14 Interessenten waren kürzlich ins Amtsgericht Waldshut gekommen. Die meisten von ihnen ziemlich jung. Sie alle möchten gerne ein neues Eigenheim. Ein Zweifamilienhaus in Hohentengen soll es sein. Doch nicht nur einfach so per Kaufvertrag, sondern per Gebot.
Immer mehr Menschen ersteigern sich ihr Haus. Dabei ist dieser Weg an ein Eigenheim zu gelangen, schon lange nicht mehr der unbedingt günstigste. Aber immerhin ist es eine weitere Chance auf dem raren Immobilienmarkt überhaupt an ein eigenes Zuhause zu kommen.
Gebote sollen heute für ein Zweifamilienhaus in Hohentengen abgegeben werden. 830 Quadratmeter Grundstück. Baujahr unbekannt. „Irgendwann vor 1900“, sagt Rechtspflegerin Sabrina Exner, die die Versteigerung leitet. Eine Sanierung werde notwendig sein. Mieter, die übernommen werden müssten, gibt es nicht.

Es ist eine Teilungsversteigerung, das heißt, dass sich die vier Erben nicht über die weitere Verwendung des Hauses einigen konnten. Sie sind heute nicht anwesend.
260.000 Euro Verkehrswert hat der Gutachter zuvor festgelegt. Ob das Haus dieses Geld wert ist, kann man eigentlich kaum sagen. Denn: Keiner der Interessenten hat das Haus zuvor von innen gesehen. „Das ist eigentlich die Regel“, erklärt Exner.
Grundschulden seien keine mehr vorhanden und auch andere Rechte müsse der Ersteher nicht übernehmen, informiert die Rechtspflegerin vor Beginn der Versteigerung. Bei einem Endgebot von unter 130.000 Euro müsse sie von Amtswegen den Zuschlag versagen und das Mindestgebot muss bei der Höhe der Gerichtskosten von 12.247 Euro liegen, damit es gültig sei.
Fast eine halbe Stunde Stille im Gerichtssaal
„Überlegen Sie gut, ob Sie bieten, wie Sie bieten, Gebote sind bindend und können nicht wieder zurückgenommen werden“, rät Exner noch bevor sie zu Abgaben von Geboten auffordert. Dann geht es endlich los.
Oder doch nicht? Die Bieterzeit dauert mindestens 30 Minuten und so lange bis keine Gebote mehr kommen. Alle sitzen da und warten einfach nur. Stille im Gerichtssaal. „Sie müssen nicht bis zur 25. Minute warten“, sagt Exner nochmal. Doch weiterhin Ruhe.

Ist das normal? „Es herrscht der Irrglaube, dass es taktisch klug sei, zu warten“, erklärt Exner später im Gespräch mit dem SÜDKURIER. „Es will keiner den Anfang machen. Dabei bringt das gar nichts.“ Schließlich sei das Gebot entscheidend und nicht, wann es abgegeben wurde. „Das war heute sehr zäh.“
Dann geht es Schlag auf Schlag
Tatsächlich kommt erst nach knapp einer halben Stunde eine Dame mit ihrem Ausweis nach vorne, um das erste Gebot abzugeben: 130.000 Euro.

Dann geht es Schlag auf Schlag. Ein junges Pärchen bietet als Nächstes und geht mit der Dame ins Bieterduell. Anfangs bietet die Dame in kleineren, das Pärchen in größeren Schritten.
Wie groß diese Schritte sind, ist übrigens nicht festgelegt. Theoretisch könnte man auch immer nur einen Cent mehr bieten. Doch heute geht es meist mit mehreren Tausendern zum nächsten Gebot. Bei 196.500 Euro steigt das junge Pärchen aus. Ihr Limit scheint erreicht.
„Sie sind nun Eigentümer“
Doch das Duell geht weiter. Denn ein dritter Bieter schaltet sich ein und bietet nun gegen die Dame um das Eigenheim. Er macht es spannend, gibt öfters erst dann ein Gebot ab, wenn die Rechtspflegerin schon „zum Ersten, zum Zweiten...“, ruft.
Beide zeigen sich kämpferisch. In Tausenderschritten steigt der Preis für das Haus, schon bald ist der Verkehrswert erreicht. Nach über 90 Geboten ist es dann soweit: Er bietet 265.000 Euro. „Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten“, ruft Rechtspflegerin Exner.
Einen Hammer hat sie – entgegen aller Klischees – übrigens nicht in der Hand. Für die ehrgeizige Dame ist das Limit erreicht. Sie bleibt nun still, aber mit enttäuschtem Gesicht. „Jetzt sind Sie Eigentümer“, sagt Exner zum 36-jährigen Bieter, der in der Schweiz lebt. Seinen Namen möchte er nicht nennen.
Innerhalb von acht Wochen muss der neue Eigentümer den Kaufpreis bezahlen. Auch die Gerichtskosten und den Eintrag beim Grundbuchamt gehen auf seine Rechnung. Mit jedem Tag, den er früher zahlt, spart er sich Zinsen.

Schon in den nächsten Tagen bekommt der 36-jährige den Schlüssel überreicht. Das Gericht stellt den Kontakt zwischen bisherigem und neuem Eigentümer her. Mit dem Zuschlag ist er sofort Eigentümer und übernimmt auch die Pflichten, etwa die Verkehrssicherungspflicht des Grundstücks.
Ein Schnäppchen?
„Ehrlich gesagt, hätte ich gedacht, dass für das Haus mehr geboten wird“, sagt Rechtspflegerin Exner. Meist lägen die Endgebote weit über dem Verkehrswert. „Es ist oft so, dass die Leute sich bei einer Versteigerung die Hoffnung auf ein Schnäppchen machen, doch diese Zeit ist vorbei.“

Aber Zwangsversteigerungen – vor allem Teilungsversteigerungen werden immer mehr und seien deshalb für viele eine weitere Möglichkeit, überhaupt ein Eigenheim zu bekommen.
Zwei Ratschläge gibt Exner Interessenten von Immobilien mit auf den Weg: Wer sein Haus bei einer Zwangsversteigerung erstehen möchte, sollte vorher schon zu einer anderen Versteigerung kommen, um den Ablauf zu kennen. „Die Versteigerungen sind öffentlich“, so Exner. Und: „Jeder sollte sich zuvor ein Maximalgebot überlegen und dieses auch unbedingt einhalten.“
Die wichtigsten Tipps für Bieter bei Zwangsversteigerungen, und was es alles zu beachten gibt, haben wir hier für Sie zusammengestellt: