Horatio Gollin

Beate und Norbert Dietrich aus Rheinfelden mussten auf ihre Genesung von Covid-19 warten – noch bevor im Frühjahr der Lockdown ausgerufen wurde. Nach ihrem Urlaub in Südtirol infizierten sich Beate und Norbert Dietrich aus Rheinfelden mit dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2). Anfang März waren sie für zehn Tage zum Langlaufen dorthin gefahren. Die Corona-Pandemie war zu dieser Zeit in Deutschland noch kein allzu großes Thema. „Wir sind ganz unbeschwert dahin gefahren“, sagt Norbert Dietrich.

In Südtirol hätten sie eine schöne Zeit verbracht, bis zwei Tage vor der Abreise plötzlich die Skilifte geschlossen wurden. Die Rückfahrt traten sie wie geplant an – und nahmen im Auto noch zwei junge Frauen aus Schwerin mit, erzählt das Ehepaar. Die beiden Frauen hätten nicht gewusst, wie sie die Rückreise antreten sollten. „Vermutlich haben wir uns bei den jungen Damen angesteckt, die eine hat sehr geschnieft“, sagt Beate Dietrich. Ihr Ehemann ergänzt: „Aber wir wissen nicht, wo wir uns angesteckt haben.“ Da das Gesundheitsministerium eine entsprechende Empfehlung für Rückkehrer aus Südtirol gemacht hatte, begaben sich die Dietrichs noch symptomfrei freiwillig in Quarantäne, als sie wieder zu Hause waren. „Am fünften Tag nach unserer Rückkehr ging es los. Da hat mir der Wein nicht geschmeckt“, sagt er. Seine Frau habe schon am Tag davor nichts mehr schmecken können. „Wir wussten nicht, dass das ein Zeichen für Corona ist, aber es ist uns aufgefallen.“

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Einen Tag später sei bei ihr Fieber ausgebrochen, beide bekamen Husten. Sie kontaktierten ihren Hausarzt. Bis das Ergebnis des Abstrichs vorlag, mussten die Beiden aber eine ganze Weile warten. „Dann kam der Anruf des Gesundheitsamtes, dass meine Frau positiv getestet wurde“, sagt er. Verordnet wurden mindestens zehn Tage Quarantäne und vor Quarantäne-Ende mindestens drei beschwerdefreie Tage.

Unterschiedlich krank

„Ich habe nichts gespürt hatte und einen ganz milden Verlauf“, sagt der 68-Jährige. Seine Frau habe die Krankheit schlimmer erwischt. Neben Husten und Fieber bis 39 Grad litt die 65-Jährige unter Herpes, Hautjucken und Kopfschmerzen. Von Atemnot blieben beide verschont, sagen sie. Die Symptome dauerten an, vor allem der Husten hörte nicht auf und das Fieber wollte für Tage nicht zurückgehen. Zumindest hatten sie die Gewissheit, dass sie aufgrund ihrer freiwilligen Quarantäne niemanden angesteckt hatten.

Drei Wochen Quarantäne

Für insgesamt drei Wochen blieben die Dietrichs in Quarantäne. Nachbarn und Freunde versorgten sie mit Einkäufen, Zeitschriften, Leckereien und fertig gekochtem Essen. Durch ihren verglasten Wintergarten konnten sie Kontakt mit den Nachbarn halten, erzählen die Beiden. Die Buchhandlung Merkel habe direkt ans Haus eine Bücherbestellung geliefert, mit der das Paar das Warten auf die Genesung überbrückte.

Anderes Zeitgefühl

Mit dem schweren Verlauf hatte Beate Dietrich vor allem aber mit sich selbst zu tun – aus dem Haus gehen habe sie gar nicht gewollt. „Das hat sich so wahnsinnig hingezogen“, sagt sie. Morgens habe sie gedacht, es wird besser, und abends wurde es dann wieder schlimmer. „Wenn man krank ist, hat man ein anderes Zeitgefühl, da ist man froh, wenn es einem gerade mal gut geht“, sagt Beate Dietrich. Ihr Mann habe sie „irgendwann regelrecht gedrängt, wieder gesund zu werden.“ Norbert Dietrich sagt: „Mit der Zeit wird man unleidlich, wenn der Genesungsprozess keine Fortschritte macht.“

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Ihm sei die häusliche Isolation schwerer gefallen als ihr. „Mir wurde es bald langweilig“, sagt Norbert Dietrich. „Ich habe alles, was im Haus möglich war, gemacht“, erinnert sich Dietrich. Das Warten habe er auf dem Ergometer, beim Klavierspielen, mit Lesen und dem Lösen von Kreuzworträtseln verbracht. Aber beide seien sie froh gewesen, als das Fieber nach zwölf Tagen endlich verschwand und die Quarantäne schließlich endete. Da galt dann aber schon der Frühjahrs-Lockdown. Statt Freunde und Bekannte wieder treffen zu können, fehlten den Beiden immer noch die Kontakte.

Wie Aussätzige

„Das erste Mal Einkaufen mit Mundschutz war ein ganz komisches Gefühl, auch das Abstandhalten“, erzählt sie. Beide spürten auch, dass sich andere von ihnen zunächst noch fernhielten. „Man hat Hemmungen gespürt, uns näher zu kommen. Wir waren ein bisschen wie Aussätzige“, sagt er. Dafür hatten sie aber Verständnis und erachteten das nicht als böswillig, sagen sie. „Wir haben danach auch nicht gesagt, wir sind immun, sondern haben uns an die gleichen Regeln wie alle gehalten“, erklärt er. Auf die vollständige Genesung musste Beate Dietrich allerdings noch ein paar Wochen länger warten. „Wir wollten eine Wanderung machen und da habe ich gemerkt, dass ich noch nicht fit bin. Das hat noch mal lange gedauert“, sagt sie.