Hegau Dieser Tage ist es besonders heiß auf dem Asphalt der Autobahn-Raststätte Hegau. Das erfahren nicht nur die Fernfahrer, die hier einen Stopp einlegen müssen, sondern auch die Aktiven der Aktion Lenkpause, wie es in einer Pressemitteilung der Erzdiözese Freiburg heißt. „Es gibt Berufe, die echt hart sind – der des Berufskraftfahrers gehört mit Sicherheit dazu“, wird Heike Gotzmann von der Betriebsseelsorge der Erzdiözese zitiert. Regelmäßig veranstaltet sie mit dem Netzwerk Kirche und Arbeitswelt die Aktion Lenkpause an der Autobahn 81. Jetzt war es wieder soweit.
Im Netzwerk Kirche und Arbeitswelt engagieren sich Mitarbeitende aus Singener Betrieben. Mehrfach im Jahr sind sie an der Autobahnraststätte Hegau im Einsatz, um mit den Fernfahrern ins Gespräch zu kommen. „Wir können da zwar keine Abhilfe schaffen, aber mit den Aktionen wird den Menschen hinter dem Lenkrad Wertschätzung, Anerkennung und Solidarität entgegengebracht“, so Gotzmann in der Pressemitteilung zum jüngsten Aktionstag.
Die Probleme der Fernfahrer sind hinreichend bekannt: Unzureichende Infrastruktur aufgrund einer zu geringen Zahl an Parkplätzen an den Autobahnen, Bundesstraßen und in Industriegebieten samt fehlendem Zugang zu bezahlbaren sanitären Einrichtungen ist nur ein negativer Aspekt des Berufes. „Zudem wird die körperlich anstrengende Arbeit kaum wertgeschätzt“, so Gotzmanns Erfahrungen. Fahren die Fahrer nach dem Be- oder Entladen in einem Unternehmen weg von der Rampe, könne kaum ein Mitarbeitender des Betriebes eine halbwegs zutreffende Personenbeschreibung abgeben. „Ich bin nur Mittel zum Zweck oder werde auf der Autobahn angehupt und als Störfaktor gesehen“, berichtet Michaijlo, ein Fahrer aus Mazedonien.
Neben der körperlichen Dimension gebe es die psychische Komponente: Die Fahrer sind auf sich allein gestellt, parken heute hier und morgen dort, immer rechtzeitig auf der Suche nach einer freien Parktasche, und haben kaum Möglichkeiten, soziale Kontakte zu pflegen. Die Familie, die sie über Handy kontaktieren, ist meist hunderte Kilometer entfernt. Die Ehepartner und Kinder müssen mit abwesenden Partnern und Elternteilen irgendwie klarkommen. Das sei nicht einfach. Ivo aus Belarus berichtet, dass er schon seit fünf Monaten unterwegs ist und bestenfalls wieder in vier Wochen zu Hause sein kann: „Ich vermisse meine Frau Alena und meine zwei kleinen Kinder, die vierjährige Kira und ihre zweijährige Schwester Jelena.“
Immer wieder treffe das Aktionsteam auf Fahrer, die tränenreich von auseinandergebrochenen Beziehungen erzählen. „Das ist jedes Mal sehr berührend“, berichtet Heike Gotzmann. Sie organisiert seit sieben Jahren die Lenkpausen im Hegau – Ende Juni fand wieder eine derartige Aktion statt. „Das Wichtigste sind die Begegnung und das Gespräch. Dolmetscherinnen helfen uns, die Sprachbarrieren zu überwinden“, so Gotzmann. Bei Pizza und kühlen Getränken seien gute Gespräche mit den Fernfahrern und Fernfahrerinnen zustande gekommen. Über einen Schlagstock konnten auch Christophorus-Münzen geprägt werden. Der Märtyrer gilt als Schutzheiliger für Reisende. Mit von der Partie waren beim jüngsten Einsatz ein geschnitzter König und eine lebensgroße Figur des Königs, die als Symbol für die unveräußerliche Würde eines jeden Menschen stehen.
Abgerundet wurde der sehr gelungene Nachmittag durch die Band Message aus Burladingen, wie es in der Pressemitteilung der Erzdiözese weiter heißt. Mitgebracht wurde sie von Pfarrer und Fernfahrerseelsorger Klaus Käfer, der im Oktober neu in die Pfarrei nach Singen wechseln wird und ebenfalls bei der Lenkpause ein Mit-Initiator der ersten Stunde ist. „Die Fahrer fanden es klasse und sangen, tanzten und klatschten mit“, so Gotzmann. Besonders erfreut seien die Fahrer bei den extrem heißen Temperaturen über die Duschgutscheine gewesen, die das Netzwerk kostenlos verteilt hat. „Diese konnten wir über Spendengelder für die Lenkpause finanzieren.“ (pm/sf)
Spendenkonto für das Projekt: Verrechnungsstelle für Kirchengemeinden Singen, Iban DE80 6925 0035 0004 4923 02 bei der Sparkasse Hegau-Bodensee, Vermerk: W71 – Spende Lenkpause. Mehr Infos im Netz unter www.lenkpause.de.