Sie stehe „vor der schwierigsten Entscheidung“ in ihrer 25-jährigen Karriere als Messeveranstalterin, sagt Regina Rieger. Soll sie Anfang Oktober die Messe am Hochrhein in Tiengen wie geplant, aber unter den dann gültigen Hygiene- und Abstandsregeln durchführen, sofern Großveranstaltungen zu diesem Zeitpunkt wieder behördlich erlaubt sind?

Oder wäre es besser, die beliebte Verbrauchermesse, die zuletzt vor zwei Jahren an fünf Eröffnungstagen 40.000 Besucher anlockte, wegen der Corona-Krise auf das kommende Jahr zu verschieben? „Die vielen Wenns und Abers treiben mich um und kosten mich viele Stunden Schlaf“, äußert sich die Messeveranstalterin aus Rastatt freimütig im Gespräch mit dieser Zeitung.

Für die überwiegend regionalen Aussteller – bei der jüngsten Auflage 2018 waren es 340 – bildet die Messe am Hochrhein eine wichtige Plattform, um ihre Waren oder Leistungen an die Kunden zu bringen.

Bis zu dem am 15. März verfügten Veranstaltungsverbot hätten rund 120 Aussteller ihre Teilnahme für die diesjährige Messe bestätigt, die vom 3. bis 5. Oktober auf dem Festplatz an der Wutach und in der Stadthalle Tiengen geplant ist. „Der Anmeldestand war bis dahin so hoch wie nie“, berichtet Rieger. Doch seit dem Veranstaltungsverbot sei die Akquise eingefroren.

Veranstaltungen mit mehr als 500 Teilnehmern bis 31. August verboten

Bis zum 31. August 2020 sind Veranstaltungen mit mehr als 500 Teilnehmern von Seiten der Landesregierung untersagt. In welcher Größenordnung und unter welchen Auflagen sie danach erlaubt sind, ist derzeit unklar. Aufgrund der großen Vorlaufzeit bei der Organisation einer Messe benötigen die Veranstalterin und die Aussteller jedoch bereits jetzt dringend Planungssicherheit. „Wenn die Regierung uns hier keinen definierten Rahmen einräumt, selbstverständlich unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln, fahren bislang gesunde und erfolgreiche Unternehmen an die Wand“, lautet Regina Riegers Einschätzung.

Regina Rieger veranstaltet seit 2012 die Messe am Hochrhein in Tiengen.
Regina Rieger veranstaltet seit 2012 die Messe am Hochrhein in Tiengen. | Bild: Ingrid Böhm-Jacob

Schreiben an Wirtschaftsministerin

Die Gespräche mit den Ausstellern, die „alle um die Frage kreisen, wann dürfen auch wir wieder unserem Geschäft nachgehen“, habe Rieger kürzlich zur Kontaktaufnahme mit der baden-württembergischen Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut bewogen. In ihrer E-Mail bittet sie die CDU-Politikerin unter anderem um „planbare Zeitfenster, die uns ermöglichen, wieder mit klaren Aussagen in die Akquise einzusteigen, gerne verbunden mit einem gemeinsam erarbeiteten Präventionskonzept“.

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Regina Rieger erhielt postwendend Antwort auf ihr Schreiben. Darin teilt ihr Thomas Schwara, Referatsleiter im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, unter anderem mit, dass es Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut begrüße, dass die Messewirtschaft und auch einzelne Veranstalter wie Regina Rieger konkret über Maßnahmen nachdenken und Konzepte entwickeln, wie Messeveranstaltungen unter Berücksichtigung der Vorgaben des Infektionsschutzes durchgeführt werden können.

„Konkret plädieren wir für ein Stufenmodell, das nicht nur die Größe, sondern auch die Art der Veranstaltung berücksichtigt“, so Schwara in dem Schreiben. Doch diese Antwort bringt aus Sicht von Regina Rieger noch immer keine Planungssicherheit.

Beratung und Unterhaltung: Die Messe am Hochrhein macht Spaß. Das merkte man 2018 beim Stand des Lauchringer Küchenstudios Liebwein.
Beratung und Unterhaltung: Die Messe am Hochrhein macht Spaß. Das merkte man 2018 beim Stand des Lauchringer Küchenstudios Liebwein. | Bild: Peter Rosa

Neben ihrer Anfrage an die Wirtschaftsministerin hat Rieger ein Rundschreiben an alle Aussteller geschickt, die sich bis Mitte März für die diesjährige Messe am Hochrhein angemeldet hatten. Darin wollte sie unter anderem wissen, wie wichtig die Durchführung der Messe in diesem Jahr für die Befragten sei, oder ob sie Gründe sehen, die für eine Verlegung der Veranstaltung aufs kommende Jahr sprechen.

Die Rückmeldungen, die die Messeveranstalterin bislang erhalten hat, fielen unterschiedlich aus. Ein Teil der Aussteller rechne wegen der Corona-Krise in diesem Jahr mit weniger Besuchern und stelle deshalb die Rentabilität ihres Messestands in Frage. „Aus unserer Sicht geht die Gesundheit der Bevölkerung vor“, meldet ein weiterer Aussteller zurück, der wie etliche andere Befragten eine Verschiebung auf 2021 befürwortet. Ein anderer Aussteller betont hingegen, wie wichtig die Durchführung der Messe in diesem Jahr wäre, da er dringend auf den Umsatz angewiesen sei.

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„Meine Aufgabe ist es nun, aus den gesammelten Antworten eine Entscheidung zu treffen“, sagt Regina Rieger. Eine Entscheidung, die ihr nicht leicht falle. Denn ihre Aufgabe als Organisatorin der Messe sei es, viele Menschen zusammen zu bringen: Aussteller, die Umsatz machen, und Besucher, die Spaß und einen Mehrwert an der Veranstaltung haben.

In Zeiten der Corona-Pandemie müsse sie darüber hinaus Besucher, Personal und Aussteller vor einer Ansteckung mit dem Virus schützen. „Ich bin kreativ und fleißig, aber bekomme ich das hin?“, merkt sie nachdenklich an. Im Moment tendiert Regina Rieger daher zu einer Verschiebung der Messe am Hochrhein auf 2021.

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