Herr Harsch, was war das Erste, was Sie nach Ihrer Amtseinführung als Bürgermeister im Dezember gemacht haben?
Ich habe versucht, die ganzen städtischen Einrichtungen zu besuchen und alle Mitarbeiter kennenzulernen. Ich wollte mich allen vorstellen und „Grüß Gott“ sagen. Die Mitarbeiter der Stadtverwaltung sind alle top. Sie denken alle mit und sind kreativ. Dass das alles funktioniert, ist nicht ohne.
Gerade haben Sie den Neubürgertreff geleitet und waren auch selbst als Neubürger dabei. Wie lebt es sich denn in Engen?
Ich bin sofort in die Arbeit reingekommen. Ich hatte keine Zeit, um großartig über meine Situation als Neubürger nachzudenken. Ich arbeite von morgens bis abends, wie es sich gehört. Die Arbeit steht im Fokus. Ich lerne immer noch jeden Tag neue Leute kennen und versuche, alles zu machen, was geht. Wenn ich mal bei einem Termin nicht bin, dann hat es einen Grund. Dann bin ich schon auf einem anderen. Das werde ich auch versuchen, so beizubehalten. Es ist gut, die Ideen von Leuten zu hören, und eine gute Gelegenheit mitzubekommen, was die Menschen so denken.
Schon im Wahlkampf haben Sie angekündigt, die städtischen Einnahmen erhöhen zu wollen und die Ausgaben zu senken. Das war auch der Tenor der gerade abgeschlossenen Haushaltsberatungen. Wie wollen sie das konkret machen?
Es ist völlig klar, dass wir die Gebührenkalkulation überarbeiten müssen. Das kann aber in beide Richtungen gehen. Also sowohl Erhöhungen als auch Senkungen sind möglich. Die Gewerbesteuer wird erst einmal nicht erhöht. Für 2025 müssen wir das aber noch einmal in Augenschein nehmen. Gerade ist auch eine größere Geldeinnahme aus der Breitbandförderung gekommen. Gleichzeitig haben wir aber auch viele Projekte in der Pipeline. Es gibt viel an Investitionspotential, was abgearbeitet werden muss.
Was steht als Nächstes an?
Zum Beispiel müssen wir die Planung für die Altstadt- und die Innenstadtsanierung in diesem Jahr abschließen. Das ist wichtig. Ich möchte dabei Fachleute miteinbinden, aber auch die Bürger. Sobald wir planerisch einen Durchbruch haben, machen wir eine Bürgerbeteiligung für dieses Projekt. Es wird auf jeden Fall nichts gemacht, wovon die Leute nichts wissen. Bisher habe ich mich umgeschaut, um die Dinge hier verstehen zu können. Das Schauen habe ich zu Ostern abgeschlossen. Alle Big Points habe ich gesehen und erfasst. Nach Ostern wird die Sache konkret angegangen. Die meisten Dinge, die ich gesehen habe, haben mir ja gefallen. Die anderen werde ich angehen.
Sie wollen die Engener Altstadt unter anderem durch mehr Gastronomie beleben, haben Sie im Wahlkampf gesagt. Gibt es da schon konkrete Pläne?
In der Summe hat Engen durchaus viel Gastronomie im Angebot, aber schön verstreut. Insgesamt ist das Angebot also besser, als es vermittelt wird. Da kann aber schon auch nochmal was dazukommen. Gerade entsteht übrigens eine neue Gastronomie in der Altstadt. Ein weiteres Restaurant und auch ein weiteres Café wären denkbar. Aber viele Eigentümer in der Innenstadt wollen ihre Räume auch nicht vermieten.
Wie steht es um die Sanierung des Kornhauses? In Ihrer Haushaltsrede sprachen Sie von der Möglichkeit, die Stadtbibliothek in dem historischen Gebäude anzusiedeln.
Die Idee von der Bibliothek im Kornhaus gibt es schon länger. Diese Idee wird jetzt neu aufgearbeitet. Man muss dieses Haus ganzheitlich betrachten. Und sich überlegen, was man überhaupt daraus machen kann. Wenn Sie mich fragen, bleibt eigentlich nur die Bücherei übrig. Dafür kann man die großen Räume ideal nutzen. Ich möchte einen Freundeskreis rund um das Kornhaus bilden und dann werden die Ideen aufgearbeitet. Ich möchte gemeinsam mit einem befreundeten Architekten und Stadtbaumeister Distler eine Ausprägung vom Kornhaus entwickeln und dann Mitstreiter finden.
Es gibt Leute, die sagen, das sei viel zu teuer. Aber Bildung ist wichtig. Heute können viele Kinder nicht mehr richtig lesen. In Zeiten wie diesen muss man das Kornhaus besonders als Chance begreifen. Das sollten wir wirklich nutzen und jetzt bekommen wir gar 50 Prozent Förderung dafür. Es wäre doch genial, wenn das Kornhaus ein Leuchtturm-Projekt würde.
In Anselfingen nehmen gerade drei Häuser zur Unterbringung von Geflüchteten Gestalt an. Wie lange wird der Platz dort ausreichen? Und wird es einen weiteren Bürgerdialog in Anselfingen geben?
Es wird eine Informationsveranstaltung geben, bevor der Einzug ins Gebäude ansteht. Vielleicht können wir einen Freundeskreis für ein gutes Miteinander bilden. Ich gehe aber auch davon aus, dass wir gleich weiterplanen müssen. Im Moment ist angedacht, dass wir im Gewerbegebiet eher Container aufstellen werden. Wir müssen was machen, wir erfüllen derzeit die Quote der Anschlussunterbringung nicht.
Welches Thema fordert Sie gerade am meisten?
Es sind viele gleich gelagerte Sachen. Was ist wichtiger? Das Kornhaus, die Kinderbetreuung, die Baulandentwicklung, die Altstadtsanierung oder der Breitbandausbau? Die Dinge sind fast gleichrangig wichtig. Bei der Stadtsanierung müssen wir aber jetzt in die Pötte kommen.
Gerade gibt es mehrere große Wohnbauprojekte in der Stadt. Am Ballenberg findet ein Generationswechsel statt und laut Bauausschuss soll bald am Hugenberg weitergebaut werden. Gleichzeitig gibt es zu wenig Plätze in der Kinderbetreuung. Kann die Infrastruktur noch mit dem Wachstum mithalten?
Die Erweiterung des Kindergartens im Glockenziel muss sein. Das Baugebiet in der Schwarzwaldstraße ist wegen der Streuobstbäume, glaube ich, zumindest schwieriger umzusetzen. Ich bin kein Freund davon, mit aller Gewalt zu wachsen, ohne die gesamte Infrastruktur im Blick zu behalten. Man muss ja auch noch mitkommen. Meine tiefste Überzeugung ist: Wir müssen in Welschingen einen neuen Kindergarten bauen. Sobald das Glockenziel durch ist, kommt Welschingen und dann auch die Kindergärten in Engen.
Bleiben wir beim Thema Kinderbetreuung. Kitas kann man bauen, aber wie will die Stadt für pädagogisches Fachpersonal attraktiver werden?
Dafür will ich mit den Einrichtungsleiterinnen zusammensitzen. Wir müssen und werden gemeinsam eine positive Grundstimmung schaffen. Ein Kindergartenbeauftragter, geeignete Räumlichkeiten und Weiterbildungsmöglichkeiten sind dabei weitere Faktoren. Aber klar ist, gutes Personal zu finden ist die größte Herausforderung.