Beim Ringen um den Empfang Schweizer Fernsehsender im deutschen Grenzgebiet ist der letzte Gong noch nicht ertönt. Zwar stellt die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) die Verbreitung ihrer Programme über das terrestrische digitale Antennenfernsehen (DVB-T) zum 3. Juni definitiv ein, doch zeigt das Schweizer Bundesamt für Kommunikation (Bakom) der Waldshuter Bundestagsabgeordneten und Parlamentarischen Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) auf deren Anfrage hin Alternativen auf.
3sat zeigt Schweizer Eigenproduktionen
Demnach können deutsche Fernsehzuschauer auch künftig ausgewählte Sendungen des Schweizer Rundfunks empfangen. „So werden alternativ der Sender SRF info und verschiedene Eigenproduktionen von SRF über den Kulturkanal 3sat unverschlüsselt empfangbar sein“, erklärt Rita Schwarzelühr-Sutter unter Berufung auf ein Antwortschreiben des Direktors des Bakom, Philipp Metzger. Noch empfängt der deutsche Betreiber Unitymedia das DVB-T-Signal der SRG und speist die Sender SRF 1 und SRF 2 in sein Kabelnetz ein. Laut Unitymedia funktioniert das mit dem sogenannten „Overspill“. Darunter versteht man das technische „Überfließen“ von Antennensignalen über eine Landesgrenze. Dieser Kommunikationsweg ist ab dem 3. Juni abgeschaltet. Es gäbe jedoch eine Alternative, die eine Weiterverbreitung der SRG-Programme auf Basis von DVB-T doch noch ermöglichen würde. Philipp Metzger spricht von „einer Anpassung der Versorgungsauflage der Bakom“.
Und die könnte so aussehen, wie aus dem Schreiben an Rita Schwarzelühr-Sutter hervorgeht: Ein privates Unternehmen müsste eine Lizenz des Bakom erwerben und die Fernsehprogramme über ein privates DVB-T-Netz in der Schweiz weiterverbreiten, sodass bei einem Overspill die Signale in die süddeutschen Gebiete wie bisher in die dortigen Kabelnetze eingespeist werden könnten. „Denkbar wäre zu diesem Zweck die Gründung einer Tochtergesellschaft, zum Beispiel durch einen deutschen Kabelnetzbetreiber“, so Rita Schwarzelühr-Sutter.
Ausstrahlung per Satellit ausgeschlossen
Aus Sicht des Schweizer Bundesamtes kommt eine unverschlüsselte Ausstrahlung der öffentlichen Sender via Satellit – wie in Deutschland – für die Schweiz nicht in Frage, wie Philipp Metzger der Abgeordneten mitteilte: „Die SRG kauft keine TV-Senderechte für das Ausland, weil die Zusatzkosten für den gesamten deutschen Sprachraum im Verhältnis zur relativ kleinen Schweiz unverhältnismäßig hoch wären. Dies betrifft insbesondere die Rechte für Spielfilme, Serien, Dokumentarfilme oder Sportübertragungen.“ Die SRG erwerbe Ausstrahlungsrechte ausschließlich für die Schweiz und für Auslandsschweizer und dürfe sie nur dort verbreiten.
Wirtschaftliche Gründe für Abschaltung
In seinem Antwortschreiben zeigt Philipp Metzger Verständnis für die von Rita Schwarzelühr-Sutter deutlich gemachte Bedeutung des Empfangs von schweizerischen Programmen für den kulturellen Austausch zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik. Er bedauere, dass durch die geplante Abschaltung der DVB-T-Netze der natürliche Overspill der Signale wegfalle, der den Kabelnetzen in den grenznahen Gebieten die Einspeisung der Programme SRF 1 und SRF 2 erlaubt habe. Dafür nannte er vor allem wirtschaftliche Gründe: So würden heute nur noch 1,4 Prozent der Schweizer Bevölkerung die DVB-T-Technologie nutzen, und die öffentlich-rechtlichen Sender der Schweiz seien gesetzlich angehalten, umfangreiche Sparmaßnahmen vorzunehmen.
Was würde eine Lizenz kosten?
Gesetzt den Fall, es fände sich ein potenzieller Lizenznehmer, wie lange würde es vom Antrag bis zu einer entsprechenden Lizenzvergabe dauern? Das Bakom teilt dazu auf Anfrage mit: „Wie viel Zeit die Konzessionsvergabe in Anspruch nehmen würde, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht genau sagen. Es dürften aber mehrere Monate bis zur Erteilung der Konzession vergehen. Unter anderem, weil die DVB-T- Frequenz aufgrund des angestrebten Overspills mit den zuständigen deutschen Behörden koordiniert werden müsste.“
Es fallen zum einen einmalige Erteilungskosten an, die sich nach dem konkreten Aufwand der involvierten Behörden berechnen, wie das Bakom auf Anfrage weiter informiert. Zum anderen würden wiederkehrende Verwaltungsgebühren fällig, die sich auf 12 000 Franken pro Jahr und Kanal belaufen. Das regle Artikel 14 der Fernmeldegebührenverordnung.
Tatsächlich gibt es bereits Unternehmen, die vom Bakom eine Konzession für die Weiterverbreitung von TV-Signalen erhalten haben, mit dem Unterschied jedoch, dass sich ihr Fokus in erster Linie auf das Schweizer Gebiet richtete, so das Schweizer Bundesamt für Kommunikation gegenüber dieser Zeitung. Ausländische Netzbetreiber hätten bislang keine DVB-T-Funkkonzession erhalten.
Kein Empfang von Livestreams
- Empfang nur mit Karte: Wer außerhalb der Schweiz ab 3. Juni die Sender SRF1 und SRF2 schauen will, benötigt eine sogenannte Sat-Access-Karte. Diese kostet einmalig 60 Franken plus einen jährlichen Beitrag in Höhe von 120 Franken (plus Mehrwertsteuer des Nutzungslandes). Jedoch sind nur Auslandsschweizer berechtigt, die Karte zu erwerben. „Die SRG erwirbt im TV keine Ausstrahlungsrechte für das Ausland, weil die Kosten dafür sehr hoch wären. Die SRG kauft deshalb die TV-Ausstrahlungsrechte für den Empfang im Schweizer Gebiet und für die im Ausland lebenden Schweizer“, teilt Francesca Guicciardi von der Medienstelle der SRG in Bern auf Anfrage dieser Zeitung mit.
- Kein Internet-Fernsehen: Livestreams der Schweizer Sender sind im Ausland generell nicht zu empfangen. „Die Livestreams der SRF-Fernsehprogramme auf unserer Website sind für alle gesperrt, die sich außerhalb der Schweiz befinden“, schreibt die Schweizer Radio- und Fernsehgesellschaft auf ihrer Webseite, also auch für Schweizer im Ausland und für Rechner mit deutschen IP-Adressen. Das liege daran, dass die Online-Rechte vieler Sendungen auf die Schweiz beschränkt sind.