Es flattert und wuselt wieder in den Gärten der Region. Bienen und Hummeln schlürfen Nektar aus bunten Blüten, Vögel zwitschern und füttern ihren Nachwuchs und auch größere Wildtiere wie Füchse, Biber oder Eichhörnchen wagen sich hier und da aus ihrem Versteck.
Was einerseits ein beeindruckendes Naturschauspiel ist, kann aber auch für Probleme sorgen: „Weder das Miteinander der Menschen noch das Zusammenleben mit den ‚wilden‘ Nachbarn ist völlig konfliktfrei“, schreibt Landrat Martin Kistler in der Infobroschüre „Begegnungen mit wilden(?) Tieren im Landkreis Waldshut“. Die 65 Seiten umfassende Broschüre will praktische Empfehlungen geben, wie Probleme vermieden werden können.

Auch Hauke Schneider, Vorsitzender des Naturschutzbundes NABU Waldshut-Tiengen und Umgebung, kennt diese Konflikte: „Oft rufen und verzweifelte Bürger an, die Nester direkt am Haus haben“, sagt er, „wir suchen dann gemeinsam mit den Behörden und Betroffenen die bestmögliche Lösung für Mensch und Tier.“ Denn je nach Tierart sei das gar nicht so einfach: Es gibt jagdbare Tiere, weggelaufene Exoten und Haustiere, aber auch streng geschützte Arten, bei welchen das Entfernen von Nestern oder eine ungerechtfertigte Tiertötung strafbar bis hin zu Geld- und Freiheitsstrafen ist.
1. Was ist bei Wespen und Hornissen zu tun?
Zu den häufigsten Ärgernissen gehören laut Landratsamt und NABU Wespen- und Hornissennester. Aber Achtung: „Beide Arten sind geschützt, Hornissen stehen sogar unter besonderem Artenschutz“, sagt Landratsamt-Pressesprecher Tobias Herrmann, „ohne vernünftigen Grund dürfen die Tiere nicht getötet und ihre Nester nicht zerstört werden.“
Nisten Wespen im Rollladenkasten des Schlafzimmers oder auf dem Balkon, müsse man zum Beispiel nachweisen, dass eine Gefährdung der Bewohner vorliegt. „Bei Hornissen ist es besonders streng geregelt“, so Herrmann, „wenn eine Entfernung unumgänglich ist, muss eine Erlaubnis der Unteren Naturschutzbehörde eingeholt werden.“ Landratsamt und NABU beraten außerdem, welche Lösungen es für ein friedliches Miteinander geben kann. „Oft ist eine Nachbarschaft gut möglich“, sagt NABU-Vorsitzender Schneider, „im Winter kann das Nest dann ohne schlechtes Gewissen abgenommen werden, weil die Königin woanders, etwa unter einer Baumrinde, überwintert.“
2. Wie reagiert man bei Schlangen und Exoten richtig?
„Im letzten Jahr wurden wir drei Mal zu Einsätzen wegen Schlangen im Landkreis Waldshut gerufen“, sagt Polizei-Pressesprecher Mathias Albicker, „das macht der Bevölkerung natürlich Angst.“ Aber in den meisten Fällen kann Entwarnung gegeben werden: „Ein mal war es eine Spielzeugschlange, ein mal eine ungefährliche Ringelnatter und beim dritten Einsatz hatte das Tier schon wieder das Weite gesucht.“ Handele es sich um eine einheimische Art, wie die Ringelnatter oder Kreuzotter, bestünde kaum eine Gefahr.

Sei das Tier exotischer, etwa eine dicke Würgeschlange, die ausgebüchst ist, sollte man den Notruf wählen. „Spektakulär war außerdem eine große Wollhandkrabbe, die sich im letzten Jahr in eine Lauchringer Wohnung verirrt hatte“, so Albicker, „sie konnte eingefangen werden.“ Wissen Sie, dass sie eine Ringelnatter oder Kreuzotter im Garten haben und wollen Sie ein Zusammentreffen vermeiden? „Klatschen Sie [...] ruhig mal in die Hände und sprechen Sie laut“, rät die Wildtier-Broschüre, das helfe bei allen Wildtieren. Lassen Sie erst danach das Buddeln und Wühlen im Gartenbeet beginnen.
3. Was kann bei Vogelnester getan werden?
Hin und wieder wählen auch Vögel ihren Brutplatz auf Balkonen, Terrassen oder Fensterbrettern. Wie sollte man sich verhalten? „Den Platz in der ersten Reihe genießen – das ist eine einmalige Chance zur direkten Beobachtung“, rät Naturschützer Schneider, „in der Regel sind die Küken nach wenigen Wochen flügge und der Balkon steht wieder zur Verfügung.“ Entfernen darf man bewohnte Nester aufgrund des Naturschutzgesetzes nicht. Schwalbennester an Hauswänden müsse man sogar wieder aufhängen, wenn man sie zum Beispiel zum Verputzen der Hausfassade abnehmen musste. Bei Stadttauben sieht es anders aus, um die Population einzudämmen: „Sollten sich nur Eier und noch keine Jungtauben in dem Nest befinden, kann es entfernt werden“, sagt Herrmann vom Landratsamt, „danach sollte man den Platz für weitere Stadttauben unattraktiv machen – etwa durch bauliche Veränderungen, Netze oder Spikes.“ In Rücksprache mit der Stadt könne man alternativ auch die Eier durch Gipseier ersetzen.
4. Und wenn Biber Schäden anrichten?
Weil auch der Biber, zum Beispiel in Rhein- und Wutachnähe, immer wieder für Mensch-Tier-Konflikte sorgt, gibt es im Landkreis sogar eine offizielle Biberbeauftragte. „Das eindrücklichste Bibererlebnis, das ich je hatte, war ein total zerlegter Garten in Wutöschingen vor einigen Jahren“, erinnert sich Hauke Schneider vom NABU, „die Bewohner waren mehrere Wochen im Urlaub. Dann musste gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden.“
Denn auch die Bäume fällenden Biber seien streng geschützte Tiere, denen nichts angetan werden darf. Laut Landratsamt hilft Hasendraht im unteren Bereich der Baumstämme als vorbeugende Maßnahme. Wer am Wasser wohnt, sollte darüber nachdenken, um keine bösen Überraschungen zu erleben.
5. Was ist mit anderen Tieren?
Egal ob Jungtier oder ausgewachsenes Exemplar von Füchsen, Rehen, Wildschweinen oder anderen Wald- und Wiesenbewohnern – es gilt: Wildtiere nicht berühren, nicht füttern und auf keinen Fall mitnehmen. Stattdessen besser Abstand halten und sich am Anblick erfreuen. „Selbst wenn Sie ein Tier finden, das aus Ihrer Sicht Hilfe braucht, berühren Sie es bitte nicht“, heißt es in der Landratsamt-Broschüre. Im Zweifelsfall solle man den zuständigen Ansprechpartner anrufen und die Situation beschreiben.
6. Was empfiehlt der Experte?
Hauke Schneider ist Vorsitzender des Naturschutzbundes NABU Waldshut-Tiengen und Umgebung. Im Interview gibt er Tipps für eine friedliche Nachbarschaft mit Wildtieren.
7. Wo gibt es Rat und Informationen?
Kontakte: Wer direkt von einem Wildtier-Konflikt betroffen ist, kann sich zunächst an seine eigene Gemeinde als Ortspolizeibehörde wenden. Auch der Nabu Waldshut-Tiengen kann über die Internetseite (www.nabu-waldshut-tiengen.de) kontaktiert werden. Je nach Tierart ist die Höhere Naturschutzbehörde, die Untere Naturschutzbehörde, das Veterinäramt oder die untere Jagdbehörde zuständig. Gemeinden, Polizei und Nabu wissen, was zu tun ist und können den richtigen Ansprechpartner vermitteln.
Für Anfragen zu Fledermäusen und Bibern kann Bettina Sättele (Telefonnummer 07743/933 36 92 12, E-Mail: saettele-biberfragen@t-online.de) als „Biberbeauftragte“ Auskunft geben, bei Igeln hilft die Igelstation Lottstetten (Telefonnummer 07745/71 67) weiter, auf Greifvögel ist das Wildgehege Waldshut (Telefonnummer 07751/83 31 05) spezialisiert.
Info-Material: Die Broschüre „Begegnungen mit wilden(?) Tieren im Landkreis Waldshut“ (2018) kann schriftlich oder telefonisch beim Kreisforstamt unter Telefonnummer 07751/863301 bestellt oder im Internet heruntergeladen werden: www.landkreis-waldshut.de
Dieser Artikel wurde erstmals am 14. Juni 2021 veröffentlicht.