Es kommt nur selten vor, dass sich im Vorfeld einer Sitzung des Owinger Gemeinderats Bürgerinnen oder Bürger zu Wort melden, um ein Anliegen vorzubringen. Umso energischer traten jetzt sechs Anwohnerinnen des Schlosses in Billafingen auf und äußerten Ärger über den Lärm, unter dem sie aufgrund der Vermietungen und Veranstaltungen litten, wie sie sagen.

Der Konflikt ist mittlerweile zwar bei Baurechtsamt und Polizei aktenkundig geworden. Geändert habe sich allerdings nichts, beklagten sich die Frauen, deren Namen der Redaktion bekannt sind. Gemeinsam forderten sie unter anderem die Ablehnung eines Antrags des Eigentümers auf Nutzungsänderung in einen gewerblichen Betrieb und ein massiveres Eingreifen der Behörden.

Verkauf an einen Architekten vor vier Jahren

Was war geschehen? In der Tat beherbergt das Dörflein ein denkmalgeschütztes Gebäude, das als „Schloss“ bezeichnet wird und direkt an der Hauptstraße gelegen ist. Auf einschlägigen Seiten des Internets taucht es als „Schloss Billafingen“ auf, teilweise auch als „Schloss Schreckenstein“. Für Aufregung sorgt die Nutzung nicht nur bei den unmittelbaren Nachbarn, sondern mittlerweile im ganzen Dorf.

Im Jahr 2021 hatten die Erben des Adelsgeschlechts das Ensemble an einen Architekten aus der Region veräußert. Der habe das Anwesen relativ schnell als Event-Location für diverse Nutzungen vermietet, die von den Nachbarn oft als Belästigung empfunden und deren Zulässigkeit an dieser Stelle von Gemeinde und Behörden auch bestritten wurde.

Das Schloss wurde 1795 von der Patrizierfamilie Roth von Schreckenstein erstellt und steht unter Denkmalschutz. 2021 haben es die ...
Das Schloss wurde 1795 von der Patrizierfamilie Roth von Schreckenstein erstellt und steht unter Denkmalschutz. 2021 haben es die Erbinnen an einen Architekten aus der Region verkauft, der es als Event-Location und Ferienunterkunft vermietet. | Bild: Hanspeter Walter

Ein aktueller Bauantrag zur Nutzungsänderung des Untergeschosses für kulturell-gewerbliche Veranstaltungen und die Einrichtung von Ferienwohnungen brachte die Stimmung nun zum Kochen. Der Gemeinderat wies den Bauantrag einstimmig zurück, der von der Baurechtsbehörde im Grunde als „genehmigungsfähig“ bezeichnet worden war, wie es in der Sitzungsvorlage hieß. Allerdings wäre dazu eine Befreiung von der vorgeschriebenen Barrierefreiheit und von Brandschutzauflagen nötig, da diese nicht mit dem Denkmalschutz in Einklang zu bringen seien.

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Nutzung als Gästehaus mit zwölf Betten untersagt

Erschwerend kommt aus Sicht von Anwohnern und Gemeinde hinzu, dass der Eigentümer sich nicht an behördliche Auflagen gehalten habe. „Denn das Baurechtsamt der Stadt Überlingen hat mit Bescheid vom 23. September 2021 ebendiese Nutzung mit insgesamt 12 Betten untersagt“, erklärt Ortsbaumeister Bernhard Widenhorn in der Sitzungsvorlage. „Nachdem dieses Schreiben vom Betreiber ignoriert worden ist, erließ das Baurechtsamt am 1. August noch eine Zwangsgeldfestsetzung.“ Trotzdem sei das Gebäude über gängige Internetportale weiterhin mit einer erhöhten Bettenzahl zur Vermietung angeboten worden. Dies habe immer wieder zu Beschwerden aus der Bevölkerung geführt.

Auf der Fassade ist das Wappen der Patrizierfamilie Roth von Schreckenstein zu erkennen.
Auf der Fassade ist das Wappen der Patrizierfamilie Roth von Schreckenstein zu erkennen. | Bild: Hanspeter Walter

Da bereits jetzt erkennbar sei, dass es sich bei der Nutzung, etwa für Junggesellenabschiede oder andere private Veranstaltungen, keineswegs um einen „nicht störenden Gewerbetrieb“ handle, sondern um eine „Event-/Partylocation“, sei der in einem allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig, argumentierte die Verwaltung. Da die Eigenart des Wohngebiets bereits jetzt „stark beeinträchtigt“ sei, könne auch einer Ausnahmeregelung nicht zugestimmt werden. Deshalb versage die Gemeinde ihr Einvernehmen und wünschte sich eine Ablehnung des Antrags durch die Baurechtsbehörde. Diesem Vorschlag folgte der Gemeinderat einstimmig.

Eigentümer formuliert komplett andere Sicht

Der Eigentümer des Schlosses, Norbert Staniszewski aus Pfullendorf, beurteilt die Situation ganz anders. Es sei bedauerlich, teilt er mit, dass Ortsvorsteher Veit seit Jahren gegen ihn opponiere und Bürgermeister Wengert kein Gespräch mit ihm führe. Dem widerspricht der Schultes. In der Anfangsphase habe es sehr wohl einen mündlichen Austausch gegeben. Der letzte lange Brief habe ihn allerdings erst im Juni unmittelbar vor seinem Urlaub erreicht. Und die Bitte um ein Gespräch habe er der Mitteilung nicht entnehmen können.

Das Einhorn aus dem Wappen hat sich ganz Billafingen angeeignet.
Das Einhorn aus dem Wappen hat sich ganz Billafingen angeeignet. | Bild: Hanspeter Walter

Bereits im Vorfeld eines früheren Bauantrags hatte der Betreiber den Bürgermeister, den ganzen Gemeinderat und den Ortschaftsrat im Januar 2022 zu einer Besichtigung mit Verköstigung eingeladen. Was Henrik Wengert mit Blick auf die bevorstehenden Beratungen abgelehnt hatte. Damit durch eine „Besichtigung samt Verpflegung kein falscher Zungenschlag“ in der Öffentlichkeit aufkomme. Das sei sicher nachzuvollziehen. Gerne könne der Betreiber sein Konzept in nichtöffentlicher Sitzung einmal vorstellen, schrieb Wengert.

Inzwischen habe die Gemeinde mehreren Bauanträgen ihr Einvernehmen versagt. Zu Unrecht, ist der Eigentümer überzeugt und fühlt sich geradezu „denunziert“. Zumal das Überlinger Baurechtsamt, das für die Genehmigung zuständig ist, in Teilen grünes Licht gegeben hatte. Die Nutzungsänderung aller vorhandenen drei Etagen in Ferienunterkünfte hatte die Behörde allerdings aus Brandschutzgründen versagt. Seitdem laufen auch juristische Auseinandersetzungen mit der Behörde, die längst noch nicht abgeschlossen seien, betont der Eigentümer, der Einspruch gegen die Untersagung eingelegt hatte. „Das ist noch nicht abschließend geklärt“, sagt er und erkennt einen rechtlich schwebenden Zustand.