Reinhard Valenta

Noch immer klingt kindlicher Stolz in seiner Stimme, wenn der 86-jährige Rentner Theo Adler von seinem Vater Eugen erzählt: „Er war der erste Arbeiter in Wehr, der ein Auto besaß.“ Das war in den 1930er Jahren. Damals hatte MBB-Chef Anton Denk einen Mercedes samt Chauffeur, der Max Stehle hieß. Auch die Fabrikanten Rupp und Hauber von der Wehra AG waren motorisiert und noch einige andere Geschäftsleute. Das war es dann aber. „Sogar der alte Dr. Sutter war damals – wie viele andere Wehrer – mit dem Drahtesel unterwegs, wenn er Hausbesuche machte“, sagt Adler.

Eugen Adler war einer der ersten motorisierten Wehrer: Im Bild sein Führerschein – ausgestellt von der Republik Baden.
Eugen Adler war einer der ersten motorisierten Wehrer: Im Bild sein Führerschein – ausgestellt von der Republik Baden. | Bild: Familienarchiv Adler

Doch der 1891 in Säckingen geborene und aufgewachsene Eugen Adler war ein ungewöhnlicher Mann. Als einer der ersten Lehrlinge vom Hochrhein hatte er bei ABB in Baden/CH eine Kombi-Ausbildung zum Elektriker und Schlosser absolviert. Ein Traumberuf, weil die Elektrizität damals genauso sensationell war wie heute die Digitalisierung. Solche Fachleute benötigte die Kaiserliche Marine für ihre modernen Schlachtschiffe wie die „Scharnhorst“ oder die „Gneisenau“. Auf beiden diente der junge Elektriker, nachdem er 1912 zur Marine einberufen worden war.

Eugen Adler als Soldat in China. Hier kam er 1914 in japanische Kriegsgefangenschaft.
Eugen Adler als Soldat in China. Hier kam er 1914 in japanische Kriegsgefangenschaft. | Bild: Familienarchiv Adler

Als der Erste Weltkrieg ausbrach, war Eugen Adler im fernen China. Am 7. November 1914 geriet er nach der Schlacht um Tsingtau in japanische Kriegsgefangenschaft. Um der Langeweile des eintönigen Lagerlebens zu entgehen, bastelte er eine Modell-Kanone. Die Japaner waren von dem Werkstück so begeistert, dass sie es später dem deutschen Staat schenkten. Heute befindet sich die Adler‘sche Modell-Kanone im Deutschen Museum in München. „Keine Ahnung, wie sie dorthin gekommen ist“, sagt sein Sohn Theo.

Die Modellkanone, die Eugen Adler einst in der Schlosserei der MBB gebaut hat, steht heute im Deutschen Museum in München.
Die Modellkanone, die Eugen Adler einst in der Schlosserei der MBB gebaut hat, steht heute im Deutschen Museum in München. | Bild: Familienarchiv Adler

Es ist also kein Wunder, dass Eugen Adler, nachdem er 1920 wieder in Deutschland war, ein „Automobilist“ wurde. „Ich weiß noch, wie er einmal den Motor seines Morris in der Wohnstube zerlegt und wieder zusammengeschraubt hat“, erinnert sich der 1933 geborene Theo Adler. Für ihn gilt die Volksweisheit, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt. Wie sein schon 1942 gestorbener Vater zuvor, wurde Theo Adler Betriebsschlosser bei der MBB. Und wie sein Vater war auch er ein begeisterter Sportschütze.

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Theo Adler berichtet gern, wie Vater und Sohn im ehemaligen Schützenhaus am Lind auf dem 140-Meter-Schießstand die Telefonkabel verlegt haben. „Danach konnten die Treffer besser gemeldet werden.“ Adler hat auch noch die alten Herren vom Schützenverein gut im Gedächtnis, dessen Mitglied er 1953 wurde: „Der Uhrmacher Ludwig Trefzger, der alte Adolf Laule, der MBB-Obermeister Genter, der Installateur Karl Leber und der Schützenwirt Helmut Büche hatten damals das Sagen.“

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Als aktives Mitglied nahm Theo Adler an vielen Wettkämpfen teil. Auch als Rentner hatte er noch eine so sichere Hand, dass er 1999 das Ehrenscheibenschießen gewann. Die Scheibe belegt in seinem Haus am Storchensteg ebenso einen Ehrenplatz wie eine kleine Modellkanone, die sein Vater Eugen seinerzeit in der Schlosserei der MBB gebaut hat.

Dass es sich bei den 66 Jahren Mitgliedschaft in der Sportschützengesellschaft Wehr um eine Schnapszahl handelt, kommentiert Adler humorvoll: „Aus Schnaps habe ich mir nicht viel gemacht. Schlosser und Schützen brauchen eine ruhige Hand.“

Bild 4: Der 86-jährige Theo Adler, Sohn eines der ersten Autofahrer in Wehr, schildert den bewegten Werdegang seines Vaters
Bild: Picasa