Herr Lardino, Sie kennen das Rettungswesen im ganzen Land und waren kürzlich auch im Kreis Waldshut im Einsatz. Ist die Situation am Hochrhein besonders kritisch?

Ja, das Rettungswesen im Kreis Waldshut ist zwar durchaus funktionabel aufgestellt, problematisch ist aber aus meiner Sicht, dass es mit dem Klinikum Hochrhein nur einen Regelversorger im Kreis gibt. Die Krankenhauslandschaft ist im Vergleich zu anderen Regionen eine völlig andere und – um es vorsichtig zu formulieren – recht bescheiden.

Was haben Sie selbst als Notfallsanitäter erlebt?

Ich habe erlebt, dass sich Notaufnahmen und Intensivstationen der weiteren Region reihenweise aus dem Notfallwesen abgemeldet haben. Für den Rettungsdienst bedeutet das, dass wir für Patienten lange telefonieren müssen, um einen Platz zu finden. Hinzu kommen durch die weiten Entfernungen erhebliche Fahrzeiten, in denen die Kräfte dann gebunden sind.

Die Krankenhäuser leiden derzeit landes- und bundesweit unter der Überlastung, unter anderem durch eine Vielzahl von schweren Atemwegserkrankungen. Haben Sie als Rettungsdienstler Verständnis für die Situation der Spitäler?

Nur bedingt. Natürlich können die Krankenhäuser nichts für diese Extremsituation. Wir sitzen alle im selben Boot. Allerdings sollten wir uns in dieser Zeit der Mangelverwaltung nicht gegenseitig das Leben schwer machen.

Was muss sich aus Ihrer Sicht am dringendsten ändern?

Es braucht einen Filter, der schon früh die wirklich lebensbedrohlichen Fälle von weniger schweren Fällen unterscheiden kann. Wenn Sie heute den Rettungsdienst alarmieren, geht das genutzte Abfragesystem der Integrierten Leitstelle (oder Notrufzentrale) automatisch von einem Notfall aus und der Rettungswagen muss ausrücken. Die hausärztliche Notfallnummer der Kassenärztlichen Vereinigung sollte deshalb in die Leitstelle integriert werden, die mehr Kompetenz erhalten sollte, um über die geeignete Einsatzmaßnahme zu entscheiden.

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Das ist eine Organisationsfrage, die die Landespolitik lösen muss. Welches Verbesserungspotential sehen Sie am Hochrhein?

Durch die ausgedünnte Krankenhauslandschaft muss aus meiner Sicht ein Strukturplan für das Rettungswesen geschaffen werden, der nicht an der Kreisgrenze aufhört. Dazu müssen alle Beteiligten an einen Tisch. Auch die Schweiz muss besser in die Abläufe einbezogen werden. Was außerdem fehlt, ist ein Fahrdienst des hausärztlichen Bereitschaftsdiensts. Der Landkreis Waldshut ist einer der ganz wenigen Kreise, in denen es das nicht gibt. Viele Fälle, die eigentlich zum Hausarzt gehören, landen heute beim Rettungsdienst.

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