Frau Hugon, seit wann sind Sie beim KIT und warum haben sie sich für dieses besondere Ehrenamt entschieden?

Vor zwölf Jahren bin ich dazu gekommen. Ein eigenes Erlebnis gab den Ausschlag. Dabei habe ich gespürt, wie wichtig es sein kann, wenn man in der Not nicht allein ist. Eine Arbeitskollegin hat mir vom KIT erzählt, das hat mich sehr interessiert. Bald hatte ich ein erstes Gespräch beim DRK und schnell gemerkt, dass mein Herz dahin gehört.

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Welche Voraussetzungen müssen Sie mitbringen, immerhin handelt es sich bei Ihren Einsätzen um Extremsituationen?

Nächstenliebe und Empathie sind sehr, sehr wichtig. Man braucht eine stabile Persönlichkeit, muss sich sofort in andere Menschen hineinversetzen können, die Lage überschauen und spüren, wo man mit der Hilfe ansetzen muss. Natürlich werden wir entsprechend geschult. Als erstes habe ich eine halbjährige Ausbildung beim DRK Freiburg absolviert. Ansonsten gibt es regelmäßige Workshops, Supervision und wir nehmen auch an Übungen teil. Außerdem findet alle vier Wochen ein Team-Treffen statt, bei dem Einsätze nachbesprochen werden. Und es gibt regelmäßig neue Themenabende. Bei den Workshops habe ich gelernt, mich selbst zu reflektieren und wie ich belastende Erfahrungen nicht ein Leben lang mit mir rumschleppen muss.

Heike Hugon engagiert sich ehrenamtlich beim Kriseninterventionsteam des DRK-Kreisverbandes Lörrach
Heike Hugon engagiert sich ehrenamtlich beim Kriseninterventionsteam des DRK-Kreisverbandes Lörrach | Bild: Claudia Gempp

Bei welchen Einsätzen werden Sie dazu gerufen?

Bei Verkehrsunfällen, häuslicher Gewalt, Suizid, plötzlichem Kindstod, einfach alles, was im täglichen Leben passieren kann. Es kann auch eine Lebenskrise sein, Vermisste suchen oder ein Großschadensereignis wie 2010 der Amoklauf im Elisabethenkrankenhaus Lörrach.

Gibt es Einsätze, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?

Ja, sogar viele, vor allem solche, die mit Kindern zu tun haben. Da ich selbst Mutter und Oma bin, geht einem das schon sehr nahe. Manche der Schicksale nehmen vorher schon ihren Lauf, und das zu verstehen, ist oft nicht einfach.

Wie werden Sie gerufen und was wird vor Ort verlangt?

Die Leitstelle alarmiert mich über das Handy. Dann steht es mir frei, zu sagen, ob ich Zeit habe. Wenn ja, bekomme ich am Telefon die ersten Informationen. Dann ziehe ich die Uniform an, befestige mein Namenskärtchen und fahre los. Vor Ort bin ich einfach nur für die Betroffenen da, spreche mit ihnen und schütze, wenn nötig auch die ganze Familie oder gebe Hilfestellung bei anstehenden Fragen. Es kommt auch vor, dass wir die Polizei bei der Überbringung einer Todesnachricht begleiten. Genauso entlasten wir die Kripo, den Notarzt und alle, die mit der Rettung zu tun haben. Neben diesen Aufgaben unterstützt das KIT auch den Verein „Paulinchen-Initiative für brandverletzte Kinder“ am Elisabethenkrankenhaus Lörrach. Auf jeden Fall habe ich im Team viele tolle Menschen an meiner Seite.

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Erstreckt sich der Kontakt zu Betroffenen und Ihre Hilfe auch auf die Zeit nach dem Unglück?

Manchmal gibt es einen Folgeeinsatz. Das eine oder andere kann auch telefonisch geklärt werden, etwa wenn Leute etwas nachfragen, was ich schon erklärt habe, im Moment der Trauersituation jedoch verloren gegangen ist. Ansonsten ist unser Einsatz eine kurzfristige Begleitung in einer akuten Krisensituation. Wir bekommen danach viele positive Rückmeldungen und hören oft den Satz „Schön, dass es Euch gibt“.

Wie gehen Sie mit diesen belastenden Erfahrungen um, können Sie immer gleich abschalten?

Grundsätzlich bin ich eine Frohnatur, trotzdem ist meine Aufgabe beim KIT nicht leicht, aber ich habe mich ja ganz bewusst dafür entscheiden für die Betroffenen da zu sein. Um alles besser zu verarbeiten habe ich ein „Sternenbuch“ angelegt. Darin reflektiere ich in wenigen Sätzen das Erlebte. Einen weiteren Weg habe ich im kreativen Bereich gefunden. Außerdem bietet mir meine Selbstständigkeit in meinem Café viele schöne Begegnungen und Momente und kurze Auszeiten genieße ich am Lago Maggiore. Man muss auf jeden Fall etwas machen, um seine eigenen Bedürfnisse wieder zurückzuholen.

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