„Große Erdbeerlust“, „Aromatische Früchte“ oder „Optimale Witterung“ – so beschreibt der Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer die diesjährige Erdbeersaison in Süddeutschland. Nach dem Dauerregen im vergangenen Jahr, der vielen Bauern den Saisonstart vermieste, scheint die Lage diesmal deutlich besser zu sein. Trotzdem blicken Landwirte in der Region mit Sorge in die Zukunft, wie ein Besuch in Mühlhausen-Ehingen, Tengen und Eigeltingen zeigt. Denn das Klima verändert sich und der Mindestlohn könnte die beliebten Früchte teurer machen.

Auch Erdbeeren mögen keine Hitze

So ist beispielsweise Wolfgang Hertell vom Bruderhof in Eigeltingen insgesamt recht zufrieden mit der diesjährigen Saison. Besonders das Selbstpflücken auf seinen Feldern sei sehr gut gelaufen. „Die Qualität der Beeren war auch gut“, so der Landwirt, bei dem es auf dem Hof Anfang Juli noch ein paar frische Erdbeeren gibt. „Besonders zum Anfang der Saison waren die sehr schmackhaft.“ Das Wetter sei im Vergleich zum Vorjahr besser für den Anbau und die Ernte gewesen. „Am Anfang der Saison im letzten Jahr war es zu nass“, erklärt Hertell.

„Die Qualität der Beeren war auch gut“ – Wolfgang Hertell vom Bruderhof in Eigeltingen (Archivbild von 2022)
„Die Qualität der Beeren war auch gut“ – Wolfgang Hertell vom Bruderhof in Eigeltingen (Archivbild von 2022) | Bild: Kipping, Julia

Doch auch in diesem Jahr habe das Wetter nicht immer mitgespielt. „Der Regen zwischendurch war nicht ideal“, so Hertell. Auch die zwischenzeitlich sehr hohen Temperaturen hätten den Erdbeeren zugesetzt. „Diese Hitzetage sind nie gut“, sagt er. Denn die Hitze stresse die Früchte und könne den Geschmack beeinträchtigen. „Manche Sorten vertragen das, aber andere werden dann beispielsweise sauer.“

Ein Hof musste seine Erdbeeren aufgeben

Zu große Hitze und Trockenheit haben den Biolandbetrieb Haslacherhof in Tengen besonders stark getroffen: Bereits im vergangenen Jahr musste der Hof seinen Erdbeeranbau einstellen, wie Miteigentümerin Rita Finsler erzählt. Da sich ihr Hof in erhöhter Lage befindet, treffe sie die immer wieder auftretende Trockenheit stärker als Höfe, die näher am Wasser sind.

(Archivbild 2022) Albrecht und Rita Finsler mit Hofhündin Nora auf dem Haslacherhof bei Tengen. Das Ehepaar betreibt den Bauernhof in ...
(Archivbild 2022) Albrecht und Rita Finsler mit Hofhündin Nora auf dem Haslacherhof bei Tengen. Das Ehepaar betreibt den Bauernhof in dritter Generation. Der Biohof ist besonders auf den Verkauf von Eiern spezialisiert. | Bild: Uli Zeller

„Die Ernten der letzten Jahre waren oft schwierig wegen der Klima- und Wetterextreme. Mal Trockenheit und Hitze, dann wieder Nässe.“ Gleichzeitig werde es auch immer schwieriger, geeignete Arbeitskräfte zu finden.

Die Saison geht unterschiedlich lang

Auf dem Bruderhof von Wolfgang Hertell ist die diesjährige Saison schon fast vorbei. „Wir sind dieses Jahr auch etwas früher gestartet als sonst“, sagt Hertell. So gab es ab dem 13. Mai gepflückte Erdbeeren auf dem Hof zu kaufen, das Selbstpflücken war auf dem frühesten Feld laut Hertell ab dem 20. Mai möglich. Inzwischen gebe es auf dem Hof zwar noch ein paar frische Erdbeeren zu kaufen, die Selbstpflückfelder seien allerdings bereits geschlossen.

Das könnte Sie auch interessieren

Bei Martin Schneble geht die Saison hingegen noch bis Ende August. Anders als bei Hertell, dessen Erdbeeren konventionell auf dem Feld wachsen, baut Familie Schneble ihre Erdbeeren seit diesem Jahr komplett im geschützten Anbau in Folientunneln in Mühlhausen-Ehingen an. Durch einen zeitversetzten Anbau der Erdbeerpflanzen kann der Landwirt von Mai bis Ende August die roten Beeren anbieten.

Familie Schneble baut in Ehingen neben Erdbeeren auch Himbeeren in Folientunneln an.
Familie Schneble baut in Ehingen neben Erdbeeren auch Himbeeren in Folientunneln an. | Bild: Sabrina Morenz

Auch Schneble zieht bisher eine positive Bilanz: „Das Erdbeerjahr war bis heute ok.“ Seine drei Verkaufsstände in Engen, Hilzingen und Rielasingen würden gut laufen. Das Wetter war auch laut Schneble deutlich besser als im Vorjahr.

Mindestlohn macht Sorgen

Trotz der positiven Bilanz blicken beide Landwirte mit gemischten Gefühlen in die Zukunft. „Wir machen uns richtig Sorgen“, sagt Schneble. Grund ist der steigende Mindestlohn. Noch bis vor Kurzem war im Gespräch, dass der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland von derzeit 12,82 Euro im kommenden Jahr auf 15 Euro steigen könnte.

Wie Schneble vorrechnet, hätte das bei 25 Mitarbeitern mit täglich zehn Arbeitsstunden für ihn Mehrkosten von rund 500 Euro pro Tag bedeutet. Am 27. Juli hat die Mindestlohnkomission eine langsamere Erhöhung in zwei Etappen beschlossen: 2026 auf 13,90 Euro und bis 2027 auf 14,60 Euro. „Dadurch läuft nicht schon das nächste Jahr aus dem Ruder“, sagt Hertell.

Das könnte Sie auch interessieren

Dennoch: Wenn die Lohnkosten für die Saisonkräfte weiter steigen, stelle das die Branche vor Schwierigkeiten. Denn dann müssen auch die Preise für die Erdbeeren erhöht werden. Ende Juni lag der durchschnittliche Verbraucherpreis für ein Kilo deutscher Erdbeeren aus konventioneller Erzeugung laut der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) bei 6,20 Euro. 2023 habe der Preis um die gleiche Zeit noch bei rund 5 Euro gelegen.

„Bis jetzt hat unsere Kundschaft das mitgetragen“, sagt Schneble. Auch in diesem Jahr musste er seine Preise leicht erhöhen: Um rund 20 Cent bei der 500-Gramm-Schale auf 4,60 Euro. „Wir hoffen, dass es weiter geht.“ Aber er frage sich schon: „Wo ist die Grenze?“

Auch Hertell musste die Preise in dieser Saison leicht anheben. Er sieht durch den steigenden Mindestlohn die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung. So liegt der Mindestlohn in Mitbewerberländern wie Spanien 2025 beispielsweise bei 8,37 Euro. „Die Kunden wollen eigentlich deutsche Produkte kaufen, aber die Preise steigen zu sehr“, sagt Hertell. „Wir werden vermutlich zunehmend mitanschauen müssen, wie mehr Obst und Gemüse aus dem Ausland kommt.“

Ausnahme für Saisonarbeitskräfte?

Beide betonen, dass sie den Mindestlohn in vielen Bereichen wichtig finden. Die geplante Erhöhung soll eine erhebliche finanzielle Verbesserung für die Beschäftigten im Niedriglohnsektor bewirken, wie die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis auf der Internetseite von Verdi erklärt.

Bei Saisonarbeitskräften müsste aber auch bedacht werden, so Schneble, dass viele als kurzfristig Beschäftigte sozialversicherungsfrei arbeiten und keine Sozialabgaben auf ihren Bruttolohn zahlen müssen. „Die Leute verdienen richtig Geld im Monat“, sagt Schneble.

Viel Arbeit für hohe Qualität

Der Landwirt sei überrascht, dass die Kunden die Preissteigerungen bisher so gut mittragen. Schneble glaubt, dass die Verbraucher bereit sind, für regionale Erdbeeren mehr zu bezahlen, sofern die Qualität stimmt. Deswegen müsse die auch weiterhin hoch bleiben. „Es strengt sich jeder in der Branche für gute Qualität an“, ist Schneble sich sicher.

Er macht deutlich, wie viel Arbeit dahinter steckt: Er und seine Frau arbeiten in der Saison von Mai bis August sieben Tage die Woche von etwa 6 bis 21 oder 22 Uhr. „Nur am Sonntag arbeiten wir kürzer, so bis 17 Uhr“, sagt Schneble. Aber er betont: „Es macht uns auch Spaß, wir wollten das auch so.“