel Besançon aufgrund technischer Probleme beim Fluggerät abgebrochen werden. Danach funktionierte das Fluggerät, nun aber hatten die Waldrappe keine Lust mehr und kehrten bald wieder nach Hütten zurück, statt dem Gleitsegler zu folgen.

Sie entscheiden sich für eine Rückkehr

Beim dritten Versuch entschied sich nach etwa 15 Minuten die Mehrheit der Waldrappe, wieder in den Hotzenwald zurückkehren, schreibt das Waldrappteam auf seiner Homepage. Erst kamen 19 Vögel aus der Gruppe zurück, dann etwas zeitversetzt weitere vier Nachzügler. Nur 13 Waldrappe folgten wie vorgesehen dem Fluggerät nach Besançon.

Waldrappe folgen am Flugplatz Hütten dem Motorgleiter, der ihnen den Weg nach Andalusien weisen soll. Doch kurze Zeitz später kehren die ...
Waldrappe folgen am Flugplatz Hütten dem Motorgleiter, der ihnen den Weg nach Andalusien weisen soll. Doch kurze Zeitz später kehren die meisten der Tiere wieder um. | Bild: bernhard biendl

Waldrapp-Mama Barbara Steiniger empfing die Rückkehrer in Hütten und lud die in Transportkisten ein. Sie wurden mit dem Auto nach Besançon gebracht. Das Team hofft, dass die Waldrappe dennoch selbständig nächstes Jahr zurückfliegen. „Beobachtungen legen nahe, dass sich Waldrappe weniger an landschaftlichen Merkmalen, als viel eher an einer Flugrichtung orientieren. Deshalb finden auch Waldrappe, die aufgrund ungeplante Umstände einen Teil der Strecke im Auto transportiert werden mussten, wieder selbstständig zu ihrem zukünftigen Brutgebiet im Alpenvorland zurück“, heißt es auf der Homepage