Rheinfelden An einer der Hauptverkehrsachsen in Rheinfelden geht mitten im Feierabendverkehr an diesem Abend nichts mehr. Die Galerie Äußerer Ring ist gesperrt. Seit etwa 18¦Uhr blockieren rot-weiße Baken die Einfahrten. Aus dem offenen Tunnel blinkt das Blaulicht mehrerer Feuerwehrautos. Alarmstufe B¦4 – Feuer im Tunnel. Diesen Ernstfall proben dort die Einsatzkräfte der Feuerwehrabteilung Rheinfelden Stadt. „Es geht darum, im Notfall schnell und routiniert reagieren zu können“, sagt Abteilungs-Kommandant Florian Johner. Löschen und Retten stehen auf dem Übungsplan.
„Weiter Vorrücken!“ Hinter den schwarzen Schutzmasken sind die Stimmen der Feuerwehrleute der Einsatzgruppe Zwei nur gedämpft zu hören. Auf dem Rücken tragen die fünf Männer ihre Lebensversicherung: Atemschutzgeräte, mit zwei Luftflaschen ausgestattet – um die 20¦Kilogramm schwer. Bis zu 60¦Minuten liefern sie Luft. In den Händen halten die Männer Löschschläuche. Meter um Meter wagen sie sich weiter in die Galerie vor. Jeweils zu zweit müssen sie anpacken, um das Wasser in die gewünschte Richtung zu lenken. „Löschen im Tunnel ist knochenhart“, sagt Florian Johner, der das Geschehen aus sicherer Entfernung beobachtet. Die Wege sind lang, die Sicht schlecht. Und die Hitze am Brandherd wird schnell sehr hoch.
Rund 40 Feuerwehrleute werden an diesem Abend in der Galerie geschult. Aus gutem Grund. Mit der Zusammenlegung der Feuerwehrabteilungen im vergangenen Jahr gehören zum Einsatzgebiet der neuen Abteilung Rheinfelden Stadt gleich zwei Autobahntunnel – der Herrschaftsbucktunnel (knapp 500¦Meter lang) und der Nollinger Bergtunnel (etwa 1,3¦Kilometer lang). Die Galerie bietet realistische Bedingungen, Lösch- und Rettungsarbeiten im Tunnel zu simulieren – die Autobahnen können nicht so einfach für Übungszwecke gesperrt werden. Gesamtkommandant David Sommer hat bei der Stadtverwaltung das Okay für die Sperrung eingeholt.
Im Tunnelinnern ist es dunkel, einzig das blaue Licht eines Einsatzfahrzeuges reflektiert von den nassen Tunnelwänden. Der Löschtrupp beginnt, das brennende Fahrzeug anzugreifen, der Kleintransporter steht quer auf der Fahrbahn. Über das Tosen des Wassers ist kein Wort zu hören. Konzentriert gehen die Feuerwehrleute unter Anleitung ihrer Kameraden vor. Diese haben sich eigens in der Schweiz fortbilden lassen und geben ihr Wissen nun weiter. Lodernde Flammen schießen nicht aus dem Kleintransporter. Stattdessen tanzen kleine LED-Leuchten in rot und orange um die Karosserie. Egal, Hauptsache, die Abläufe werden gemeinsam geprobt. Nach wenigen Minuten können die Kameraden die Schläuche wieder aufrollen und ihre Masken abnehmen. „Zeit für Spaß und dumme Sprüche ist dann in der Pause. Das muss auch sein, bei dieser anstrengenden Arbeit“, sagt Johner. Belegte Brötchen stehen auch schon bereit.
Beide Löschfahrzeuge der Wehr sind im Einsatz, sie würden auch im Ernstfall alarmiert. Außerdem bekämen die Rheinfelder Unterstützung aus Degerfelden, Eichsel, Adelhausen, Lörrach und von den Kollegen aus der Schweiz. Das Löschen ist bei Einsätzen im Tunnel immer erstes Ziel der Feuerwehr. Denn die enorme Hitze greift schnell den Beton der Wände und Decken an – im Schlimmsten Fall droht die Röhre dann einzustürzen. Deswegen werden die Decken und Wände systematisch mit Wasser gekühlt.
Erst im zweiten Schritt geht es an die Rettung. Nicht unbedingt intuitiv für die Feuerwehrleute, normalerweise steht das Retten von Menschen für sie an erster Stelle. Entsprechend muss dieses Vorgehen regelmäßig aufgefrischt und neue Kollegen müssen instruiert werden. Etwa alle zwei Jahre kann die Rheinfelder Wehr für den unterirdischen Ernstfall üben. Florian Johner selbst hat schon erlebt, wie brenzlig unterirdische Einsätze werden können. Die Sicht geht schnell gegen null, weil der Rauch nicht entweichen kann. „Bei einem Einsatz in einer Tiefgarage konnte ich die Hand vor Augen nicht mehr sehen“, erinnert sich der Kommandant. „Wenn ich da die Orientierung verliere, kann das das Todesurteil sein.“ Bei der Übung in der Galerie blockieren blaue Sichtschutze statt dicker Rauch die Visiere der Kameraden. Die Männer der Einsatzgruppe haben inzwischen den Löschschlauch gegen lange Suchstöcke und fahrbare Tragen getauscht.
Systematisch durchkämmen die Männer den Tunnel auf der Suche nach Verletzten. In einer Reihe, damit ihnen nichts entgeht. „Ich hab‘ etwas.“ Unter einem Auto zieht einer von ihnen ein Unfallopfer hervor. Ein Dummy, 80 Kilogramm schwer. Er muss, so schnell es geht, aus der Gefahrenzone gebracht werden. Im Ernstfall kann eine Rauchvergiftung schon nach wenigen Minuten tödlich sein. In diesem Fall reicht es, ihn beiseitezulegen.
Rund vier Stunden ist die Galerie an diesem Abend gesperrt, bis alle Einsatzgruppen im Tunnel geübt haben. Gegen 22¦Uhr rollt der Verkehr wieder. Kommandant Johner hofft auf Verständnis der Bürger. Das lasse auch bei tatsächlichen Einsätzen immer öfter zu wünschen übrig. Sein Fazit ist positiv: „Es wurde konzentriert und gut mitgearbeitet und unsere Leute haben trotz der Anstrengung etwas mitgenommen.“