Wie sehr die Sanierung der früheren Vogtei in der Seestraße von Bodman die Nachbarn und Einwohner fasziniert, zeigte sich beim Richtfest der Familie Kreibich, die in das 417 Jahre alte Haus einziehen will. Rund 100 Gäste und Baubeteiligte kamen, um die bisherigen Meilensteine zu feiern. Die Arbeiten sind schon sehr gut vorangeschritten und eine Stützkonstruktion aus Metall im Inneren des Hauses, die es zusammenhielt, konnte inzwischen wieder entfernt werden.

Die ursprüngliche Bausubstanz ist nun erhalten und ergänzt. So dauerte es zum Beispiel rund ein Jahr, bis rund um das Haus das Fundament Stück für Stück erneuert war. Innen ist an Balken zu sehen, wie nur die notwendigen Stellen mit Holz erneuert wurden und sich eine Verbindung aus Alt und neu ergibt. Der SÜDKURIER war dort bereits im August 2023 zu Gast – seither hat sich viel verändert.

Die Gäste verfolgen gespannt den gereimten Richtspruch der Zimmerer.
Die Gäste verfolgen gespannt den gereimten Richtspruch der Zimmerer. | Bild: Löffler, Ramona

Das Fensterband von 1607 ist wieder da

Zudem ist im Hochparterre nun die historische Fensterfront aus der Bauzeit des Hauses wiederhergestellt, also aus dem Jahr 1607. Das sei ein Element, das auf die ursprüngliche Nutzung des Hauses hinwies: Dort lebte der Vogt, was heute einem Bürgermeister entspricht.

Ein ganz besonderer Gast beim Richtfest war eine Dame aus der Fotografenfamilie Bohl, die 1935 in diesem Haus zur Welt gekommen war und dort ihre Kindheit und Jugend verbracht hatte. Sie zeigte sich sehr beeindruckt und erzählte beim Anschauen der Räume, was zu ihrer Zeit wo gewesen war. So erinnerte sie sich zum Beispiel an einen großen Kachelofen in der Stube, die auch heute noch eine sehr niedrige Decke hat.

Steffen Wolf, Paul Konrad und Dorothee Steinbrich von der Firma Hummel halten den Richtspruch und werfen dann ihre Gläser an eine ...
Steffen Wolf, Paul Konrad und Dorothee Steinbrich von der Firma Hummel halten den Richtspruch und werfen dann ihre Gläser an eine sichere Stelle: Scherben bringen Glück. | Bild: Löffler, Ramona

Erinnerungen einer früheren Bewohnerin

„Wir haben als Kinder immer auf dem Dachboden gespielt“, erzählte die 86-Jährige. Ihr war deutlich anzusehen, wie jeder Schritt und jeder Raum neue Erinnerungen weckt. Der Raum neben dem mit dem Kachelofen sei die Küche gewesen. Dort saßen beim Richtfest viele Gäste an Tischen mit Bierbänken.

Die Besucher schauen fasziniert an, wie sich alles verändert hat. Die Dame in der Mitte ist sogar im Haus aufgewachsen.
Die Besucher schauen fasziniert an, wie sich alles verändert hat. Die Dame in der Mitte ist sogar im Haus aufgewachsen. | Bild: Löffler, Ramona

Ihr Vater war Fotograf gewesen und es gab viele Aufnahmen des Hauses aus der Zeit, als die Familie dort gelebt hat. Ausdrucke davon konnten die Gäste überall hängen sehen und so einen Blick in die Vergangenheit des Hauses und das damalige Leben werfen.

Bauherren starten mit 60 nochmal neu

Astrid und Matthias Kreibich standen nach dem Richtspruch der Zimmerer Paul Konrad, Steffen Wolf und Dorothee Steinbrich von der Firma Hummel überwältigt auf dem Außengerüst vor dem Hochparterre. „Dass wir heute hier stehen würde, hätte ich im Traum nicht gedacht“, sagte die Historikerin Astrid Kreibich. Sie und ihr Mann Matthias hätten sich in dieses Haus verliebt und sich „im reifen Alter von 60 Jahren“ an dieses Projekt gewagt. Sie dankte für die Unterstützung und das Wohlwollen aller Freunde, Bekannten und Baubeteiligten.

Die Besucher applaudieren beim Richtspruch und den Reden.
Die Besucher applaudieren beim Richtspruch und den Reden. | Bild: Löffler, Ramona

Bauherr Matthias Kreibich, der auch Architekt ist, griff in seiner Rede ein paar Besonderheiten des Gebäudes auf und dass er und seine Frau erst die dritten Besitzer seien. Das Haus sei Jahrhunderte im Besitz der Gräflichen Familie Bodman gewesen, ehe dieses es verkauft habe.

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Materialien wie zur Entstehungszeit

Er nannte die Mitarbeiter der Firma Hummel „Helden“, da diese unglaubliche Arbeit geleistet hätten. Er hob zudem hervor, dass eine andere Firma den Kachelofen von 1920 abgebaut und gereinigt habe. Er solle nun bald wieder aufgebaut werden. „Wir verwenden Lehm, Kork, Hanf und Schilf als Materialien“, beschrieb Kreibich zu den Wänden und dem Dach.

Rolf Hummel übergibt Matthias Kreibich ein Geschenk.
Rolf Hummel übergibt Matthias Kreibich ein Geschenk. | Bild: Löffler, Ramona

Die Bauherren nahmen gerührt Geschenke entgegen. Firmenchef Rolf Hummel hatte etwas Besonderes: Eine Hausbockkäfer-Larve in einer speziellen Box, so dass die Kreibichs ihr zuhören und ihre Entwicklung zum Käfer sehen können, die ein paar Jahre dauern wird. Der Wurm sei im Nordgiebel des Hauses gefunden worden.

Unter den Gästen ist auch Johannes Baron von Bodman, dessen Familie das Haus mehrere Jahrhunderte lang gehört hat.
Unter den Gästen ist auch Johannes Baron von Bodman, dessen Familie das Haus mehrere Jahrhunderte lang gehört hat. | Bild: Löffler, Ramona

Bis die alte Vogtei ganz fertig ist, wird es noch lange dauern. Die ersten Fenster sind drin, weiter kommen noch. Bald gehe es mit der Elektrik los, sagte Matthias Kreibich. Wer an der Seestraße vorbeiläuft, kann mitverfolgen, welche Fortschritte die Arbeiten machen.