Bis die Bauarbeiten für die Elektrifizierung der Hochrheinbahnstrecke zwischen Basel und Erzingen beginnen, steht das 290-Millionen-Euro-Projekt der Deutschen Bahn noch vor einigen bürokratischen Hürden. Ende November endete die Frist zur Erhebung von Einwendungen im Planfeststellungsverfahren für die Elektrifizierung der Strecke auf dem Abschnitt 4 zwischen Waldshut und Erzingen.
Unter anderem hatte der Regionalverband Südbaden des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) seine Einwendungen bei den Behörden eingereicht. Der Umweltverband begrüßt zwar die Elektrifizierung der Hochrheinbahn und drängt auf eine zügige Umsetzung, wie er in einer Pressemitteilung schreibt. Die vorliegende Planung ist nach seiner Ansicht jedoch nicht geeignet, einen pünktlichen und zuverlässigen Schienenverkehr mit der erforderlichen Kapazität zu ermöglichen.
Insbesondere der Verzicht auf ein zweites Gleis auf dem Abschnitt zwischen Waldshut und Erzingen führt dem VCD zufolge zur Festschreibung der bestehenden Engpässe für die kommenden Jahrzehnte. „Das Angebotskonzept, ein Fahrplanentwurf, in dem die Art, Anzahl und Fahrtzeiten der Züge festgelegt werden, stammt in seinen Grundzügen aus dem Jahr 2008 und ist bis heute nicht wesentlich geändert worden“, erklärt der stellvertretende Vorsitzende Hans Saurer aus Waldshut-Tiengen.
Kapazität am Limit
Zwischenzeitlich sei jedoch von vielen Akteuren eine Schienen-Offensive ausgerufen worden, mit der beispielsweise in Baden-Württemberg der öffentliche Personennahverkehr bis zum Jahr 2030 verdoppelt werden soll. „Der beplante Abschnitt ist aber bereits heute schon zu 100 Prozent ausgelastet und die Kapazität lässt sich laut Erläuterungsbericht durch die Kreuzungsmöglichkeiten und Geschwindigkeitserhöhungen lediglich um zwei Prozent steigern“, so Saurer weiter.
Da nach der abgeschlossenen Elektrifizierung ein weiterer Interregio-Express (IRE) am Hochrhein verkehren soll, können dem Verkehrsclub zufolge zwischen Waldshut und Erzingen keine Regionalbahnen mehr verkehren. Dadurch werde es keine direkten Verbindungen zwischen dem Osten des Landkreises und den Orten Dogern bis Murg mehr geben. Der VCD betrachtet den Wegfall dieser Verbindungen als „einen gravierenden Nachteil“.
Bei einer Informationsveranstaltung zur Elektrifizierung im Oktober 2021 in der Stadthalle Waldshut, zu der Kommunalpolitiker und Bürger aus dem gesamten Landkreis gekommen waren – darunter auch Hans Saurer – hatte Landrat Martin Kistler dessen Vorschlag, das Teilstück zwischen Waldshut und Erzingen zweigleisig auszubauen, grundsätzlich mit den Worten begrüßt: „Das wäre schön.“ Gleichwohl sei es unrealistisch, da es dafür keine Gelder gebe. Die komplette
Zweigleisigkeit würde circa 100 Millionen Euro kosten.
Deshalb steht für den Landrat fest: „Ich verlasse mich darauf, dass das Projekt von den Experten der Bahn sauber durchgerechnet ist.“ Soll heißen, der in Aussicht gestellte Halb-Stunden-Takt funktioniere auch mit nur einem Gleis im besagten Abschnitt.
VCD: Wutachtalbahn braucht das zweite Gleis
Der VCD tritt darüber hinaus für eine Reaktivierung der Wutachtalbahn ein. Dazu ist aus Sicht des Umweltverbands jedoch der zweigleisige Ausbau der Strecke zwischen Lauchringen und Stühlingen erforderlich. Die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit des IRE sei trotz Temposteigerung und neuer Weichen nicht gewährleistet. Wegen der knappen Zeit zur Überwindung des Engpasses würden Verspätungen in aller Regel in die Gegenrichtung übertragen.
Im Bereich des Bahnhofs Waldshut beanstandet der VCD, dass beim geplanten Außenbahnsteig an Gleis 4 keine Flächen für Infrastruktur wie Car Sharing- und Taxi-Stellplätze sowie für Fahrradboxen und Ladesäulen zur Verfügung stehen. „Die Notwendigkeit solcher Einrichtungen ist auch durch die beengten Verhältnisse auf der gegenüberliegenden Seite beim Bahnhof bedingt. Mit einer Reduzierung des Gleisabstandes auf das Standardmaß ließe sich hierfür etwas Platz gewinnen“, schreibt Hans Saurer.
Wie die Stadt Waldshut-Tiengen will auch der VCD die Personenunterführung östlich des Bahnhofs zwischen Robert-Gerwig-Straße und Bundesstraße 34 erhalten und argumentiert damit, dass dies die einzige geeignete Schienen-Kreuzungsmöglichkeit für Radfahrende ist, was auch aus dem gültigen Radverkehrskonzept des Landkreises Waldshut hervorgehe.
Schließlich musste der VCD feststellen, dass in vielen Bereichen Installationen wie Masten oder Kabelschächte in Bereichen geplant seien, wo gegebenenfalls ein weiteres Gleis verlegt werden müsste. Der Verband weist deshalb darauf hin, dass ein zukünftiger Ausbau durch die Planung nicht behindert werden dürfe.