Derart direkt sind die gegensätzlichen Positionen von Gemeinderat und Oberbürgermeister Philipp Frank wohl noch nie aufeinandergeprallt. Zumindest gilt das für die öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats. Dabei war die Protestaktion des Gremiums ein Eklat mit Ansage. Denn dass es im Verhältnis zwischen Oberbürgermeister und den Stadträten brodelt wie im Innern eines Dampfkochtopfs, ist selbst für Außenstehende seit langem nicht mehr zu übersehen.
Frust und Verärgerung sind kontinuierlich gewachsen
Sicher: Bisher bemühten sich alle Beteiligten redlich, die Unstimmigkeiten nach außen hin zu kaschieren. Kritische Debatten und allzu kontroverse Auseinandersetzungen wurden konsequent hinter verschlossenen Türen ausgetragen. Das hat aber nicht zu deren Lösung beigetragen, sondern augenscheinlich den Frust nur noch gesteigert.
Jetzt war der Druck so groß, dass eine leichte Erschütterung genügt hat, um den Deckel vom Topf zu jagen. Die Erschütterung kam in Form der Krankmeldung der Ersten Beigeordneten Petra Dorfmeister unter Verweis auf „Vorkommnisse“ in der vorangegangenen Gemeinderatssitzung.
Und wie das so ist: Ist der Deckel erst einmal weg, gibt es kein Halten mehr. Beim Gemeinderat kulminierte es in offen vorgetragenen Zweifeln an den Führungsqualitäten des OB. Das ist starker Tobak, noch dazu kommt dieser Eklat für Philipp Frank zur Unzeit, laufen seine Bemühungen um eine Wiederwahl doch auf vollen Touren. Da sind Störgeräusche dieser Art kontraproduktiv. Dass Frank wiederum von „Rufmord“ spricht, dass er den Protest als Wahlkampfmanöver abstempelt, ist aber zu einfach.
Auf jeden Fall hätte sich jetzt die große Gelegenheit geboten, die dringend angebrachte klärende Aussprache zu führen, auch wenn damit möglicherweise viel Unangenehmes mit hochgespült worden wäre.
Deckel drauf und alles auf Anfang
Stattdessen wurde einfach der Deckel wieder auf den Topf gedrückt – in unausgesprochenem Einvernehmen: Der OB würgte die Diskussion ab, das Gremium nahm es hin. Die Kehrtwende, die alle Beteiligten dafür hinlegen mussten, war gerade zu beeindruckend. Der Übergang zur Tagesordnung vollzog sich geradezu geschmeidig.
Zurück bleibt ein ratloses Publikum. Auch Spannungen sind nicht aus der Welt geschafft. Geklärt sind einzig die Fronten. Doch das schürt nur noch mehr Fragen. Die drängendste ist: Wie soll unter diesen Vorzeichen eigentlich die weitere Zusammenarbeit zwischen OB und Gemeinderat aussehen?
Ziemlich sicher darf man aber in einem Punkt sein: Eine Fortsetzung folgt bestimmt irgendwann. Man darf gespannt sein, ob der Zeitpunkt aus Sicht der Beteiligten dann besser passt.
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