Die Hilfsbereitschaft am Hochrhein ist groß. Das zeigte sich auch wieder am Mittwochabend, 23. März, in Schlossparkpavillon Bad Säckingen. Der Flüchtlingskreis Refugees integrated, die Integrationsmanager der AWO sowie die Stadt informierten über das Thema. 20 bis 30 interessierte Bad Säckinger waren gekommen und signalisierten damit auch ihre Bereitschaft, zu helfen und eventuell eine Wohnung bereitzustellen.

Aktuell strömen weitere Menschen aus den Kriegsgebieten der Ukraine an den Hochrhein. Das stellt sowohl Helfende wie auch die staatlichen Stellen vor Herausforderungen. Wo bringt man Flüchtlinge unter? Wie wird ihre tägliche Versorgung gesichert? Gibt es ärztliche Versorgung? Auf viele solcher Fragen gab der Helferkreis um den Vorsitzenden Frank van Veen, Manuel Elis, Leiter des städtischen Sozialamtes sowie die AWO-Integrationsmanager Rafika Aydogan und Peter Buda im Schlossparkpavillon Auskunft.

„Was wir am dringendsten brauchen, sind Wohnungen, Wohnungen, Wohnungen“ – Frank van Veen, Vorsitzender des ...
„Was wir am dringendsten brauchen, sind Wohnungen, Wohnungen, Wohnungen“ – Frank van Veen, Vorsitzender des Flüchtlingshelferkreises Refugees Integrated Bad Säckingen | Bild: SPD

Im Vergleich zur Flüchtlingswelle 2015 könne man heute vielfach auf bereits bestehende Strukturen zurückgreifen, was vieles vereinfach, berichtete Frank van Veen. Allerdings sei in der aktuellen Phase damals wie heute die Zahl der noch ankommenden Flüchtlinge nicht bezifferbar. Für Helfer, Wohnungsvermieter und Flüchtlinge gibt es einen Verfahrensgang, der dringend und schnell eingehalten werden soll, raten van Veen wie auch Manuel Elis. Nur so könne eine schnelle Versorgung der ukrainischen Menschen gewährleistet werden.

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1. Wo meldet sich der Flüchtling an?

Der erste Gang führt aufs Rathaus der Gemeinde, in dem die Flüchtlinge untergebracht sind. Hier melden sich die Personen beim Einwohnermeldeamt an. Gleichzeitig wird eine sogenannte Aufenthaltsanzeige ausgefüllt. Diese geht vom Rathaus automatisch an die Ausländerbehörde im Landratsamt Waldshut. Ausnahme: Waldshut-Tiengen hat als große Kreisstadt eine eigene Ausländerbehörde. Für alle anderen Städten und Gemeinden im Kreis ist das Landratsamt Waldshut zuständig. In den Ausländerbehörden werden dann die weiteren Schritte folgen.

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2. Die Ausländerbehörde – darf der Flüchtling bleiben?

Der nächste Gang führt zur Ausländerbehörde. Dort liegt wenige Tage nach der Anmeldung im Rathaus der Wohngemeinde die Aufenthaltsanzeige vor. Von der Ausländerbehörde erhält der Flüchtling eine sogenannte Fiktionsbescheinigung. Das ist eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis. Denn das richtige Dokument muss von der Bundesdruckerei hergestellt werden, was Wochen dauert. Damit hat der ukrainische Flüchtling nun einen Aufenthaltstitel für zwei Jahre. Ukrainer müssen kein Asylverfahren durchlaufen, sie sind automatisch anerkannt. Darauf hat sich die EU geeinigt.

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3. Welche Leistungen erhalten Ukraine-Flüchtlinge?

Vom Ausländeramt wird das Sozialamt informiert. Es ist ebenfalls im Landratsamt angesiedelt. Sind die ausländerrechtlichen Fragen geklärt, erhalten Geflüchtete Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz: Diese Leistungen decken alle Bedarfe des täglichen Lebens (von Ernährung und medizinischer Versorgung, über Unterkunft oder Kleidung bis hin zur Mobilität) ab.

4. Wieviele Wohnung stehen derzeit in Bad Säckingen bereit?

Einige der aus den Kriegsgebieten Geflüchteten sind privat untergekommen – aber eben nicht alle. Die Stadt Bad Säckingen sucht wie andere Kommunen deshalb dringend nach Wohnungen. Aktuell seien bei der Stadt Bad Säckingen 48 Flüchtlinge gemeldet, 22 weitere seien avisiert. Für die Unterbringung sind der Stadtverwaltung 44 Wohnungen (Stand 24. März) gemeldet, fünf davon seien belegt, teilte Manuel Elis mit. Das könne sich aber stündlich ändern. Zu den bereitgestellten Wohnungen zählen laut Elis vollwertige, abgetrennte Einheiten, aber auch Zimmer in einer WG. Gleichzeitig macht sich die Stadt Gedanken über die Anmietung von Wohncontainern.

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5. Dürfen Flüchtlinge aus der Ukraine arbeiten?

Ja, sie dürfen arbeiten, sobald sie die Fiktionsbescheinigung von der Ausländerbehörde haben. Dieses Dokument bescheinigt nicht nur die Aufenthaltserlaubnis, sondern ermöglicht gleichzeitig auch die Erwerbstätigkeit und die kostenlose Reise in Bus und Bahn im Geltungsbereich des BW-Tarifes, so Tobias Herrmann, Sprecher des Landratsamtes.

6. Was ist mit unbegleiteten Minderjährigen?

Wenn Minderjährige ohne Begleitung bei Helferkreisen oder auch auf privater Seite auftauchen, müsse unverzüglich das Jugendamt eingeschaltet werden, mahnen van Veen und Manuel Elis. Das Jugendamt ist wie auch das Ausländeramt eine Behördenabteilung im Landratsamt.

7. Wieviele Flüchtlinge sind derzeit im Landkreis Waldshut gemeldet?

Aktuell sind im Landkreis offiziell 955 Flüchtlinge aus der Ukraine dokumentiert. 865 Menschen sind in den verschiedenen Gemeinden des Landkreises gemeldet, teilte Landratsamtssprecher Tobias Herrmann mit. 90 weitere Personen sind in der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Freiburg in Todtmoos untergebracht. Das ist Stand gestern.

8. Sind Flüchtlinge krankenversichert?

Mit der Ausstellung der Fiktionsbescheinigung durch die Ausländerbehörde und der Weiterleitung an das Sozialamt sind die Flüchtlingen im Krankheitsfall abgesichert. Die Kostenabrechnung läuft jedoch nicht über eine Krankenkasse, sondern über das Landratsamt.

9. Was wird noch benötigt?

Benötigt werden dringend weitere Wohnungen, sagte der Helferkreisvorsitzende Frank van Veen. Gleichzeitig würden auch Dolmetscher und Dolmetscherinnen gesucht wie auch Lehrende für Deutschkurse.

10. Wie ist der Impfstatus der Flüchtlinge?

Eine Corona-Impfung hätten nach bisherigen Erkenntnissen nur 35 Prozent der Flüchtlinge, teilte Elis mit. Allerdings seien davon 95 Prozent mit dem russischen Serum Sputnik geimpft, das bei uns nicht anerkannt sei. Auch bei Masern und anderen Kinderkrankheiten gebe es keinen breiten Impfschutz. Das müsse zügig beim ersten Arztbesuch geklärt werden, hieß es.

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