St. Blasien Wie einfühlsam Barockmusik gespielt werden kann, demonstrierte beim Klosterkonzert im Festsaal des Kollegs St. Blasien eindrücklich das Ensemble Concert Royal Köln unter der Leitung von Karla Schröter. Spezialisiert auf die Wiederaufführung unbekannter Werke des 18. Jahrhunderts, hatte Oboistin Karla Schröter zusammen mit Geiger Javier Lupianez, Bodo Lönartz auf Geige und Bratsche, Elisabeth Wand auf dem Cello und Thomas Pauschart an der Truhenorgel auch an diesem Abend einige interessante Entdeckungen im Programm.
Gleich zu Beginn stand eine solche Ausgrabung mit der „Sonata à quadro“ von Johann Melchior Molter. Molter lebte von 1696 bis 1765 und war Hofkapellmeister in Karlsruhe. Er wird teilweise als Erfinder des Klarinettenkonzertes bezeichnet, und die dreisätzige Sonate, die in St. Blasien erklang, ist ebenfalls ein verkapptes Konzert für ein Blasinstrument, in diesem Fall die Oboe, die in allen drei Sätzen quasi tonangebend ist. Was sie vorgibt, imitieren die beiden Instrumente der Geigenfamilie größtenteils.
Ein weiterer unbekannter Name im Programm war der von Elias Bronnemüller, einem norddeutschen Komponisten, der um 1666 geboren wurde und um 1762 starb. Er gab als erster eine Reihe von Oboensonaten im Druck heraus. Das Ensemble spielte von ihm eine Sonate für zwei Violinen, Cello und Orgel, in der die Orgel keineswegs nur die Funktion eines basso continuo inne hatte, sondern sich auch in die Reihe der fugierten Einsätze der Vivace-Teile einfügte.
Auch der letzte Programmpunkt, das Quadro „O Haupt voll Blut und Wunden“ für Oboe, Violine, Viola und basso continuo, stammte von einem dem herkömmlichen Konzertpublikum eher nicht geläufigen Komponisten: Johann Gottlieb Janitsch, der in Berlin mit der Organisation von wöchentlichen Konzerten zur Loslösung des Konzertgeschehens von den Höfen und hin in den bürgerlichen Bereich beitrug. Im dritten Satz dieses in St. Blasien gespielten Werkes übernimmt die Oboe die Choralmelodie, umrahmt von den Streichern, während die ersten beiden Sätze mit ihren musikalischen Trauergesten quasi die Vorbereitung auf dieses Zitat darstellen.
Neben diesen Novitäten, die vom Concert Royal Köln so kunst- und zugleich liebevoll dargeboten wurden, dass man sich wünscht, mehr davon zu hören, durften natürlich auch die gewohnten Namen nicht fehlen, von den fünf Instrumentalisten nicht weniger engagiert und gekonnt umgesetzt. Mit graziler Linienführung und recht freier Tempogestaltung im Adagio, tänzerischem Gestus im Vivace, den eigenen Phrasen nachhorchendem Largo und laufkaskadenverliebtem Presto gestaltete Geiger Javier Lupianez Bachs Sonata BWV 1021. Vor allem in der Schlussfuge von Telemanns Sonata für Oboe, Violetta und basso continuo kam Bodo Lönartz‘ samtweicher Bratschenklang schön zur Geltung.
Und die Frage, ob die Sonate BWV 1036 wirklich dem Vater Johann Sebastian oder doch eher dem Sohn Carl Philipp Emanuel zuzurechnen sei, könnte angesichts der unterschiedlichen Arten des Zusammenspiels der beiden Violinen, die vom einvernehmlichen Zwiegespräch des ersten Satzes über die imitatorischen Passagen des zweiten, das einander ergänzende Spiel des dritten und schließlich den lauffreudigen Wettstreit des vierten Satzes reichen, vielleicht als kompositorische Aufgabe des Vaters an den Sohn beantwortet werden.
Sehr schön kam in Vivaldis Sonata RV 779 die Emanzipation der Orgel aus der Begleitfunktion eines reinen basso continuo zum Ausdruck, die sich in Mozarts Kirchensonate KV 366 schließlich sozusagen zum Orgelkonzert ausweitet, in dem sich die melodisch geführte Orgelstimme teilweise selbst begleitet, teilweise von den beiden Violinen dezent grundiert wird. Als Zugabe kredenzte das Ensemble noch eine weitere Entdeckung, den langsamen Satz aus einem Oboenkonzert des schwedischen Komponisten Johan Helmich Roman.