St. Blasien – Der Choir of Clare College Cambridge brachte mit seinem Programm, das die Feier des Lichts des Sterns von Bethlehem zum Thema hatte, weihnachtliche Stimmung in den voll besetzten St. Blasier Dom. Mit Liedern aus Deutschland, England, Estland, Italien und Norwegen, die Maria und ihre Niederkunft im Stall besangen, reisten die Sänger auf ihre ganz eigene, faszinierende Weise durch die Jahrhunderte und ließen dabei tatsächlich ein Licht aufscheinen, das die Herzen der Zuhörer unweigerlich direkt zum Weihnachtswunder führte.
Die jungen Leute dieses von Graham Ross geleiteten gemischten Studentenchores nutzten nicht nur alle erdenklichen Möglichkeiten der Aufstellung und damit der besonderen Akustik im Dom, sie bevorzugten grundsätzlich eine weitreichende Durchmischung der Stimmlagen, was dem Chorklang einen ganz besonderen Reiz verleiht. Beim einleitenden Wechselgesang nach Palestrina etwa stand ein einzelner Sänger vor dem Altar, während die übrigen Stimmen verteilt im hinteren Teil des Domes standen, bei Arvo Pärts „Morning Star“ bildeten sie einen großen Kreis um die Zuhörer in der Rotunde, und bei Benjamin Brittens „Hymn To The Virgin“ wurden die lateinischen Textteile quasi echoartig von einem vierköpfigen Extrachor aus dem Hintergrund gesungen. Auffallend sind bei diesem Chor auch die ausgesprochen differenzierten Stimmeinsätze, die quasi jedes einzelne Mitglied als hochrangigen Solisten behandeln. Hoch empfindsam gestaltete das Ensemble im Wechsel von Frauenstimmen und Tutti das bekannte „Maria durch ein‘ Dornwald ging“, und beim „In dulci jubilo“ wechselten sich solistisch und chorisch besetzte Teile ab.
Perfekt für die Akustik des Doms war das den Morgenstern beschreibende O-Antiphon auf den 21. Dezember, „O Oriens“, in der Vertonung der zeitgenössischen Komponistin Cecilia McDowall gestaltet, das den Text quasi als Accessoire behandelt gegenüber der gewaltigen Klangkulisse eines in sich schwingenden, auf- und abschwellenden Glockenklangs der Stimmen. Ähnlich der Eindruck von Eric Whitacres „Lux aurumque“ mit den lang gezogenen Haltetönen des solistischen Soprans gegenüber einem weichen, mit Pausen durchsetzten Klangteppich des Chores.
Sehr apart wirkte auch die Ausführung von Praetorius‘ Satz „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ im Arrangement von dessen Zeitgenossen Melchior Vulpius, das zusätzlich viermal zwei Frauenstimmen die variierten Anfangszeilen im Kanon vortragen lässt. Anrührend hatte Graham Ross das traditionelle „Still, still, still“ ganz dem Text gemäß als bedächtige, zart eingebettete Melodie arrangiert, ließ das Kind in der zweiten Strophe von engelgleichen Stimmen behütet schlafen und den Chorklang am Ende ganz leise davonschleichen.
Aber zum Programmschluss überwog dann doch noch der Jubel mit dem lautmalerischen „Ding! Dong!“ der Himmelsglocken und dem Gloria der Engelschöre sowie einer munteren, dem strengen mittelalterlichen Rhythmus nachempfundenen und mit Tamburin untermalten „Angelus ad Virginem“-Vertonung. Eingeschoben zwischen den Liedern interpretierten Daniel Blaze auf der Orgel ein zart anschwellendes Prelude von Herbert Sumsion und Evie Perfect ein mit kurzen Sequenzierungen durchzogenes Choralvorspiel zu „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ von Brahms.
Die Zuhörer quittierten das ungewöhnliche, imposante Konzert mit begeistertem Applaus und bekamen zum Dank drei satztechnisch ebenso ungewöhnlich gestaltete Zugaben, ein swingendes „Jingle Bells“, ein gefühlvolles „Dreaming Of A White Christmas“ sowie den mit einer raffinierten Stretta als unerwartetem Tempowechsel mitten im Stück angereicherten Ohrwurm „We Wish You A Merry Christmas“.