Aus der temporären Schließung des Waldshuter Bahnhofskiosks wird eine Dauerlösung. Der bisherige Pächter ist derzeit mit den letzten Aufräumarbeiten beschäftigt. Ende des Monats sei endgültig Schluss – nach zwölf Jahren. Für ihn sei die Entwicklung schmerzhaft, wie er sagt.

Die Endgültigkeit der ursprünglich als temporäre Maßnahme angekündigten Schließung schmerze ihn sehr. Weil er über all die Zeit die Bemühungen der Polizei nach Kräften unterstützt habe, die kriminellen Umtriebe im Bahnhofsumfeld zu bekämpfen, möchte er aus Sorge um die persönliche Sicherheit nicht namentlich in Erscheinung treten. Trotz allem: Was die Hintergründe und Erfolgsaussichten des Vorgehens anbelangt, haben er und die Stadtverwaltung von Waldshut-Tiengen derweil gegensätzliche Positionen.

Vorzeitige Schließung in vorauseilendem Gehorsam

Im Februar hatte der Pächter den Kiosk geschlossen – vorzeitig, aus eigenem Antrieb und aus heutiger Sicht wohl auch übereilt, so schätzt er die Entscheidung mittlerweile ein. Denn unter anderem habe dies dazu geführt, dass er einen Großteil seiner Waren abschreiben muss.

Der Verkaufsbereich: Die Waren kann der Kioskbetreiber laut eigenen Angaben größtenteils abschreiben.
Der Verkaufsbereich: Die Waren kann der Kioskbetreiber laut eigenen Angaben größtenteils abschreiben. | Bild: Baier, Markus

Allein bei Getränken beziffert er den Verlust auf mehrere tausend Euro, weil das Haltbarkeitsdatum abgelaufen sei. Viele andere Waren müsse er entsorgen, weil er sie nicht an Lieferanten zurückgeben oder abverkaufen dürfe, erklärt er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Behörden hatten sozialverträgliches Vorgehen geplant

Eben um solche Erschwernisse zu verhindern, sei eigentlich ein anderes Vorgehen vereinbart gewesen, wie Waldshuts Pressesprecherin Verena Pichler noch einmal darstellt: Für die Monate April und Mai sei eine temporäre Schließung des Bahnhofskiosks geplant gewesen. Dies sollte als Pilotversuch dienen, um zu prüfen, „ob sich dadurch die Zahl Vorkommnisse in diesem Bereich verringern lässt“, so Pichler weiter.

Der Betreiber sei frühzeitig involviert worden, um ihm „ausreichend Zeit für organisatorische Anpassungen – etwa beim Warenbestand – einzuräumen“, so Verena Pichler. Zugleich habe die Stadt ihm aber auch Entschädigungszahlungen für Ausfälle gewährt, so Pichler weiter. Die Entscheidung zur Schließung bereits ab Februar habe der Mann eigenständig getroffen.

Pächter unterstützt die Polizeibehörden

Dass der Handlungsbedarf immer dringender geworden sei, unübersehbar gewesen, schildert der scheidende Pächter des Kiosks. Immer häufiger sei es zu Handgreiflichkeiten gekommen, immer wieder habe er Messer oder Pfefferspray gefunden. Sogar Drogen-Deals habe er immer wieder beobachtet.

Die Ware weckt Begierden: Inzwischen haben Unbekannte versucht, ins Innere des Kiosks einzudringen. Es blieb allerdings beim Versuch.
Die Ware weckt Begierden: Inzwischen haben Unbekannte versucht, ins Innere des Kiosks einzudringen. Es blieb allerdings beim Versuch. | Bild: Baier, Markus

„Ich habe das Problem sehr ernst genommen, und teilweise mehrfach am Tag Zwischenfälle bei der Polizei gemeldet“, schildert der Kiosk-Pächter. Er und seine Mitarbeiter hätten vollumfänglich mit der Polizei kooperiert.

Denn „die Leute, die da Stress machen“, das seien nicht die Kunden seines Kiosks gewesen. Im Gegenteil: Das seien seiner Beobachtung nach vor allem junge Männer gewesen, „die vor keinem Respekt haben“ und die schlecht für sein Geschäft gewesen seien, weil sie das ganze Bahnhofsumfeld in Verruf gebracht hätten.

Als konkrete Maßnahmen angekündigt worden seien, habe er sich daher sofort bereit erklärt, seinen Beitrag zu leisten: „Ich habe gehofft, dass wir dadurch wirklich mehr Sicherheit und eine Entspannung der Situation erreichen, und wir im Lauf des Sommers wieder regulär öffnen können.“

Schon im April wird Kiosk-Aus besiegelt

Auch im Keller des Kiosks ist noch ein Vorrat vorhanden.
Auch im Keller des Kiosks ist noch ein Vorrat vorhanden. | Bild: Baier, Markus

Doch schon Anfang April haben sich diese Hoffnungen zerschlagen. Im Rahmen einer Besprechung mit Vertretern der Stadt sei ihm ein Auflösungsvertrag unterbreitet worden, der gleichsam das endgültige Aus für den Bahnhofskiosk bedeutet. Ob sprachliche Schwierigkeiten ausschlaggebend waren oder der Wunsch, nicht anecken zu wollen, kann der Pakistani heute nicht mehr genau sagen: „Ich habe unterschrieben, aber was das für Auswirkungen haben würde, wurde mir erst später bewusst.“

Die Konsequenzen seien jedenfalls wirtschaftlich wie persönlich bitter gewesen, denn gerne hätte er wenigstens die Ware abverkauft, und sich persönlich von der Kundschaft verabschiedet. Doch dies sei ihm nicht gewährt worden, bedauert er.

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Dass sich die Lage rund um Bahnhof und Busbahnhof durch die Kioskschließung in erwarteter Weise gebessert habe, sehe er derweil nicht. Die aggressiven Jugendgruppen seien nach seiner Beobachtung immer noch vor Ort aktiv. Es gebe nur niemanden mehr, der ihre Umtriebe bei der Polizei anzeige.

Unterstützungsversuche bei Anschlusslösung bleiben fruchtlos

Nicht nur in diesem Punkt weicht die Sicht des Kiosk-Pächters von der Stadt ab. Die Lage rund um den Bahnhof habe sich „spürbar beruhigt“, schildert Verena Pichler. Deshalb sei auch die dauerhafte Schließung vereinbart worden – „einvernehmlich“, wie Pichler betont.

Der Kioskbetreiber sei dabei keineswegs allein gelassen worden: Neben der Ausfallentschädigung seien ihm durch das städtische Citymanagement „verschiedene Möglichkeiten angeboten worden, um seine Warenbestände abzusetzen und perspektivisch auch sein Geschäftsmodell weiterzuentwickeln.“

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Zudem habe durchgehend das Angebot bestanden, den Pächter beim Finden einer Anschlussperspektive zu unterstützen. Optionen in Waldshut und Tiengen seien ihm vermittelt worden, führt die städtische Pressesprecherin näher aus. „Leider wurde keines dieser Angebote weiterverfolgt. Trotz mehrfacher Kontaktaufnahme, unter anderem per E-Mail, kam es zu keiner konkreten Rückmeldung oder Umsetzung“, bedauert sie.

Am 30. September soll Schlüssel übergeben werden

Dass es Unterstützungsversuche durch die Stadt gegeben habe, bestätigt auch der Pächter. Die Bemühungen habe er noch nicht aufgegeben, doch der Fokus lag für ihn in den vergangenen Wochen auf der Räumung des Kiosks.

In wenigen Tagen wird dieses Kapitel endgültig abgeschlossen sein. Am 30. September werde er den Schlüssel abgeben. Er blicke dankbar zurück und optimistisch nach vorn. Und er hoffe, dass das gesteckte Ziel, durch die Maßnahme mehr Sicherheit für die Bevölkerung zu erzielen, erreicht werden könne, betont er.

Aus Kiosk wird Fahrradabstellanlage

Dass es keinen Nachfolgebetrieb für den Kiosk geben wird, ist unterdessen längst bekannt. „Die Stadt erwägt, am Standort eine gesicherte Fahrradabstellanlage einzurichten. Diese soll besonders für hochwertige Räder wie E-Bikes Schutz bieten“, so Pichler. Damit werde der Verkehrsknotenpunkt „Bahnhofsvorstadt“ sinnvoll ergänzt.

Einen konkreten Zeitplan für die Realisierung dieser Pläne gebe es allerdings nicht.