Da derzeit aufgrund der Corona-bedingten Einschränkungen nur wenig Verkehr in der Bismarckstraße und der benachbarten Bundesstraße 34 herrscht, ist das Hämmern der Handwerker schon von Weitem zu hören.
„Die Bauarbeiten zur Ertüchtigung des Dachstuhls schreiten zügig voran. Die Zimmerei Denz aus Görwihl ist mit vollem Einsatz dabei, um – trotz der vielen Überraschungen in diesem historischen Gebäude – im Plan zu bleiben“, teilt die Stadtverwaltung Waldshut-Tiengen auf Nachfrage dieser Zeitung zum Stand der Sanierungsarbeiten am Kornhaus mit.
Welche Überraschungen dies sind und warum sie erst während der Sanierung des 157 Jahre alten Gebäudes zutage getreten sind, erläutert der leitende Architekt Meinhard Hansen aus Freiburg: „Es wurden teils durch Eigenleistung der Nutzer im Laufe der Jahrzehnte zum Beispiel Bodenbelagsschichten aufgebracht, die darunterliegende schadhafte Bereiche verdeckten. Die konstruktiven Probleme waren daher nicht sichtbar. Gleichzeitig wurden einige statisch wichtige Balkenverbindungen abgesägt oder geschwächt.“ Neben der Bibliothek und dem Jugendcafé zählen zu den Nutzern des Kornhauses mehrere Vereine und Musikgruppen.

Auch Anna Greifenberger, Projektleiterin beim Hochbauamt der Stadt Waldshut-Tiengen, zeigte sich vom Ausmaß der Schäden überrascht. Auch sie hatte mit einem deutlich geringeren Aufwand für die Ertüchtigung des Gebäudes gerechnet. So habe sich im Herbst 2019 nach der Öffnung der Böden und Wände in den oberen Stockwerken gezeigt, wie der Zahn der Zeit an der Bausubstanz des alten Gemäuers nagt. Statiker und Architekt waren sich schnell einig, dass eine Füllung aus Mineralschutt in den Decken zweier Geschosse zur Verringerung der Deckenlast als eine der ersten Maßnahmen entfernt werden würde.
Mittlerweile sind laut Stadtverwaltung eine Reihe von Maßnahmen abgeschlossen. In enger Abstimmung mit Denkmalamt, Statiker und Brandschutzbeauftragten beinhalten diese etwa den Einbau von Stahlträgern, den Austausch verfaulter Balken und die Stabilisierung wichtiger Knotenpunkte.
Weil die Stadtbücherei erweitert wird und sich künftig auf zwei Etagen verteilt, werden unter dem Dach neue Nutzungsflächen geschaffen. Die aktuellen Sanierungsarbeiten umfassen den Brandschutz, die Dämmung und den Ausbau des Dachgeschosses sowie den Anbau einer Außentreppe mit Lift, die als Fluchttreppe erforderlich ist, und den Einbau einer neuen Innentreppe innerhalb der Stadtbücherei. Der Gewölbekeller unterhalb des Kornhauses, der bis vor wenigen Jahren für kulturelle Veranstaltungen genutzt wurde, wird aus Kostengründen hingegen nicht saniert.
Insgesamt 4,7 Millionen Euro sind für die Sanierung des Gebäudes veranschlagt. Knapp mehr als die Hälfte dieser Summe soll durch Zuschüsse wieder zurück in die Stadtkasse fließen. Mit der nun laufenden Maßnahmen wurde im Dezember 2018 begonnen. Der Abschluss der Sanierung ist für das zweite Quartal 2021 vorgesehen.
Zuletzt haben die Zimmerleute die komplette Dachkonstruktion neu ausgerichtet und dabei auch den First angehoben und begradigt. „Alle diese Arbeiten fanden im Winter statt, so dass auch die geschützten Vogelarten wie Dohlen und Alpensegler in den nächsten Wochen wieder ihre gewohnten Brutstätten in der Nordhälfte des Kornhausdachs beziehen können“, heißt es aus dem Rathaus.