Ein bisschen Zähneknirschen war schon dabei, als der Gemeinderat die Bebauung des Krone-Areals als Anschlussunterbringung für Geflüchtete beschloss. Deutlicher Konsens herrschte darüber, dass es Wohnraum für Geflüchtete, insbesondere aus der Ukraine, braucht. Deutlich spürbar war auch der Druck, unter dem die Stadt Engen aktuell steht. Nur ursprünglich war das Krone-Areal für den ebenfalls dringend benötigten sozialen Wohnungsbau vorgesehen. Ein Dilemma dessen sich Verwaltung und Räte bewusst sind, wie nicht nur in der Sitzung, sondern auch auf gezielte Nachfrage bei den Fraktionen deutlich wurde.

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Das Krone-Areal ist bereits seit sechs Jahren in städtischem Besitz, das ehemalige Gasthaus Krone seit längster Zeit abgerissen. Dass hier bisher noch nicht gebaut wurde, liegt daran, dass es keinen Investor gab, der Sozialwohnungen in das Projekt einplanen wollte. Dann fand sich doch noch ein Investor, der sich allerdings im Laufe des letzten Jahres wieder aus dem Projekt zurückzog, so Hauptamtsleiter Jochen Hock. Daraufhin habe die Stadt den sozialen Wohnungsbau in Anselfingen in Eigenregie geplant. Doch auch dieser Plan sollte nicht aufgehen, wie Jochen Hock erläutert.

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Mit der Überzeichnung des KFW-Förderprogramms wurde klar, dass es keine derartige Förderung für das Projekt geben werde und gleichzeitig habe die Flüchtlingsthematik Fahrt aufgenommen, so Hock. Aktuell gibt es nun aber ein Förderprogramm des Landes, um Wohnraum für Geflüchtete zu schaffen. 900 Euro pro Quadratmeter könnte die Stadt Engen für den Bau auf dem Krone-Areal bekommen. Das entspricht etwa 25 Prozent der Baukosten für das geplante Projekt, wie aus dem Beschlussvorschlag hervorgeht. Allerdings ist die Förderung an eine Zweckbindung der Wohnungen für die Flüchtlingsunterbringung auf zehn Jahre gekoppelt. Zusätzlich muss das Gebäude 20 Jahre in städtischem Eigentum bleiben.

Das Krone-Areal im Ortsteil Anselfingen ist schon seit einigen Jahren Eigentum der Stadt.
Das Krone-Areal im Ortsteil Anselfingen ist schon seit einigen Jahren Eigentum der Stadt. | Bild: Kerle, Helene

Wohnungen zur Anschlussunterbringung von Geflüchteten werden von den Kommunen, die für eben diese zuständig sind, dringend benötigt. So auch in Engen. „Die Möglichkeit der Unterbringung in privatem Wohnraum scheint nahezu ausgeschöpft zu sein“, heißt es in der Sitzungsvorlage. Stadtbaumeister Matthias Distler hat auf dem Krone-Areal drei Wohnhäuser mit insgesamt 30 Wohnungen und einer teilüberdeckten Tiefgarage mit 30 Stellplätzen geplant.

Bau kostet voraussichtlich 4,4 Millionen Euro

Aktuell geht der Stadtbaumeister von Gesamtkosten von 4,4 Millionen Euro für das Bauprojekt aus. Wie auf Nachfrage von CDU-Rat Christian Arnold deutlich wurde, sollen die Häuser gebaut werden, wie sie ursprünglich auch für den sozialen Wohnungsbau geplant waren. Denn die Hoffnung der Stadtverwaltung und auch des Gemeinderats ist, dass sich die Flüchtlingssituation innerhalb der vorgegebenen zehn Jahre beruhigt und die Gebäude unter Umständen doch schon früher auch anderweitig vermietet werden können.

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Die Räte stimmten einstimmig zu, dass das Stadtbauamt den Förderantrag stellt sowie dass das Projekt Krone-Areal vorrangig zu bearbeiten ist und andere Projekte hinten angestellt werden sollen. Das Projekt bindet die Verwaltung nicht nur während des Baus, sondern auch künftig durch Verwaltung, Pflege und Abrechnungen. Hierfür, so die Vorlage, brauche es mehr Stellen in der Bauverwaltung und bei der Stadtkasse.

SPD: Sozialer Wohnungsbau darf nicht gestrichen werden

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, welche Bedenken die Räte dennoch mit dem Krone-Areal-Projekt verbinden. So äußerte Armin Höfler (UWV) die Befürchtung, dass das Bauamt handlungsunfähig für andere Projekte werde. Während Tim Strobel (SPD) der Planung ebenfalls zustimmte, aber gleichzeitig vor einem möglichen Kippen des sozialen Klimas in der Stadt warnte. Auf Nachfrage verdeutlichte er: „Es ist daher das Gebot der Stunde, dass wir als politisch Verantwortliche Brücken bauen und klar machen, dass der soziale Wohnungsbau in Engen nicht aufgrund der angespannten Lage ersatzlos gestrichen wird.“

Die Stadt müsse mit den Realitäten umgehen und das Thema sozialen Wohnungsbau dennoch vorantreiben. Zum Beispiel bei der Bebauung des neuen Wohngebiets Schwarzwaldstraße oder in Form mietpreispolitischer Instrumente. „Flüchtlingspolitik ist auch Sozialpolitik“, gab CDU-Sprecher Jürgen Waldschütz in der Sitzung zu verstehen. Spätestens nach zehn Jahren stünde der geförderte Wohnungsbau komplett dem Engener Wohnungsmarkt zur Verfügung.

UWV fordert Verstärkung des Engener Bauamtes

UWV-Sprecher Gerhard Steiner vermittelte auf Nachfrage, dass insbesondere die geänderte Zielsetzung beim Krone-Areal in seiner Fraktion zu Diskussionen geführt habe. Allerdings sei die Information, dass die Nutzung auch vor Ablauf der zehn Jahre geändert werden könnte, wenn der Bedarf für Geflüchtete das zuließe, für die UWV sehr wichtig gewesen. Die Pflicht zur Unterbringung Geflüchteter stehe außer Frage. Gleichzeitig sei es seiner Fraktion wichtig, zu den Aussagen gegenüber zu stehen. „Daher stehen wir in der aktuellen Situation zu einer personellen Verstärkung des Bauamts sind auch bei einzelnen, geeigneten Projekten offen für eine Fremdvergabe“, so Gerhard Steiner.

Dass die Flüchtlingskrise ebenso wie die Energiekrise nicht spurlos an der Stadt vorbeigehen werden, machte Bürgermeister in der Gemeinderatssitzung mehr als deutlich: „Es ist eine Zeitenwende. Die Welt hat sich für uns gedreht. Die Belastungen werden zunehmen.“