In der Stadt Stühlingen leben aktuell rund 100 ukrainische Flüchtlinge. Sie sind auf dem Gelände des Speditionsunternehmens LOG Group und im evangelischen Gemeindehaus Stühlingen und bei Privatpersonen untergebracht. Das Engagement für die Geflüchteten aus der Ukraine ist groß, vor allem mit Blick auf die Integration.

Wie viele ukrainische Flüchtlinge leben derzeit in Stühlingen?

Ständig gibt es Zuzüge nach Stühlingen, am Montag, 4. April, waren 100 Flüchtlinge in Stühlingen gemeldet. Inzwischen sind sieben bereits weitergezogen, informiert Hauptamtsleiter Andreas Mosmann auf Nachfrage des SÜDKURIER über die Entwicklungen.

51 Ukrainer sind derzeit im LKW-Fahrer Hotel des Speditionsunternehmens LOG Group GmbH Stühlingen untergebracht, die übrigen wohnen im evangelischen Gemeindehaus Stühlingen, bei Peter Dück oder in Wohnungen, die von der Stadt Stühlingen angemietet wurden. „Viermal haben sie versucht, über die Grenze zu kommen“, erklärt Nina Sperisen am Dienstagnachmittag kurz vor dem Sprachunterricht.

Die Spediteurin und Slawistin Nina Sperisen (Bild) führt souverän den Deutschunterricht in Krankheitsvertretung.
Die Spediteurin und Slawistin Nina Sperisen (Bild) führt souverän den Deutschunterricht in Krankheitsvertretung. | Bild: Yvonne Würth

Einer Familie sei erst kürzlich die Flucht gelungen, am Sonntagabend ist sie in Stühlingen angekommen. Sie hat nun ebenfalls im Speditions-Hotel im Gewerbegebiet Sulzfeld eine vorübergehende Heimat gefunden. Für die Flüchtlinge – vor allem junge Frauen mit ihren Kindern, aber auch zwei Männer, gelte es nun, einen geregelten Tagesablauf zu finden.

Wie sieht der Tagesablauf der Flüchtlinge aus?

Irgendetwas muss man machen, dachte sich Nina Sperisen und organisierte einen Unterricht für die Flüchtlinge. Mit Thomas Laubis, Rektor der Grundschule Weizen, hat sie einen Fachmann für den Deutschunterricht gewonnen. „Die Leute sind wissbegierig und wollen. Gestern waren über 40 Leute im kleinen Raum, das war mir fast zu viel, natürlich“, sagt Laubis. Die Unterrichtsmaterialien zum Thema Deutsch als Fremdsprache ergänzt er mit Liedern, die beispielsweise die Farben zum Thema haben.

Thomas Laubis, Rektor der Grundschule Weizen, gibt den ukrainischen Flüchtlingen Sprachunterricht.
Thomas Laubis, Rektor der Grundschule Weizen, gibt den ukrainischen Flüchtlingen Sprachunterricht. | Bild: Vanessa Ammann

Aufgrund der großen Altersspanne sei es schwer, allen gerecht zu werden. „Jeder soll das machen, was er kann“, erklärt Laubis.

Für ihn sei die Hilfe selbstverständlich, dennoch könne er den Deutschunterricht nicht alleine stemmen und wünscht sich einen Lehrer, der die Arbeit mit ihm teilt. Die Arbeitshefte für die knapp 50 Schüler wurden von Freunden finanziert, für Anschlussmaterialien wünscht er sich Spender.

Im Unterricht auf dem Speditionsgelände lernen die Kinder die Grundlagen der deutschen Sprache.
Im Unterricht auf dem Speditionsgelände lernen die Kinder die Grundlagen der deutschen Sprache. | Bild: Yvonne Würth

„Was die Flüchtlinge jetzt brauchen, sind Sprachkenntnisse“, sagt auch Nina Sperisen. Während Rektor Thomas Laubis kurzzeitig krankheitsbedingt ausfällt, übernimmt sie den Deutschunterricht. Vor ihrer Zeit als Spediteurin hat die Diplom-Bibliothekarin Slawistik studiert.

Der Sprachunterricht fällt ihr nicht schwer, die Kinder vertrauen ihr, das ist im Unterricht zu spüren. Deutlich spürbar ist auch der Lernwille der Kinder, alle sprechen die grundlegenden Übungen nach und machen sich Notizen.

Der freundliche Gruß „Guten Tag“ ist deutlich zu verstehen, als sie vor dem Unterricht in das Holzhäuschen neben dem Spedition-Hotel strömen. Das Häuschen wurde ursprünglich als Spieleraum eingerichtet und wird nun für den Sprachunterricht genutzt.

Der Arbeitswille der Flüchtlinge überhaupt sei sehr groß, erklärt Nina Sperisen. Sie übernähmen das Kochen und Putzen, geplant ist ein gemeinsamer Einsatz bei der Stadtputzete mit dem Offenen Bürgerforum Stühlingen (OBS).

Aufmerksam folgen die Jungen und Mädchen dem Sprachunterricht.
Aufmerksam folgen die Jungen und Mädchen dem Sprachunterricht. | Bild: Yvonne Würth

Wie läuft es mit der Integration?

Die Stadtverwaltung Stühlingen habe sich bereits Gedanken zur Integration der ukrainischen Flüchtlinge gemacht.

Gerade die jüngeren Kinder sollen die Möglichkeit bekommen, mit Gleichaltrigen zusammen zu kommen: „Wir schreiben ein Betreuungsangebot aus für Kinder im Konradsaal und suchen Ehrenamtliche“, erklärt Hauptamtsleiter Andreas Mosmann. Zwei Bewerbungen lägen bereits vor.

Die Betreuung soll deutschen und ukrainischen Kindern dienstags und donnerstags von 15 bis 17 Uhr das gemeinsame Spiel ermöglichen.

So können Sie helfen

Wie sieht es mit dem Schulunterricht aus?

Eine Gruppe begeisterter Grundschüler hat Rektorin Susanne Schlatter am Donnerstagvormittag zum Kennenlerntag an der Hohenlupfenschule in Stühlingen begrüßt. Nach einem Schulhausrundgang und Sprachunterricht konnten die sieben ukrainischen Kinder in der Pause bereits erste Kontakte mit den Grundschulkindern knüpfen.

Die pädagogische Assistentin Melanie Albiez war als Freiwillige bereits in unzähligen Stunden bei der Spedition für die Sammlung und Verteilung der Hilfsgüter in die Ukraine aktiv und kümmert sich nun um den Sprachunterricht der ukrainischen Schüler in der Hohenlupfenschule.

Es gibt viele Menschen, die die Hilfsaktion der Stühlinger Spedition Log unterstützen (von links): Silke Heigeld, die Firmenchefs Janina ...
Es gibt viele Menschen, die die Hilfsaktion der Stühlinger Spedition Log unterstützen (von links): Silke Heigeld, die Firmenchefs Janina und Rolf Sperisen, Melanie Albiez und Karin Stamm gehören zum Kern des Teams. | Bild: Edinger, Gerald

Rektorin Susanne Schlatter wünscht sich jedoch weitere personelle Unterstützung, da die pädagogische Assistentin auch für die Einzelförderung oder bei Personalausfall eingesetzt wird. „Die ukrainischen Kinder waren heute Morgen sehr motiviert und haben sich sehr gefreut, dass wir sie eingeladen haben. Sie wollen unbedingt wieder in die Schule kommen. Wenn man sich mittags auf dem Spielplatz oder bald im Schwimmbad trifft, ist es schön, wenn man dann die Kinder schon kennt.“

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In der kommenden Woche werden die Kinder am Dienstag und Mittwoch in die Hohenlupfenschule kommen, nach den Osterferien erhalten sie dann einen festen Stundenplan mit Sprachunterricht, Mathematik, Kunst und Sport.

Wie viele Helfer auch, hatte die Hohenlupfenschule Stühlingen eine Sammelaktion organisiert, die Eltern haben Lebensmittel, Hygieneartikel, Babynahrung, Windeln und Kleidung in die Schule gebracht, die vom Speditionsunternehmen in die Ukraine gebracht wurden.

Wollen die Flüchtlinge bleiben oder wieder zurück in die Heimat?

„Der große Teil will zurück, die Frage ist, wann“, antwortet Nina Sperisen auf die Frage nach der Zukunft der Flüchtlinge. Sie kennt die Situation der Geflüchteten, viele haben ihre Eltern oder Großeltern zurücklassen müssen, die Frauen ihre Ehemänner.

„Diese generelle Frage stellen sie sich schon“, erklärt sie. Doch sei ihnen auch bewusst, dass es lange dauern kann, bis sie nach Hause können: „Wenn sie hier bleiben, wollen sie arbeiten. Dazu brauchen sie Grundkenntnisse, gerade die Frauen.“

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