Die weltweit explodierenden Energiepreise bekommen auch Verbraucher in der Region zu spüren. So müssen Stromkunden der Stadtwerke Waldshut-Tiengen künftig tiefer in die Tasche greifen. Das Unternehmen kündigt eine Anpassung seiner Tarife nach Ablauf der jeweiligen Bestandsverträge an. „Der jetzige Preisanstieg hat nicht viel mit einer normalen Marktentwicklung zu tun“, erklärt Geschäftsführer Siegfried Pflüger. So hätten sich in den vergangenen Monaten die Beschaffungspreise für Strom an der Energiebörse etwa verdreifacht.
Diese Preissteigerung geben die Stadtwerke nun zum Teil an ihre Kunden weiter. In „moderatem“ Umfang, wie Pflüger betont. Weil der regionale Energieversorger für mehre Jahre im Voraus einkauft habe, „profitieren alle Bestandskunden von der rechtzeitigen Strombeschaffung und unseren günstigen Wasserkraftstromtarifen“, fügt er hinzu. Für Neukunden würden jedoch nur begrenzte Strommengen zur Verfügung stehen. „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“, so der Geschäftsführer.
Der Stadtwerke-Chef erklärt, was die Preise in die Höhe treibt. „Die Nachfrage nach Energie ist während der zwischenzeitlichen Erholung von der Corona-Pandemie weltweit gestiegen“, nennt er einen der Gründe. Hinzu komme, dass Erdgas und Erdöl momentan knapp sind. „Gas ist unglaublich teuer geworden, und dadurch wird auch Strom teurer“, weiß Pflüger. Denn Strom werde weltweit immer noch hauptsächlich von Kohle- und Gaskraftwerken erzeugt. Zwei weitere Ursachen für den Preisanstieg sind Siegfried Pflüger zufolge die Verteuerung der sogenannten CO2-Zertifikate, die Unternehmen kaufen müssen, um eine Tonne Kohlendioxid produzieren zu dürfen, sowie spekulative Geschäfte an der Energiebörse.
Die Stadtwerke Waldshut-Tiengen erhöhen ihre Strompreise für jeden Kunden zu einem bestimmten Datum – nämlich dann, wenn der bestehende Vertrag abgelaufen ist und verlängert wird. „Wir rechnen rollierend ab“, erklärt Petra Oberle, Teamleiterin des Stadtwerke-Kundenservice. Das bedeutet beispielsweise, dass bei einem Vertrag, der zum 31. Oktober 2022 ausläuft, die neue Preisstruktur erst beim Folgevertrag wirksam wird. „Unsere Bestandskunden werden etwa sechs Wochen vorher informiert und aktiv beraten“, verspricht Siegfried Pflüger.
Petra Oberle stellt bereits einen erhöhten Beratungsbedarf fest. „Wir haben derzeit viel Anrufe“, berichtet sie. Das Kundenservice-Team sei deshalb aufgestockt worden. „Wir hoffen, dass alle Anrufer durchkommen“, so der Geschäftsführer. „Unter Umständen gibt es kurze Wartezeiten“, fügt Oberle hinzu. Mit dem Schreiben über die neue Preisstruktur informieren die Stadtwerke Waldshut-Tiengen ihre Kunden auch über die geänderten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs). „Wir müssen diese der aktuellen Rechtssprechung anpassen“, erklärt Pflüger.
Bonuskarten fallen weg
Bislang haben Kunden der Stadtwerke bei Vertragsabschluss oder Vertragsverlängerung Bonuskarten beispielsweise für ermäßigten Eintritt in den städtischen Bädern oder eine Freifahrt mit der Rheinfähre erhalten. Diese fallen künftig weg. „Aufgrund der Tarifpreisanpassung müssen wir auf den Bonus verzichten“, erklärt Petra Oberle. Alle Karten, die im Umlauf sind, behalten jedoch ihre Gültigkeit, betont sie.
Die Stadtwerke Waldshut-Tiengen sind eigentlich ein regionales Energieversorgungsunternehmen. Etwa 12.000 Kunden beliefern sie mit Strom. Mittlerweile zählen dazu auch Verbraucher außerhalb des Marktgebiets – beispielsweise aus dem Raum Esslingen bei Stuttgart. Siegfried Pflüger erklärt, wie es dazu kam: „Eine Internetplattform hat uns als besten und günstigsten Ökostromlieferanten empfohlen.“
Apropos Ökostrom: „Seit 1. April 2011 beziehen die Stadtwerke Ökostrom zu 100 Prozent aus Wasserkraft“, berichtet Prokurist Thomas Schilling und fügt mit Blick auf die Energiewende stolz hinzu: „Wir haben schon vor zehn Jahren die Zeichen der Zeit erkannt.“