Die Diskussion um die neue Gestaltung des Adler-Areals und damit eines Teils der Allensbacher Ortsmitte droht, sich im Kreis zu drehen, wozu auch Missverständnisse offenbar beitragen. Der Gemeinderat hat beschlossen, einen Bebauungsplan dafür zu machen, und dessen Entwurf, der sich an den Plänen der Reichenauer Sparkasse orientiert, vor einigen Wochen auch bei einer Nein-Stimme zugestimmt.
Im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit innerhalb des Bebauungsplanverfahrens hatte die Gemeinde nun zu einer Bürgeranhörung ins Foyer der Bodanrückhalle eingeladen. Sprich: Die Bürger sollten sich zu Inhalten des Planentwurfs äußern können und Änderungswünsche vorbringen.
Bürgermeister Stefan Friedrich sagte eingangs vor rund 100 Bürgern und einigen Gemeinderäten, die gekommen waren, es sei keine Diskussion an diesem Abend vorgesehen. Das wurde es aber dann doch, weil die Vertreter der Bürger-Gruppe Adler-Areal grundsätzliche Kritik am ganzen Verfahren haben.

Gabriele Jauernig von der Bürger-Gruppe monierte, der Bürgermeister habe im Juni bei der ersten öffentlichen Vorstellung der Sparkassen-Pläne im Gemeinderat gesagt, man stehe ganz am Anfang der Planung, es handele sich nur um eine erste Skizze. Und nun wolle die Gemeinde „im Rekordtempo“ und basierend nur auf dem Konzept der Sparkasse einen Bebauungsplan machen. Und die Bürger hätten keine Chance gehabt, darüber zu diskutieren, meinte sie. Das sei keine Bürgerbeteiligung.
Attraktive Ortsmitte angestrebt
Man habe dasselbe Ziel, man wolle eine attraktive und lebendige Ortsmitte. Aber über den Weg gebe es unterschiedliche Vorstellungen. Dabei gehe es hier um das größte Bauvorhaben im historischen Ortskern seit langer Zeit. Da gebe es Chancen und Möglichkeiten. Und es brauche eine Vision, wie die Ortsmitte in den kommenden Jahrzehnten aussehen solle, auf der ein Bebauungsplan basiere.
„Wir dürfen unseren historischen Ortskern nicht dem Zufall überlassen“, meinte Jauernig. Und sie forderte im Namen der Gruppe einmal mehr einen Gestaltungsbeirat. Hierfür hätten bereits mehr als 430 Bürger unterschrieben, wobei sie selbst anmerkte, dass davon rund 16 Prozent nicht in Allensbach wohnen.
Der Bürgermeister meinte: „Tatsächlich wollen wir alle eine Verbesserung. Wir sind uns nicht einig über den Weg. Und sie fühlen sich noch zu wenig mitgenommen.“ Er sagte schließlich auf Vorschlag von Dieter Krause von der Gruppe zu, noch mal ein Gespräch zu organisieren zwischen dieser, der Gemeinde und der Sparkasse, und eine weitere Informationsveranstaltung.
Doch Friedrich verwies auch darauf, dass es bereits ein Gespräch mit der Gruppe und den Fraktionen gegeben habe. Und dass es in den vergangenen Jahren auch Bürgerbeteiligungen zur Ortsmitte gegeben habe und darauf basierend einen Wettbewerb mit vier Planungsbüros fürs Dorfzentrum. Zudem habe die Gemeinde ein Entwicklungskonzept für die Ortsmitte erstellt im Rahmen des Landessanierungsprogramms, meinte er zu dem Einwurf eines Bürgers, es brauche erst mal ein städtebauliches Konzept, bevor man einen Bebauungsplan mache.
Und auf die Anregung eines anderen Bürgers, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan sinnvoller wäre, der genau festlegt, was und wie gebaut werden darf, erklärte Friedrich: „Wir verzichten nicht auf einen städtebaulichen Vertrag.“ Da könne man vieles regeln. Und zum Thema Gestaltungsbeirat wehrte er sich gegen den Vorwurf, die Gemeinde lehne dies ab.
Es sei im Rahmen des Bebauungsplans nicht erforderlich, meinte der Bürgermeister vielmehr, weil ein solcher Beirat „ein fertiges Bauvorhaben“ beurteilen sollte, und: „Wir reden nicht über einen Bauantrag.“ Zudem verwies er darauf, dass die Gemeinde im Technischen Ausschuss durchaus bereits fachliche Expertise von außerhalb habe.
„Mir ist das alles zu klobig“
Neben der grundsätzlichen Kritik am Verfahren gab es auch ein paar konkrete Änderungswünsche zum vorliegenden Planentwurf. So wurde gefordert, die Möglichkeit eines Parkplatzes beim alten Bahnwärterhäuschen an der Brunnengasse zu streichen. Zumal damit die Möglichkeit genommen werde, das Bahnwärterhäuschen schön und neu zu gestalten.
Die Wirtin vom Restaurant Weinbrunnen wollte wissen, wie sich der Verkehr in der Brunnengasse durch die geplante Neugestaltung entwickeln werde. Worauf Gemeinderätin Karin Heiligmann (Freie Wähler) erklärte, dass der Rat an der Brunnengasse eigentlich keinen Parkplatz wolle. Und dass die Entwürfe der Sparkasse eben nur Entwürfe seien.
Gemeinderat Jürgen Saegert (Bunte Liste) meldete sich als Bürger zu Wort und forderte wie schon in der Sitzung vor einigen Wochen, dass es bei der geplanten Wohnbebauung nördlich der Radolfzeller Straße mehr Struktur brauche, die Intensität der Bebauung sei zu hoch. „Mir ist das alles zu klobig, zu gewaltig.“
Eine Bürgerin appellierte ebenfalls an die Entscheidungsträger, sich über Umfang, Höhe und Breite der Gebäude Gedanken zu machen, und bat um eine sensible Vorgehensweise. Sie verwies auf andere neue Häuser, die in jüngster Zeit in der Gemeinde gebaut wurden. „Da wird mir um den Ortskern angst und bange.“
Und ein Bürger, der offensichtlich nicht zur Gruppe Adler-Areal gehört, sagte: „Ich bin froh, dass wir endlich Bewegung im Ortskern haben.“ Und er finde es gut, dass die Sparkasse hier so viel Geld investieren wolle. Wobei auch er meinte: „Die Wohnhäuser sind schon brutal massiv.“ Aber die Sparkasse müsse natürlich auch wirtschaftlich denken.
Planung kann noch optimiert werden
Die Planerin Stephanie Witulski von der Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg), die den Bebauungsplan erarbeiten muss, erinnerte ebenso wie der Bürgermeister daran, dass es in den vergangenen Jahren schon einen längeren Entscheidungsprozess mit Bürgerbeteiligung gegeben habe. Die Gemeinde könne dankbar sein, dass hier die Sparkasse einsteigen wolle und nicht ein privater Investor, der nur Rendite wolle.
Sie räumte aber auch ein, dass es vielleicht besser gewesen wäre, wenn der Architektenwettbewerb für die Neugestaltung nicht von der Sparkasse allein, sondern unter Einbindung der Gemeinde durchgeführt worden wäre. Und Witulski sagte: „Die Planung kann mit Sicherheit noch optimiert werden.“ Da werde es weitere Diskussionen geben. Doch die Planerin sagte auch noch etwas ganz Grundsätzliches: „Wir nehmen alle Anregungen zur Kenntnis. Der Gemeinderat entscheidet.“