Der Bürgerentscheid über die Zukunft des Waldshuter Freibades schlägt weiter hohe Wellen. Jetzt greift das Regierungspräsidium ein. Ergebnis: Die Stadt muss ihre Argumentationskette ändern und ein korrigiertes Informationsblatt veröffentlichen.

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Die vor wenigen Tagen an alle Haushalte verteilte Informationsbroschüre von Stadtverwaltung (Schließung) und Verein „Pro Freibad“ (Erhalt) zum Bürgerentscheid am 21. Oktober ist in Teilen nicht korrekt. So hat die Stadt bislang Sanierungskosten für das Freibad in Höhe von 4,8 Millionen Euro ins Feld geführt. Ein Betrag, der komplett durch Kredite finanziert werden müsste. Um den Stadthaushalt nicht zu belasten, sei – als Gegenfinanzierung – eine Erhöhung der Grundsteuer um sieben Prozent notwendig. Diese von den Stadtwerken errechnete Variante würde langfristig die geringsten Folgekosten produzieren, so OB Philipp Frank im Gemeinderat.

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Indes haben die Stadtwerke nicht nur die 4,8-Millionen-Euro-Variante errechnet, sondern noch zwei weitere. Eine günstigere und eine teurere Lösung (3,5 beziehungsweise 5,8 Millionen Euro). Und hier greift die Aufsichtsbehörde ein. OB Frank: „Das Regierungspräsidium legt Wert darauf, dass alle Varianten zur Kenntnis gegeben werden.“ Daher bleibe fortan offen, um wieviel Prozent die Grundsteuer angehoben werden müsste. Auch dürfe die Verwaltung nicht schreiben, dass die angekündigte Millionen-Spende möglicherweise nicht komme, da der potenzielle Spender auf seiner Anonymität beharrt.

Das Freibad in Waldshut am 12. Juli 2018.
Das Freibad in Waldshut am 12. Juli 2018. | Bild: Schlichter, Juliane
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OB Frank sagte zudem, dass er „nicht gegen das Schwimmbad kämpft“, aber die wirtschaftliche Lage der Stadt mit im Blick habe. Auch bat er um Nachsicht, wenn Fehler passierten: „Bürgerentscheide sind nicht das tägliche Geschäft der Stadtverwaltung.“

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Stimmen zur Nachbesserung aus dem Gemeinderat

Die geänderten städtischen Informationen zum Bürgerentscheid über die Zukunft des Waldshuter Freibades wurden in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates intensiv diskutiert. Hier ein Auszug der Wortmeldungen.

  • Helmut Maier, CDU: Der Sprecher der CDU-Fraktion monierte zunächst die kurzfristig durch die Verwaltung geänderte Sitzungsvorlage zum Thema Bürgerentscheid. Eine mögliche Erhöhung der Grundsteuer "müssen wir im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen diskutieren", so Maier. Auch wenn alles auf den Prüfstand stehe, habe der Gemeinderat "noch nie wegen einer Einzelmaßnahme die Grundsteuer erhöht".
  • Petra Thyen, Grüne: Die Grünen-Stadträtin wollte wissen, weshalb die Stadtwerke nicht die Hunziker-Variante, also die von "Pro Freibad" eingebrachte Alternative (Kosten: zwei Millionen Euro) als Grundlage für ihre Berechnungen nehme. Sie sei nicht nachhaltig genug, so Stadtwerke-Chef Horst Schmidle. "Da müssen wir in zehn bis 15 Jahren wieder nachbessern."
  • Gerhard Vollmer, SPD: "Es ist gut, dass wir heute nicht abstimmen müssen, sondern nur die Bürger-Information der Verwaltung zur Kenntnis nehmen müssen." Die Entscheidung des Gemeinderates, so der SPD-Sprecher, bleibe offen, "auch in Bezug auf die Grundsteuer". Vollmer monierte indes, "dass wir nicht wissen, ob die mögliche Millionen-Spende kommt".
  • Markus Ebi, CDU: "Es ist legitim, dass die Stadtwerke als Betreiber des Bades sagen, wie sie das Bad betreiben wollen." Die angekündigte Erhöhung der Grundsteuer sei keine Drohkulisse durch Gemeinderat und Verwaltung. Da die Pflichtaufgaben der Stadt unverändert blieben, müsse die Grundsteuer erhöht werden, wenn die Freiwilligkeitsleistungen der Stadt auch weiterhin Bestand haben sollen.
  • Harald Würtenberger, FW: Sichtlich frustriert von der anhaltenden Diskussion sagte der Sprecher der Freien Wähler im Gemeinderat: "Ich fühle mich von der Verwaltung allein gelassen." Würtenberger sieht die Diskussion immer wachsweicher werden. Sein Fazit deshalb: "Wir können auch jetzt alles beschließen."
  • Bernhard Boll, AfD: "Es ist gut, dass die Bürger das letzte Wort haben. Sie werden letztlich auch bezahlen. Wie, das werden die Haushaltsberatungen zeigen."
  • Claudia Hecht, SPD: Die Waldshuter SPD-Vorsitzende warb dafür, die "grandiose Lage" zu erhalten. Allerdings sei das 2014 als Alternative zum Freibad ins Gespräch gebrachte Freizeitgelände nicht in die Gegenwart gebracht worden.
  • Sylvia Döbele, SPD: "Ich habe das Gefühl, jeder sieht sich bemüßigt, eine Rolle rückwärts zu machen." Da jede weitere Debatte "den Bürgerentscheid ins Bedeutungslose" ziehe, stellte sie den erfolgreichen Antrag auf ein Ende der Diskussion.
Kai Oldenburg

So argumentiert die Stadt

Der Bedarf an Schwimmbädern für Waldshut-Tiengen sei mit dem 2019 sanierten Freibad in Tiengen sowie dem ebenfalls runderneuerten Hallenbad in Waldshut gedeckt. Die bisherigen Besucherzahlen lägen unter dem Landesdurchschnitt. Bei einem Fortbestand des Waldshuter Freibades sei dessen Sanierung jedoch unerlässlich. Die drei Varianten verursachten Kosten in Höhe zwischen 3,5 und 5,8 Millionen Euro. Der jährliche Verlust des Bäderbetriebs würde sich um 55 000 auf 805 000 Euro erhöhen. Egal, wie teuer die Sanierung letztlich werde, sie würde mit Krediten finanziert. Um den Haushalt dadurch nicht weiter zu belasten, müsste die Grundsteuer erhöht werden. Wie stark die Erhöhung gegebenfalls ausfällt, hänge von den tatsächlichen Sanierungskosten ab.

So argumentiert Pro Freibad

Für den Verein „Pro Freibad“ wäre ein endgültiges Aus für das Waldshuter Freibad „ein großer Verlust für die gesamte Stadt“. Ein saniertes Freibad in Tiengen könne zusätzlich Besucher aus Waldshut nicht aufnehmen. Auch sei das neue Waldshuter Hallenbad im Sommer keine Alternative für ein Freibad. Für eine Instandsetzung des Bades am Waldshuter Rheinufer seien nicht 4,8 Millionen Euro notwendig, eine Sanierung sei auch mit zwei Millionen Euro machbar (Hunziker-Variante). Unter Berücksichtigung der Millionenspende und dann nicht notwendiger Rückbaukosten sei eine Eröhung der Grundsteuer „aus unserer Sicht nicht erforderlich“. Das anfallende Betriebskostendefizit aus den Bäderbetrieben werde durch die Beteiligungserlöse der Badenova nahezu gedeckt.