Rheinfelden – „Noch nie“, sagt Thomas Grießl, „haben wir uns davon abhalten lassen, einen Narrenbaum aus dem Wald zu holen“. Regen, Sturm, Schnee, Glatteis – Grießl, der Chef der Narrenbaumsteller der Schmugglergilde Warmbach, überblickt 23 aktive Jahre und erinnert sich an ein extremes Jahr mit minus 14 Grad Celsius: „Damals mussten wir fünf Bäume fällen, weil es so gefroren hatte, dass sie beim Aufprall auf dem Boden zerbrachen.“ Widriges Wetter war kein Thema am vergangenen Samstag, als die zwölf Männer im Nollinger Wald hinter dem Krankenhaus die Narrenbäume schlugen – einen für Warmbach, den sie gestern in Warmbach aufstellten, einen für Rheinfelden, den sie am Samstag um 11.11 Uhr auf dem Oberrheinplatz aufrichten. Keiner der Narrenbaumsteller hat eine Forstausbildung. Einige sind Feuerwehrleute und haben den Führerschein für die Motorsäge. Dietmar Widmer ist mit 40 Jahren der Dienstälteste. Er achtet darauf, dass alle Handgriffe sitzen und sich niemand in Gefahr begibt.

Die Männer fällen den Baum: Eine Gruppe zieht mit einem Spanngurt am Baum; die andere drückt von der Gegenseite. Die Motorsäge am Stamm setzt Chef Grießl immer selbst an. Der Baum fällt in die gewünschte Richtung auf den Weg. Doch die Narrenbaumsteller haben etwas Pech: Bereits das zweite Mal bricht der Stamm beim Aufprall entzwei – auch wenn es nicht gefroren hat.

Den ersten Baum, den Narrenbaum für Rheinfelden, haben die Kollegen bereits mit dem Traktor in den Werkhof gebracht. Die Narrenbaumsteller, die vor Ort blieben, mussten allerdings auf sie warten, weil jene aus Versehen das Benzin für die Motorsäge mitgenommen hatten. Der kameradschaftliche Spott der anderen ist ihnen sicher. Überhaupt fliegen genug mehr oder weniger derbe Sprüche hin und her, dass sie einen dritten Zunftabend füllen könnten. Die Pause nutzt Grießl für eine wichtige Mitteilung: Soeben sei daheim das Schreiben des Amtsgerichts angekommen, das die Gründung des eingetragenen Vereins „Narrenbaumsteller Warmbach“ bestätigt. Im Dezember hatte Grießl die Gründung beantragt. Einen wirklichen Grund gab es nicht, die bisher lose Gruppe der Warmbacher Narrenbaumsteller als Verein zu konstituieren, wie Grießl zugibt. Er bringe weder finanzielle noch versicherungstechnische Vorteile.

Doch die Warmbacher Narrenbaumsteller wollten es so, um ihre Tradition zu festigen. „Dieses Jahr gibt es die Schmugglergilde seit 75 Jahren; seit 75 Jahren stellen wir den Narrenbaum“, sagt Grießl stolz. Die Narrenbaumsteller haben sich auch eine Vereinskleidung nach Art der Zimmermannszunft zugelegt. Das Logo auf dem Rücken der Westen nimmt die vier Wellen aus dem Warmbacher Wappen auf, unterlegt mit der Ortsangabe „Warmbach am Rhy“.

Beim vierten Versuch suchen sich Grießl und seine Männer für die Fallrichtung eine Lücke zwischen den Bäumen im Wald; und diesmal geht alles gut. Noch am Platz entfernen die Männer die Äste; nur ganz oben an der Spitze bleiben sie stehen. Alle zwölf Männer müssen jetzt anpacken, wenn sie den Baum, immer zu zweit einer links und einer rechts an einem Gurt, auf den Waldweg tragen. Der Stamm wird auf den Anhänger und Nachläufer aufgesetzt und mit dem Schäleisen entrindet. Diesen zweiten Baum werden die Schmuggler nach Warmbach fahren und direkt bei der Feuerwehr deponieren. Nun gibt es aber erst einmal Fleischkäsweckli zum Vesper; nach getaner Arbeit darf jetzt auch das erste Bier getrunken werden.

Auch als Verein werden zukünftig nur Männer bei den Warmbacher Narrenbaumstellern zugelassen. Das stelle niemand in Frage. Die Generationenfolge ist sichergestellt: Der jüngste Narrenbaumsteller ist Matteo Grießl mit 24 Jahren. Er ging zum ersten Mal als 16-Jähriger mit Vater Thomas in den Wald. Kevin Trüby ist 29 Jahre alt, aber erst seit dem vergangenen Jahr bei den Narrenbaumstellern dabei. Trüby ist gebürtiger Warmbacher und kam über die Feuerwehr in den Freundeskreis. Für Kevin Trüby war es eine große Ehre, Mitglied zu werden: „Von allen Cliquen in Rheinfelden dürfen nur wir Schmuggler den Narrenbaum für die ganze Stadt holen.“

Der Termin: Der Narrenbaum in Rheinfelden wird am morgigen Samstag, 3. Februar, um 11.11 Uhr auf dem Oberrheinplatz gestellt.