Die Folgen des Klimawandels machen auch vor dem Kinderbetreuungsangebot der Großen Kreisstadt nicht Halt: Nach 17 Jahren muss der Waldshuter Waldkindergarten (Wawaki) seinen Standort aufgeben und wird voraussichtlich kommendes Frühjahr näher an die Bergstadt heranrücken. Derweil ist die Nachfrage nach Waldpädagogik so groß, dass die Stadt in Zusammenarbeit mit dem DRK Kreisverband Waldshut als Träger der Einrichtung einen weiteren Waldkindergarten bei Tiengen gründen wird.
Trockenheit setzt Bäumen zu
Genau genommen sind es vor allem Sicherheitsaspekte, die einen Standortwechsel des Wawaki notwendig machen, wie dessen Leiterin Marinella Stockinger im Gespräch mit unserer Zeitung verdeutlicht: „Viele Buchen sind inzwischen aufgrund der Trockenheit abgestorben.“

Sie stehen derzeit noch als Totholz im Wald, stellen aber ein so hohes Gefahrenpotenzial in Form von herabfallenden Ästen und dergleichen dar, dass Kinder schon jetzt die betroffenen Teile des Waldes aus Sicherheitsgründen nicht mehr betreten dürfen. Hinzu kommen wuchernde Hecken und Sträucher: „All das macht die Nutzung des Areals im Alltag zunehmend schwierig.“
Die Lösung liegt nur einige hundert Meter Luftlinie entfernt, südlich der Bergstadt. Hier befinde sich ein jüngerer Baumbestand, zudem biete sich das ganze Areal bestens für eine pädagogische Nutzung an, wie Stockinger und Michael Guldi, Vertreter des Kindergartenträgers DRK-Kreisverband Waldshut, dem Gemeinderat darstellten.

Bei vorhersehbaren Unwettern könne wie gewohnt der Gruppenraum des Kindergartens in der Stadt genutzt werden. Bei plötzlichem Wetterumschwung stünden Räume in der Kita Eichholzstraße in der Bergstadt zur Verfügung.
Auch Bauwagen ist marode
So unumstritten die Notwendigkeit des Kindergarten-Umzugs angesichts der veränderten Rahmenbedingungen blieb, so sehr schieden sich die Geister im Gemeinderat an der Tatsache, dass der Bauwagen am Kindergartenstandort ersetzt werden soll. Dieser dient den Kindern als Gruppenraum und Gelegenheit zum Aufwärmen oder für Bastel- und Spielaktivitäten. Doch nach 17 Jahren im Wald, nach Schädlingsbefall und etlichen Sanierungen sei der Wagen nicht mehr zu retten, schilderte Guldi.

Ein neuer müsse beschafft werden. Kostenpunkt: 100.000 Euro. Allein die Kosten für den Auflieger beliefen sich laut Guldi auf 30.000 Euro. Hinzu komme der Aufbau, in dem Ofen, Toiletten, Sitzmöglichkeiten und Schränke eingebaut sind. Weitere Kosten sind durch Forstarbeiten zur Vorbereitung des neuen Standorts zu erwarten
Kritik über Höhe der Kosten

Gemäß dem Vertrag mit dem Kindergartenträger muss die Stadt 80 Prozent der Kosten übernehmen – ein Umstand, den Thomas Hilpert (FW), aber auch seine Ratskollegen Antonia Kiefer (Grüne) und Harald Langfeld (NL), scharf kritisierten.
Philipp Studinger (CDU) zeigte derweil Verständnis für die notwendige Investition: „Nach so langer Zeit in Wind und Wetter ist so ein Wagen eben verschlissen.“ Abgesehen davon sei der städtische Anteil von 80.000 Euro weit davon entfernt, „was wir in den vergangenen Jahren im Kita-Bereich an anderer Stelle investiert haben“, gab Studinger zu bedenken.
Schließlich stimmte der Gemeinderat der Übernahme der Kostenanteile für Umsiedlung Neubeschaffung eines Bauwagens einstimmig zu.
Zweiter Waldkindergarten in Tiengen
Investitionen in ähnlicher Höhe stehen der Stadt derweil auch an anderer Stelle ins Haus, denn: Aufgrund des großen Interesses plant die Stadt, dort die Schaffung eines zweiten Waldkindergartens. Der Errichtung der Einrichtung samt Anschaffung eines weiteren Bauwagens und Kostenbeteiligung in Höhe von 85.000 Euro stimmte der Gemeinderat ebenfalls einstimmig zu.
Es gehe darum, ein möglichst vielfältiges Betreuungsangebot zu bieten, verdeutlichte Stephanie Meyer, Verantwortliche für Schulen und Kindergärten, im Gemeinderat. Zudem werde die Einrichtung benötigt, „weil der Betreuungsbedarf in Tiengen aktuell nicht gedeckt werden kann“, so Meyer weiter. Aktuell stünden für das laufende Kindergartenjahr noch 45 Kinder auf der Warteliste.
Zwei Jahre Vorlaufzeit
Der nun ins Auge gefasste Standort am Vitibuck, nahe dem dortigen öffentlichen Spielplatz, sei Ergebnis eines gut zweijährigen Prozesses und mehreren Ortsterminen mit Jürgen Bacher, zuständig für das Forstrevier Tiengen. In der Nähe befindet sich die Hütte des Sängerbunds Tiengen, die im Notfall als Anlaufstation für die Kinder genutzt werden kann.
Wie Bacher erklärte, seien vor Nutzung des Areals als Waldkindergarten noch einige Wegebaumaßnahmen notwendig, außerdem müssten Baumkletterer eingesetzt werden, um das Astwerk auszudünnen.
Auf Nachfrage von Harald Würtenberger (FW), inwieweit auch im Fall des Tiengener Waldkindergartens in einigen Jahren mit einer Umsiedlung aufgrund von Klimaeinwirkung und Veränderungen im Wald gerechnet werden müsse, konnte Bacher derweil noch keine abschließende Antwort geben: „Wir haben die Standortsuche sehr intensiv betrieben und einen guten Platz gefunden. Ein Restrisiko gibt es bei einem Standort im Wald aber immer.“