Der Landesgesetzgeber hat sich vorgenommen, 1,8 Prozent seiner Staatsfläche für die Erzeugung von Windenergie auszuweisen. Deren landesweite Ausweisung erfolgt über die Regionalverbände des Landes. Auf der Gemarkung Gaienhofen identifizierte nun der Regionalverband Hochrhein-Bodensee das Rammental als geeignete Fläche für die Windkraft. Es befindet sich nördlich der Teilortschaft Hemmenhofen und befindet sich weitgehend im Besitz der Gemeinde.

In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats berieten die Mitglieder über die Stellungnahme der Verwaltung zur sogenannten Teilfortschreibung des Vorranggebietes. Nach Einschätzung von Bürgermeister Jürgen Maas dient das Verfahren auch zur Begrenzung der Flächen für die Windkraftnutzung. Jedes Grundstück könnte sonst grundsätzlich zur Privilegierung für die Errichtung von Windkraftanlagen herangezogen werden, schätzte Maas die Situation ein. Es gehe also nicht darum, ob Windenergie auf die Höri komme, sondern um einen Beitrag der Gemeinde, das Ziel der Begrenzung zu erreichen.

Ohne ausgewiesene Grundstücke könnte jedes infrage kommen

Bürgermeister Maas befindet sich in einem Spagat: Würde das landesweite Ziel nicht erreicht werden, so könnte auf jeder Parzelle die Verhandlungen über den Bau von Windkraftanlagen losgetreten werden, sagte Jürgen Maas. Während den Vorverhandlungen sei es aber gelungen, Vorrangflächen auf Gebiete zu beschränken, die sich im Eigentum der Gemeinde Gaienhofen befinden würden.

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Das hieße, dass der Gemeinderat nun keine Entscheidung für oder gegen eine Windkraftanlage treffen müsse, sondern erst dann, wenn sich ein Betreiber oder Investor für den Bau einer Windkraftanlage auf diesem Areal entscheiden würde. Aus Sicht der Verwaltung sei dies eine gute Ausgangsposition. Denn damit habe die Gemeinde dann Einfluss auf das Verfahren. Ohne die Ausweisung könnte jeder eine Anlage errichten.

Gebiet mit vielen Einschränkungen

Doch bereits während der Durchsicht der Unterlagen zur Teilfortschreibung vom Regionalverband entdeckte Jürgen Maas viele einschränkende Hinweise für das Vorranggebiet Rammental. Zwar wolle Gaienhofen seinen Beitrag zur Teilfortschreibung leisten, sagte Maas. Doch nach dem Stand der Planung gebe es Bedenken für die ausgewiesene Fläche. Jürgen Maas bezog sich hier auf den vorgelegten Umweltbericht, der die Fläche als konfliktbehaftet bewertet und dass auf dem Vorranggebiet negative Umweltauswirkungen zu erwarten seien.

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Gemeinderätin Mechthild Biechele (FW) sieht die Gefahr, dass mit oder ohne eine Ausweisung das Landratsamt eine Windkraftanlage über die Köpfe des Gemeinderats hinweg zulassen und eine Genehmigung durchsetzen könnte. Für Heinz Burkart (UBL) bedeutet die Ausweisung des Vorranggebiets eine Beschränkung von Investorentätigkeit auf eine bestimmte Fläche. Doch wolle er grundsätzlich darüber sprechen, ob durch die Pläne nicht die Landschaft auf der Höri zerstört werde. Für ihn sei der Prozess beängstigend.

Gemeinderat befürchtet die Entrechtung

Karl Amann (UBL) geht davon aus, dass ohne die Ausweisung Investoren an jeder Stelle Windanlagen errichten könnten. Ohne die Zustimmung könnte jeder Investor frei handeln. Er begreift dieses Vorgehen als einen „rot-grünen Kommunismus“, bei der die Gemeinde gar keine Rechte mehr habe. Für diesen Einwand erhielt Amann sowohl Beifall als auch Buh-Rufe aus dem Publikum. Amanns Kritik an dem Verfahren zielte darauf ab, dass viele Bürger das Paradies Höri einer Zerstörung ausgesetzt sehen und auch Einspruch erheben würden. Doch es bleibe der Gemeinde keine andere Wahl als die Zustimmung – sonst hätte sie gar keine Rechte mehr.

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Für Norbert Feurer (die Aktiven) ist es wichtig, das Landesziel zu erreichen – sonst könnten Investoren auf jeder Parzelle eine Anlage errichten. Würde dann eine Prüfung positiv ausfallen, so könnte selbst das Landratsamt einen Bau nicht verhindern. Erweise sich das Vorranggebiet als unrentabel, werde niemand eine Anlage errichten, so die Sicht von Feurer. Es sei besser, wenn die Gemeinde ihren Daumen darauf legen könne.

Windkraft als Auslaufmodell?

Hans Georg Sessler (RGL) spricht sich bei der Energieversorgung eher für eine dezentrale und kleinteilige Lösung als für Großanlagen aus. Somit könnte die Versorgung im Falle einer Störung der Anlage oder Sabotage ihrer Leitungen garantiert werden. Denn die Nord-Süd-Leitung könne nicht permanent gesichert werden. Sessler bat um die Ausweisung des Vorranggebiets und erhielt Beifall aus dem Publikum. Falls die Höri zu wenig Wind haben sollte, so bräuchte man keine Angst für den Bau einer Windanlage haben, meinte Sessler: „Man würde keinen Investor finden.“ Für Heinz Burkhart (UBL) ist Windkraft generell ein Auslaufmodell. Er verwies hier beispielsweise auf Container mit Erzeugung von Energie aus Atomkraft, die zwei Gemeinden versorgen könnten.

Bürgermeister Jürgen Maas stellte klar, dass die Landesregierung mit dem 1,8 Prozent Flächenziel die Flächen auf dem Staatsgebiet begrenzen möchte. Durch die Wortbeiträge im Rat habe er aber den Eindruck gewonnen, dass man dies auch als Zwang auffassen könnte. Werde dieses Ziel jedoch nicht erreicht, könnten überall Verfahren für eine Genehmigung anlaufen. Trotz dieser Sicht erhob aber die Verwaltung durch den vom Regionalverband vorgelegten Umweltbericht in ihrer Stellungnahme starke Bedenken für die Ausweisung des Rammentals als Vorranggebiet. Der Rat gab der Stellungnahme einstimmig sein Einvernehmen.