Philipp S. kann wieder laufen. Neun Monate nach dem einschneidenden Ereignis muss er sich vor Gericht verantworten. Gegen ihn wird vor dem Amtsgericht Waldshut-Tiengen wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und wegen fahrlässiger Tötung verhandelt.

„Es ist absolut schlimm, was hier passiert ist“, äußert sich Richterin Susanne Lämmlin-Dauch während der Verhandlung. Der 43-jährige Angeklagte pflichtet ihr bei: „Das sehe ich genauso. Täglich mache ich mir Vorwürfe.“

Staatsanwältin verliest die Anklageschrift

Am 10. März gegen 22.45 Uhr sei der Angeklagte mit einem Transporter auf der A 98 bei Lauchringen in der Nähe des Heidenäckertunnels unterwegs gewesen. Laut Anklageschrift sei er dabei stark alkoholisiert gewesen. „In einer langgezogenen Linkskurve ist der Angeklagte dann auf die Gegenfahrbahn gekommen, wo es zur Kollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kam“, so die Staatsanwältin. Der 63-jährige Fahrer des entgegenkommenden Autos sei noch an der Unfallstelle verstorben.

In dieser langgezogenen Kurve nahe dem Heidenäckertunnel bei Lauchringen kommt es im März zum tödlichen Unfall.
In dieser langgezogenen Kurve nahe dem Heidenäckertunnel bei Lauchringen kommt es im März zum tödlichen Unfall. | Bild: Nico Talenta

Der Angeklagte selbst soll ebenfalls schwere Verletzungen erlitten haben und sei mit einem Hubschrauber nach Singen in das dortige Krankenhaus geflogen worden. Wegen des Unfalls und der dadurch entstandenen Trümmerteile seien außerdem weitere Fahrzeuge beschädigt worden.

Schon während des Rettungseinsatzes am Abend soll den Rettungshelfern starker Alkoholgeruch aufgefallen sein, sagt ein Zeuge vor Gericht aus. Der Anklageschrift ist zu entnehmen: „Eine Blutprobe am 11. März um 1.08 Uhr ergab einen Wert von über zwei Promille.“

S. rekonstruiert die Stunden vor dem Unfall

Die Tat, wie sie die Staatsanwältin vor Gericht verliest, gesteht der 42-Jährige vollumfänglich. „Ich habe mich nach der Arbeit gegen 17.30 Uhr mit Kollegen in Erzingen getroffen. Für später habe ich mich dann mit einem Kollegen noch in Grießen in einem Lokal verabredet“, sagt der Angeklagte aus. Dieser sei dort allerdings nie aufgetaucht. Statt den Heimweg anzutreten habe Philipp S. dort dann alleine Bier getrunken. „In Erzingen waren es schon zwei, in Grießen dann fünf Bier.“

Gegen 22.30 Uhr habe er sich schließlich gedacht, „die paar Kilometer nach Hause gehen schon irgendwie“ und sei, wie er selbst sagt, rücksichtslos in sein Fahrzeug gestiegen. An den eigentlichen Unfall und den folgenden Helikopterflug habe S. keine Erinnerungen mehr. Erst als er im Krankenhaus aufgewacht sei, habe man ihn über das Geschehene aufgeklärt.

Das Urteil der Richterin

Vor Gericht beteuert der Angeklagte auf Fragen der Richterin immer wieder, dass der maßlose Alkoholgenuss am Abend des 10. März eine Ausnahme gewesen sei. Er habe von 2019 bis Juni 2022 sogar gar keinen Alkohol getrunken. „Das hatte gesundheitliche Gründe. Ich leider unter Schlafapnoe“, teilt er mit.

Nach etwa zwei Stunden Verhandlung verkündet Richterin Susanne Lämmlin-Dauch das Urteil: Zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung. Außerdem wird dem Angeklagten die Fahrerlaubnis für 18 Monate entzogen und er hat Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro an die Frau des Verstorbenen zu zahlen. Bis zum 30. Juni 2025 muss der Angeklagte dem Amtsgericht drei weitere Abstinenznachweise zukommen lassen.

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