Der Zug fährt zu früh oder fällt ganz aus, die Busse sind voll. Die Schüler, die in Waldshut den Unterricht besuchen, und mittags wieder nach Hause wollen, haben laut einigen Schilderungen mit Problemen zu kämpfen. Das betrifft vor allem den Schülerverkehr von Waldshut ins Wutachtal bis nach Stühlingen.
Seit der Fahrplanänderung mit der vorverlegten Abfahrtszeit der Wutachtalbahn nach der sechsten Unterrichtsstunde im Dezember und den immer noch gültigen eingeschränkten Bahnfahrplan mit Zugausfällen drängen sich die Schüler zum Busbahnhof.
Volle Linien- und Schienenersatzbusse
Linien- und Schienenersatzbusse sind teils hoffnungslos überfüllt. Verstärkerbusse setzt der Landkreis nicht ein. Worüber sich Schüler und deren Eltern, besonders im Linienverkehr ins Wutachtal, wundern. Vor allem mit Blick auf die aktuelle Corona-Situation. Landratsamt und Nahverkehrsgesellschaft erklären in einer Stellungnahme, warum keine Verstärkerbusse fahren und warum die neue Abfahrtszeit der Wutachtalbahn auf 13 Uhr vorverlegt worden ist.
Wutachtalbahn fährt um 13 Uhr ab: zu früh
Annette Bendel und Simone Schilling, zwei Mütter aus Eggingen, berichten per E-Mail und in Telefonaten mit dem SÜDKURIER über die aktuelle Situation im Bus- und Bahnverkehr vom und ins Wutachtal. Im Fokus der Schulschluss nach der sechsten Unterrichtsstunde um 12.55 Uhr. Sie fragen, warum die Abfahrtszeit der Wutachtalbahn von 13.22 auf 13 Uhr vorverlegt worden ist. „Es ist unmöglich, in fünf Minuten den Zug zu erreichen.“
Neuer Fahrplan bringt Verschlechterung
Vor allem seit Einführung des neuen Fahrplans hätten sich die Bedingungen erheblich verschlechtert. Es sei etwa vorgekommen, dass Schüler am Busbahnhof stehen geblieben seien, weil der Bus bereits brechend voll gewesen sei.
Im Moment, da der 13-Uhr-Zug wegen erhöhtem Krankenstand bei der Bahn ausfällt, verschärfe sich die Lage am Busbahnhof. Bendel berichtet: „Der Schienenersatz um 13 Uhr war so gut wie leer, der Linienbus um 13.09 Uhr sehr voll.“ Zumindest hier hat die SBG für Abhilfe gesorgt. Der Schienenersatzbus fährt jetzt um 13.08 Uhr.
Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule
Auch früh morgens auf dem Weg zur Schule würden die Probleme auftreten. Schüler, die von Eggingen nach Stühlingen unterwegs sind, müssten in volle Busse einsteigen, weil der Zug im Moment nicht fährt.
Auch wer morgens in Lauchringen in den Zug nach Waldshut umsteigen will, hat‘s offensichtlich nicht leicht. Zug und Bus seien voll. Unter Umständen müssten Schüler auf den nächsten Bus warten. Die Folge: In den geschilderten Fällen kommen sie zu spät zum Unterricht.
Bleibt der Ausweg im Auto. Wer 18 ist, fahre selbst, andere ließen sich von ihren Eltern zur Schule fahren. Das Problem bestehe nicht erst seit Corona. Im Schülerverkehr sollten generell mehr Busse und längere Züge fahren. Dies gelte in Pandemiezeiten besonders.
Sehr kleines Zeitfenster für die Wutachtalbahn
Lothar Probst, Geschäftsführer des Waldshuter Tarifverbunds (wtv), gesteht auf Nachfrage: „Dass der Fahrplan vorher besser war, trifft grundsätzlich zu.“ Er erklärt die Hintergründe: Für die Wutachtalbahn gebe es auf dem Abschnitt Waldshut-Lauchringen neben dem Interregioexpress (IRE) Basel-Singen und der Regionalbahn (RB) Basel-Lauchringen sehr kleine Zeitfenster.
Heiko Focken von der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg schreibt in einer Stellungnahme: Der Abschnitt Waldshut-Lauchringen sei eingleisig, er verfüge über knapp zehn Kilometer über keine Kreuzungsmöglichkeiten. Die Wutachtalzüge müssten sich mit dem IRE und der RB arrangieren.
Focken macht klar: „Die bisherige Abfahrt des Wutachtälers um 13.22 Uhr in Waldshut war nach dem neuen Fahrplan nicht mehr möglich.“ Die Alternativen: 13 oder 13.36 Uhr. 13 Uhr sei für Waldshut zu früh, 13:36 Uhr „eigentlich zu spät“. Bleibt nur, die Fahrgäste zu vertrösten: Eine Königslösung gebe es nicht. Aus der Sicht der Betroffenen wäre eine Abfahrt um 13.36 Uhr besser.
Schienenersatzverkehr jetzt 8 Minuten später
Was die vollen Busse betrifft, hat die SBG laut Probst reagiert, um die Lage zu entspannen. Er erklärt: „Normalerweise fährt der Schienenersatzverkehr (SEV) passend zum ausfallenden Zug.“ Die Abfahrtszeit ist nun von 13 auf 13.08 Uhr verlegt. Eine Minute später fährt auch die Linie 7338 ins Wutachtal.
Zu viele Busse sind im Moment gebunden
Vom Land bezuschusste Verstärkerbusse setzt der Landkreis im Moment nicht ein. Begründet wird es mit der 10 bis 15 Prozent geringeren Auslastung der Busse gegenüber der Vor-Corona-Zeit.
Probst: „Dennoch sind wir aktiv und prüfen, ob und gegebenenfalls wo Verstärkerbusse eingesetzt werden könnten oder müssten.“ Zunächst müssten aber Busse zur Verfügung stehen. Weil aber derzeit das Zugfahrplangebot wegen corona-bedingter Lokführerausfälle eingeschränkt ist und Züge ausfallen, seien etliche Busse im Schienenersatzverkehr gebunden.
Die SBG hat nach der sechsten Schulstunde am Busbahnhof gezählt:
Zufriedenstellend scheint die Aussicht nicht. Vor allem an der Abfahrtszeit der Wutachtalbahn um 13 Uhr ist wohl nichts zu ändern. Aber Probst versichert: „Wir arbeiten stetig an der Verbesserung der Situation im Schülerverkehr und im ÖPNV – im Rahmen unserer begrenzten Möglichkeiten.“ Focken bleibt mit Blick auf den Zugverkehr ins Wutachtal der Hinweis auf die Fertigstellung der Elektrifizierung der Hochrheinbahn: „Dann bekommen wir den Kreuzungsbahnhof Tiengen zurück.“
Probst weist indes darauf hin, dass die Schulen helfen könnten, etwa mit einem gestaffelten Unterricht: „Dies ist eine gute, kostengünstige und gegebenenfalls rasch umsetzbare Möglichkeit, um die Kapazitäten zu entlasten.“ Diese Anregungen würden immer wieder an die Schulen weitergegeben – allerdings mit bisher wenig Erfolg. Von Annette Bendel selbst kommt ein Vorschlag: „Der SEV um 13.08 Uhr ins Wutachtal wurde wohl gut angenommen. Man könnte doch prüfen, ob dieser Bus nach Wiederaufnahme des offiziellen Fahrplans als Schnellbus weitergeführt werden kann.“