„Ein paar Tage Gnadenfrist hat er noch, der Fahrkartenschalter im Tiengener Bahnhof. Doch ab dem 1. Januar 2005 bleibt die Verkaufs- und Informationsstelle geschlossen“, informierte der Alb-Bote im zu Ende gehenden Dezember vor zwanzig Jahren. Das Image der Bahn im östlichen Stadtteil lag damit endgültig am Boden.

Nicht nur wegen der sich damals schon häufenden Verspätungen bei bestimmten Zügen, was den Reisenden gegenüber mit einem nichtssagenden „aufgrund von Verzögerungen im Betriebsablauf“ begründet wird.

Abbau von Service

Viel mehr ärgerte der totale Abbau von Service und dazu noch die Art und Weise, wie das geschieht. Wie etwa beim seit längerem geschlossenen Wartesaal. Ursprünglich wollte die Bahn ihn zum Winter wieder öffnen, das darüber informierende Hinweisschild wurde jedoch stillschweigend entfernt. Und nun die Schließung des Bahnschalters, an dessen Stelle im neuen Jahr 2005 der Fahrkartenschalter treten würde. Ausgerechnet der Fahrscheinautomat, das leidige Thema für ältere Bahnkunden.

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Wie etwa auch Ingrid Fährmann. Die Rentnerin nutzte für ihre oft großen Reisen die Sonderangebote der Bahn. „Da komme ich mit dem Automaten nicht zurecht, das sind für mich böhmische Dörfer“, sagte sie. Wobei offenbar nicht nur ergraute Bahnkunden ihre Probleme haben. Selbst ein Schüler aus Tiengen, der jedes zweite Wochenende mit dem Zug nach Dortmund fuhr, nannte den Automaten „zu kompliziert“. Er müsse seinen Fahrschein für Dortmund im Bahnservice Waldshut holen.

Qualitätsoffensive der Bahn

Wie Hohn klang da die kurz zuvor von der Bahn bejubelte „Qualitätsoffensive zu Gunsten der Schiene“, die ungeniert „umfangreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation an Bahnhöfen“ und ein „noch attraktives Angebot“ versprach. Wer fühlte sich dabei nicht für dumm verkauft? Die angeblich „modernisierten Wegleitsysteme“ bestanden aus einem Informationsschild, das auf den Fahrkartenautomaten und den geschlossenen Wartesaal hinwies. Und es waren da noch vier neue Schilder angebracht, die dem Fahrgast zeigen, dass er hier in „Tiengen (Hochrhein)“ ist.