Wenige Tage vor der Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 erfuhr die Bevölkerung Ühlingens die Härte des Kriegs. Der damalige Bürgermeister Erwin Probst (1896 – 1981) hatte alles daran gesetzt, weiteres Blutvergießen zu verhindern. Probst hat dem Autor dieses Berichtes die Ereignisse Ende April 1945 detailliert geschildert.
Die Wehrmacht hatte, so Erwin Probst in seiner Rückschau, auf dem Breitwiesenhof ein Proviantlager eingerichtet. Kurze Zeit später bezog der aus Waldshut kommende Regimentsstab unter Führung von Oberstleutnant Höflinger Quartier. Waldshut hatte bereits kapituliert. Nach dem Einzug des Regimentsstabs rückten von allen Seiten deutsche Kampfverbände der verschiedenen Waffengattungen in den Ort.
In den Vormittagsstunden des 25. April hätten die Kampfverbände den Befehl zur Verteidigung Ühlingens erhalten. Ein Pionierkommando unter Führung von Feldwebel Holz hätte den Befehl erhalten, die Schlüchttal-Straße beim Schwedenfelsen zu sprengen, um den Vormarsch der aus Waldshut anrückenden französischen Truppen zu blockieren.
Der Schwedenfelsen war bereits angebohrt, als die Ortsverwaltung darum gebeten habe, dem Befehl nicht nachzukommen. Bürgermeister Erwin Probst hatte den Feldwebel überzeugen können; so landete die Sprengmunition in der Schlücht.
Probst fasste in den Mittagsstunden des 25. April den Entschluss, den Regimentsstab aufzusuchen, mit der Bitte, von der Verteidigung Ühlingens abzusehen. Als Probst den Stab erreichte, waren die Offiziere im Jagdzimmer der Villa versammelt und studierten über Karten gebeugt die Lage.

Mit den Worten: „Feigling, Vaterlandsverräter“ wurde der Bürgermeister vom Adjutanten des Stabes, Hauptmann Saalmüller, angebrüllt. Probst zog sich zum Rathaus zurück, wo sich zahlreiche Bürger versammelt hatten.
Jetzt konnte Probst seine Bürger nur noch bitten, das Vieh zu nehmen und in die umliegenden Wälder zu flüchten. Auf dem Breitwiesen-Hof hatte es sich der Stab inzwischen anders überlegt, die Offiziere flüchteten in die Schweiz, wurden aber bald darauf abgeschoben und kamen in französische Gefangenschaft. Um 3 Uhr nachts gab Erwin Probst im Einvernehmen mit dem Ortsgruppenleiter den Befehl, die verbliebenen deutschen Soldaten zu entwaffnen. Um 9 Uhr befahl er, weiße Fahnen zu hissen.
Wie sich Erwin Probst im Gespräch mit dem Autor dieser Zeilen erinnerte, rollten knapp fünf Stunden später die ersten französischen Panzer durch den Ort. Ühlingen wurde mit einem 200 Mann starken Kommando besetzt. Die Franzosen hätten sich sehr menschlich verhalten, erinnerte sich Erwin Probst. Dies sei auch ein Verdienst der Ühlingerin Gertrud Brandier, geborene Uhl, gewesen, die später einen französischen Offizier heiratete und 2019 hochbetagt in Frankreich starb.