Die neue Heimat am See ist dem gebürtigen Konstanzer gut vertraut. Doch der heute 58-jährige Theologe fühlt sich Rheinfelden auch noch verbunden: „Ich war super gerne in Rheinfelden, aber es ist auch schön hier.“ Im März musizierte er zuletzt mit dem Gitarristen Stefan Nottbrock in der Minsler Kirche. Doch die Besuche am Hochrhein sind rar geworden. 16 Jahre haben Andreas Bücklein und seine Frau, Pfarrerin Regine Klusmann, mit Familie im Pfarrhaus der Paulusgemeinde verbracht. Gerne erinnert sich Bücklein daran. Durch ihre vier Kinder ergaben sich viele Kontakte in der Stadt. Es war die Zeit, als Atempause-Gottesdienste als Gemeindeangebot eingeführt wurden.

Im Pfarrhaus des Dekanats Überlingen-Stockach, in dem Regine Klusmann zur Dekanin gewählt wurde, gibt es das Kinderlachen nicht mehr, dafür mehr persönliche Freiheit. Die „guten Kontakte“ in der Familie bestehen aber weiterhin. Hannah, die Älteste hat, wie ihr Bruder Paul, nach dem Abitur Psychologie studiert. Beide leben in Berlin. Auch die Söhne Lukas und Noah sind nicht mehr daheim.

Beruflich ist kein Kind in die Fußstapfen der Eltern getreten. Bücklein kann es verstehen: „Psychologie ist nicht so weit weg von Theologie.“ Er weiß aus Erfahrung, dass „die Theologie früher einen anderen Stellenwert“ hatte. Heute müsse sich ein Pfarrer „ganz gegen den Wind stellen“. Der Zeitgeist zeige sich auch in den Statistiken mit weniger Kirchensteuer und mehr Austritten. „Das ist manchmal deprimierend“, räumt er ein. Aber Bückleins Sache ist es eher, Möglichkeiten zu suchen und zu nutzen. „Die Liebe zum Unterrichten ist geblieben“, betont er mit Blick auf die Arbeit mit Jugendlichen.

In seinen 16 Jahren in Rheinfelden hat sich seine Stelle noch hälftig in Unterricht und Gemeinde (Konfirmandenarbeit) aufgeteilt. Jetzt unterrichtet Bücklein fast ausschließlich. Nach wie vor macht ihm Konfirmandenarbeit Freude. Dabei unterscheidet sich die Situation eines evangelischen Pfarrers im Dekanat Überlingen-Stockach von der in Rheinfelden. Die Protestanten sind in der Diaspora. Ökumene sei deshalb wichtig.

Wo liegen die großen Unterschiede zwischen Überlingen und Rheinfelden im Alltagsleben? Am Bodensee gebe es im Sommer mehr Touristen, sagt Bücklein. An der Arbeiterstadt Rheinfelden habe ihm stets gefallen, dass die Menschen „bodenständig sind und mit beiden Beinen in der Wirklichkeit stehen“. Die Strukturen in Überlingen sehen anders aus. Hier lebe im Schnitt eine ältere, wohlhabende Gesellschaft. Rheinfelden bleibt ihm jedenfalls als Zeit der „immer guten Begegnungen“ und sinnvoller Gremienarbeit in Erinnerung. Ein paar Kontakte sind trotz des Wechsels geblieben. Dazu gehört die Verbindung zu Kirchenmusikdirektor Rainer Marbach. Das kirchenmusikalische Leben in Rheinfelden wirkt bei Bücklein angenehm nach. Und die Osternachtsfeier in Beuggen sei ein Highlight gewesen. Rheinfelden ohne Schloss Beuggen ist für ihn unvorstellbar. Insgesamt habe es ein großes Netzwerk an Engagierten gegeben, die Kirche modern und freundlich gestalten wollten. Ein bis zweimal im Jahr führt ihn der Weg noch nach Rheinfelden, etwa wenn er Musik macht.

Durch die Corona-Jahre wurde dies weniger. Zuvor hatte Andreas Bücklein etwa zehn Auftritte im Jahr, inzwischen sind es höchstens vier. Die Zeit ist nicht stehengeblieben, Gesellschaft verändert sich. Trotzdem bleibt Bücklein positiv gestimmt. Wenn er Lieder für die Gitarre schreibt, „sollen es noch immer lebensbejahende Texte“ sein. An Aufnahmen auf CD kam nicht mehr viel dazu. Im Jahr 2014 erschien „Nur so“. Und zur Landesgartenschau in Überlingen hat Bücklein Material zu „Wasserliedern“ zusammengefasst. Für ihn ist „das Zeitalter der CD durch“. Der Verkauf decke die Produktionskosten nicht. Deshalb spielt und singt er live.

Seine gesellschaftlichen Betrachtungen lassen sozialkritische Töne anklingen. Er beobachtet eine Überflussgesellschaft, „die uns nicht glücklicher und gerechter“ macht. Bücklein macht sich auch Gedanken über den sozialen Frieden, denn insgesamt sei „genug Geld in der Welt“.

In der Schule und im Konfirmationsunterricht möchte er aber dazu beitragen, dass Jugendliche durch Religion „Energie bekommen und nicht nur das Fach abhaken“. Wichtige Themen wie Klimawandel und Artenvielfalt machen ihm Sorge. „Manchmal geht mir das zu langsam“, sagt er. Unlängst habe er ein Aha-Erlebnis gehabt, als er durch den Nollinger Wald lief. Die Wege, die er von früher kannte, gab es nicht mehr – wegen der Autobahn.